Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse
sich Alejandro. Keine Frau von Rang würde sich erlauben, so rosig auszusehen, als habe sie sich an der frischen Luft aufgehalten. Adeles elfenbeinfarbene Haut fiel ihm ein, und er sah sie vor sich, wie sie sich die Kapuze ihres Umhangs über den Kopf zog, um ihr Gesicht vor der Sonne zu schützen.
Diese Elizabeth war nicht viel älter als Adele damals, als Alejandro sie geliebt hatte. Und die Farbe ihres Haares glich der von Adele so sehr, daß ihm das Herz weh tat.
Die Gräfin hielt eine Hand ihres Mannes in ihrer, als fürchte sie, er könne ihr entgleiten, und flüsterte ihm ein paar Worte zu, die sicherlich Trost oder Linderung spenden sollten. Dann tätschelte sie ihn sanft und erhob sich.
Ihr seidenes Kleid raschelte, als sie aufstand. Sittsam hob sie eine Hand an die Brust und berührte ihren Schleier. »Oh!« sagte sie, während sie durch das Zimmer schritt. »De Chauliac! Ich bin so froh, daß Ihr gekommen seid! Als Geoffrey uns sagte, man müsse auch andere Erkrankungen in Erwägung ziehen, wurde mir ganz schwach vor Sorge.« Sie drehte sich nach ihrem Prinzen um und hauchte: »Nicht wahr, mein Liebster?«
Der Prinz unter seiner Pelzdecke ächzte zustimmend.
Als Alejandro das übertriebene Jammern hörte, dachte er: Hier ist ein Mann, der sein Laudanum mehr liebt als seine Frau.
»Seht Ihr!« Elizabeth deutete auf das Leidenslager. »Er hat Schmerzen. Ihr müßt ihm etwas Linderung verschaffen.«
De Chauliac ließ sich auf ein Knie nieder und neigte den Kopf zur Verbeugung, Alejandro tat es ihm rasch nach. Ich habe all ihre albernen Rituale vergessen, dachte er, während er sich wieder erhob. Fast zehn Jahre lang hatte er sich nicht mehr verneigen müssen. Schon damals gefiel es mir nicht, und heute noch viel weniger!
»Natürlich sind wir sofort herbeigeeilt, als wir von der traurigen Situation erfuhren.« Chauliac verbeugte sich abermals.
»Lieber de Chauliac«, säuselte Elizabeth, »Eurer Loyalität sind wir uns zutiefst bewußt.« Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit Alejandro zu. Ihr Blick war zuerst kritisch, als wolle sie sich einfach ein Bild machen, veränderte sich aber bald und ließ deutliches Interesse erkennen, dessen Natur Alejandro nicht genau definieren konnte. Sie trat einen Schritt näher und streckte die Hand aus.
»Und dies muß Euer Kollege aus Spanien sein, über den der junge Geoffrey so lobend spricht. Willkommen! Wir danken Euch von Herzen, daß Ihr Euch herbemüht habt.« Ihre Augen musterten ihn eingehend, ihr Mund verzog sich zu einem leisen Lächeln.
Obwohl ihr unverhülltes Starren ihm ein wenig unbehaglich war, trat Alejandro kühn vor und nahm die Hand, die sie ihm bot. Er drückte sie an die Lippen und hielt sie dort eine Spur zu lange fest. Die junge Frau errötete und hob verlegen die andere Hand. Entzückt holte sie Luft und sagte: »Ist dies eine Sitte Eures Landes? Falls ja, finde ich sie reizend. Eine köstliche Ablenkung von meinen Sorgen!«
Er bemerkte das kaum merkliche Lispeln der Irin, als sie ihn so auf französisch ansprach, es gefiel ihm viel besser als der gutturale Akzent, mit dem die Engländer Französisch radebrechten. Sie trug ein zartgrünes Kleid, das ihrem hellen Teint schmeichelte; Ärmel und Mieder waren nach keltischer Art mit Goldmustern verziert.
Im gleichen Alter wie Adele, und nur wenige Jahre älter als Kate.
»Jawohl«, gab er Auskunft, »der Handkuß ist bei uns Brauch. Aber ein eifersüchtig gehüteter Brauch – wir verwenden ihn nur bei den lieblichsten der Damen.« Das sagte er mit verwegenem Lächeln und einem Augenzwinkern.
»Ach, Monsieur, Sie bringen mein Blut zum Kochen, und was dann?«
»Dann werde ich entzückt sein, Euch gegen dieses Leiden zu behandeln«, äußerte er galant.
»Und zweifellos würde ich fachkundig versorgt.« Noch immer seine Hand haltend, wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder de Chauliac zu, der mißbilligend danebenstand. »Ihr solltet Eure Kollegen zu uns bringen, ohne auf eine Einladung zu warten, de Chauliac. Wenn dieser Herr stellvertretend für ihre Qualitäten antritt, dann müssen wir einfach mehr von ihnen kennenlernen.«
Alejandro konnte fast hören, wie de Chauliac mit den Zähnen knirschte. Nach einem leichten Druck löste er seine Hand sanft aus der der Gräfin. Der Franzose starrte ihn für einen kurzen Moment an und wandte sich dann mit einem höflichen Lächeln wieder an Elizabeth. »Ganz wie es Euch beliebt, Madame « , näselte er. »Sollen wir jetzt nach Eurem Gatten
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