Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
endete. Jeder Block fügte sich exakt an den nächsten; nicht mal bei genauerem Hinsehen konnte ich Mörtelfugen erkennen. Der Boden bestand aus größeren Blöcken desselben Materials, war jedoch mit langen Perserteppichen ausgelegt, die sich wiederholende Muster in Schwarz, Rot und Rostbraun zeigten. Bei näherer Untersuchung erkannte ich, dass jeder einzelne Teppich eine Masse von verschlungenen Details aufwies. Keine zwei Exemplare waren gleich gewebt.
Jeder Teppich war mit Unmengen verschiedener Tiere, Himmelskörper und anderer seltsamer Symbole verziert – manche davon hatte ich noch nie zuvor gesehen, und ich fragte mich, ob es sich um die Buchstaben einer archaischen Sprache handelte, die nicht mehr von Menschenzungen gesprochen wurde. Die Teppiche waren wunderschön, und sie wirkten so zerbrechlich, dass es mir wie ein Sakrileg vorkam, sie zu betreten.
Zu beiden Seiten des Eingangs befanden sich große, leere Torbögen, die in kleinere Zimmer mit langen, schmalen Holztischen und dazu passenden Bänken führten, die allesamt nicht besonders bequem aussahen. Auf jedem Tisch standen drei gläserne Leselampen, die ein warmes Gelehrtenlicht verströmten. Hier und da konnte ich Leute ausmachen, die in großen, uralten Folianten lasen – manche machten sich Notizen, andere blätterten ihre Bücher nur beiläufig durch. Am jeweils gegenüberliegenden Ende der Zimmer, an denen wir vorbeikamen, sah ich imposante mittelalterliche Rüstungen stehen, die Arme straff an die Seiten gelegt. Helme verbargen die Gesichter derjenigen, die sich möglicherweise in den Rüstungen befanden.
Neben den Torbögen standen hohe, flackernde Fackeln wie Wachtposten und erfüllten die Halle mit dem Duft brennenden Zedernholzes, ein Geruch, der irgendwie anheimelnd und anregend zugleich war. An einigen der Wände, an denen wir vorbeikamen, hingen reich verzierte mittelalterliche Wandteppiche, auf denen zweidimensionale Darstellungen von Kreuzrittern und ihren heidnischen Opfern zu sehen waren.
Einige der Abbildungen waren extrem brutal – auf einem Wandteppich war sogar zu sehen, wie einem Mann die Eingeweide rausgerissen wurden –, während andere ruhigere Szenen zeigten. Ich wollte stehen bleiben und mir ein paar von denen mit Tieren drauf anschauen – Tiere, die ich nie zuvor gesehen hatte, wie dieses seltsame Geschöpf, das einen Löwenkörper, einen Adlerkopf und regenbogenfarbene Flügel hatte –, doch Jarvis packte mich am Ärmel und ließ nicht los.
»Bitte folgt mir«, sagte Suri mit angenehm trällernder Stimme. »Und bitte fasst nichts an, danke.«
»Entschuldigung«, murmelte ich, peinlich berührt, dass sie mich dabei erwischt hatte, wie ich mich auf einen der blutigeren Wandteppiche zugeschlichen hatte.
Suri hatte einen leichten Akzent, der mich vermuten ließ, dass ihre Muttersprache irgendwann einmal Arabisch gewesen war. Er verschwand jedoch hinter ihrer leicht näselnden amerikanischen Aussprache, und so war ich mir nicht sicher.
Während wir unserer Führerin durch den Mittelgang folgten, schaute ich auf, ganz benommen vom Anblick der moderneren Teile des Gebäudes, insbesondere des fein verästelten Stahlgerüstes, auf dem die Glasdecke ruhte. Es war, als schaute man aus dem Riesenskelett eines durchsichtigen Ungeheuers heraus. Ich hatte keine Ahnung, wie das überhaupt sein konnte, denn soweit ich mich erinnern konnte, befanden wir uns irgendwo mitten im Schwefelstein-Stahl-Wolkenkratzer und nicht an seiner Spitze.
Direkt über uns hätte ein weiteres Stockwerk voller Büros sein sollen, und nicht der freie Himmel. Das bedeutete, dass das wolkenlose Blau hinter dem Glas entweder eine Art Hightech-3-D-Hologramm war oder ein qualitativ wirklich hochwertiger Zaubereffekt.
Ich tippte auf Magie.
So oder so war es ein erstaunlicher Anblick, wie das fast unsichtbare Glas das weiche helle Licht in die Halle rieseln ließ, wo es sich mit dem rauchigen Fackelduft mischte und eine verhangene Atmosphäre erzeugte, in der die Totenhalle wie eine veritable Bastion tiefster Geheimnisse anmutete.
Vor uns erstreckte sich die Halle scheinbar in die Unendlichkeit, und ich hatte das Gefühl, dass all unsere Bewegungen beobachtet wurden. Ich war mir nicht sicher, wer der Übeltäter war, aber jedes Mal, wenn wir an einem der leeren Zimmer vorbeikamen, kriegte ich ein komisches Gefühl – als steckten vielleicht wirklich Ritter in diesen Rüstungen, bereit, einem die Kehle durchzuschneiden, sobald man auch nur daran
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