Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
einfach Callie«, erwiderte ich, »dann kommen wir bestens miteinander klar.«
Das Mädchen lächelte mich an und nickte. »Also Callie, aber nur, wenn du mich Suri nennst.«
»Klar, in Ordnung, wie du möchtest«, antwortete ich. Jetzt, da alles wieder normal war, wollte Suri offenbar meine neue beste Freundin sein. Yippie!
Wohl eher nicht.
»Wir haben einen Brief vom Tod persönlich, mit dem er die Totenakte eines bestimmten Individuums anfordert«, unterbrach Jarvis unseren Austausch von Freundlichkeiten und holte einen kleinen, cremefarbenen Umschlag mit dem Siegel der Jenseits GmbH hervor.
Mit den Lippen formte ich ein stummes »Danke«, doch Jarvis schüttelte den Kopf.
»Dann folge mir … Callie.« Suri ging durch die Halle in Richtung Hauptpult. »Übrigens, musst du immer noch auf Toilette?«
Ich schaute zu Bastet, die anscheinend beschlossen hatte, uns fürs Erste zu begleiten, und schüttelte dann den Kopf.
»Nee, ich glaube, die Todesangst hat meine Blase in Schockstarre versetzt«, antwortete ich.
Das schien jede weitere Unterhaltung unmöglich zu machen, und so legten wir den restlichen Weg zum Hauptpult schweigend zurück.
Als wir dort ankamen, fanden wir einen Mann vor, der hinter dem Pult saß und auf uns wartete. Ich schaute zweimal hin, weil er mir zuvor nicht aufgefallen war – doch dort saß er, das Kinn in die Hände gestützt, und beobachtete unsere abgehalfterte Prozession mit nicht einmal der Andeutung eines Lächelns auf dem talgigen, runden Gesicht.
Er war ein feister Mann, offenbar Ende dreißig, aber da die Zeit im Jenseits recht seltsam verlief, konnte er so ziemlich in jedem Alter sein. Das Erste, woran ich bei seinem Anblick dachte, war, dass er an eine weniger weiße und etwas sumoringermäßige Variante des Michelinmännchens erinnerte.
Bei unserer Ankunft nahm er die Hand vom Kinn und verschränkte beide Arme vor sich auf dem langen Pult. Sein aufgedunsener Leib war in einen ergonomischen Bürostuhl gequetscht und erinnerte an ein altes Lieblingsfrühstück von mir: Würstchen im Schlafrock. Das Pult, hinter dem das feiste Männlein saß, ging mir bis zur Hüfte. Es bestand aus warmem Kirschholz und hatte zahlreiche Macken und Kratzer auf der vernarbten Oberfläche. Zur Rechten des Mannes stand ein Computer, der jedoch nicht den Eindruck erweckte, oft benutzt zu werden. Der große Apothekerschrank, der wie ein riesiger, grün gestrichener Wachtposten hinter dem Pult aufragte, wirkte hingegen alt und abgenutzt.
Plötzlich trat ein breites Grinsen auf das Gesicht des Mannes, und er fing an zu lachen. Sein Bauch wippte auf und nieder, geschüttelt von Wellen der Erheiterung.
»Tanuki, das ist …«
»Ich weiß, wer sie ist«, sagte er, was ihn nur noch mehr zu amüsieren schien.
»Sie brauchen eine Totenakte, bitte«, erklärte Suri, ohne sich von Tanukis massiv guter Laune anstecken zu lassen.
»Ist es diese Akte, die ihr wollt?« Seine Heiterkeit machte unvermittelt einem schelmischen Grinsen Platz, als er eine hell-rosa Mappe aus der leeren Luft zauberte. »Oder sucht ihr die hier?«
Nun verschwand die rosafarbene Mappe direkt vor unseren Augen und wurde von einer strahlend orangefarbenen ersetzt.
Ich schaute Tanuki an und überlegte, was er für ein Spiel spielte. Wir wollten uns die blöde Totenakte schnappen und dann zum Teufel noch mal raus aus Dodge City. Das hier sollte keine verdammte Zaubervorstellung werden.
»Weder noch«, sagte ich, rupfte dem Mann die orangefarbene Mappe aus der Hand und hielt sie hoch, sodass alle sie sehen konnten.
Entsetzte Stille trat ein, und alle starrten mich an, die Augen auf die orangefarbene Mappe geheftet, die ich in der Hand hielt. Selbst der arme Tanuki schaute entsetzt und vielleicht auch ein kleines bisschen beeindruckt zu mir auf. Ich glaube nicht, dass er – oder irgendjemand sonst – mir das nötige Maß an Hand-Auge-Koordination zugetraut hätte, um diesen Trick abzuziehen. Sie hatten eben keine Ahnung von dem bizarren Zeug, das ich machen musste, seit ich bei Haus & Hof arbeitete. Meine Chefin, Hy, war ein verschlagenes Miststück, was bedeutete, dass ich ebenfalls ein paar Tricks hatte lernen müssen, um meinen Job zu behalten.
»Du scheinst ja ein ganz lieber Kerl zu sein, wie auch immer du heißt, doch ich bin derzeit nicht in der Stimmung für irgendwelche Spielchen mit dir«, sagte ich laut genug, damit man meine Stimme in der ganzen Halle hören konnte. »Also, hier hast du deine Akte
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