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Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse

Titel: Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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steckte in der Planke. Alejandro suchte hektisch nach etwas, was er festhalten konnte, damit die Planke sich nicht hob, wenn Navarra sein Schwert herauszog. Staub rieselte durch die Ritzen der Planke und in seine Augen. Er kniff sie zu und tastete blind umher. Er fand ein Astloch und stieß den Daumen hinein. Dann zog er die Planke mit aller Kraft nach unten; gleich darauf riß der Edelmann an seinem Schwert. Glücklicherweise kam es frei, gerade rechtzeitig, bevor Alejandro wegen des Staubs ein Niesen unterdrücken mußte.
    Über ihm suchte Navarra die Spitze seines Schwerts nach Schäden ab, und als er sich überzeugt hatte, daß sie unversehrt war, schob er die Klinge wieder in die verzierte Scheide, die an seinem Gürtel hing. Sein dunkles Gesicht trug den Ausdruck äußersten Abscheus. »Der Schurke ist wieder einmal davongekommen«, grollte er. »Und er wird nicht hierher zurückkehren, darauf habt Ihr mein Wort. Der Platz ist nicht mehr sicher für ihn. Und er wird auch in Meaux nicht mehr auftauchen, denn seine Leute sind in alle Winde zerstreut! Warum kann er nicht standhalten und kämpfen wie ein echter Ritter? Warum müssen sie immer feige davonlaufen und sich verstecken?«
    »Sire, sie haben keine richtige Ausbildung und Gesinnung, auch kennen sie die ritterlichen Gepflogenheiten einer ordentlichen Schlacht nicht – obendrein sind sie schlecht ausgerüstet und voller Angst …«
    »Und trotzdem können sie solchen Schaden anrichten, wie sie es geschafft haben! Ich schäme mich vor meinen Edelleuten für den geradezu unheimlichen Erfolg ihrer rebellischen Sorglosigkeit.«
    »Sire«, protestierte der Ritter, »von welchem Erfolg sprecht Ihr? Die Jacques sind in Meaux vernichtend geschlagen worden! Sie können gewiß nicht mehr hoffen, genügend Leute zusammenzubringen, um sich erneut zu erheben …«
    »Beinahe hätten sie das Schloß eingenommen, bevor wir sie ›vernichtend‹ schlugen, wenn Ihr das so nennen wollt! Sie hätten fast das Tor aufgebrochen, bevor wir sie in die Flucht schlugen! Und wären nicht unerwartet der Captal von Buch und Graf Phoebus erschienen, dann hätten sie das Tor passiert und sich mit dreihundert Damen und Kindern einen vergnügten Abend gemacht! Und ich wäre vor ganz Frankreich blamiert gewesen! Keiner der Edelleute hätte an meiner Seite ausgeharrt, wenn sie Geiseln genommen hätten.«
    »Aber doch, mit Freuden, Sire …«
    »Redet mir nicht von Freude, denn ich werde keine mehr kennen, bis ich Guillaume Karle tot sehe. Er wird zum König der Jacques ausgerufen werden, wenn ich ihn in die Hände bekomme, und dann auf der Stelle entthront – sein gekröntes Haupt soll mir vor die Füße fallen, und ich werde mit großem Vergnügen darauf herumtrampeln!«
    Er schlug mit der behandschuhten Hand auf die Tischplatte, auf der der verstümmelte Mann lag und seinen Geist aushauchte. »Von dem hier werden wir wohl nichts mehr erfahren.«
    Der Ritter sah in angespanntem Schweigen zu, wie sein König mit nervöser, explosiver Energie in der kleinen Hütte auf und ab trampelte. Navarra war so gereizt, daß es schmerzte, ihm zuzusehen. Er stieß leise und erleichtert den Atem aus, als der König endlich innehielt und stehenblieb.
    Navarras Augen waren auf einem Gegenstand zur Ruhe gekommen, der nicht in diese Hütte zu passen schien – einem massiven, mit Messing eingefaßten Buch, das neben dem Herd lag. Er kniete davor nieder und öffnete den Deckel. Dann winkte er dem Ritter, er solle näher kommen.
    »Was haltet Ihr davon?« fragte er argwöhnisch.
    »Sire, was soll ich davon halten? Es ist irgendeine heidnische Schrift. Ich kenne mich mit diesem Gekritzel nicht aus.«
    Charles von Navarra blätterte eine Seite um. »Ich habe solche Schriften schon gesehen. Das ist die Hand eines Juden.«
    Der junge Ritter schien verwirrt. »Kann es denn in der Gegend noch welche geben?«
    »Keine, von denen ich wüßte«, antwortete Navarra. »Aber Karle hat es anscheinend geschafft, einen zu finden. Und er ist zu ihm gekommen, um Trost zu suchen. So eine Verbindung paßt zu dem Mann, der er geworden ist – ein Liebhaber von Ackerbauern, Bettlern und Wäscherinnen. Nicht mehr als angemessen, daß er jetzt auch die Juden liebt!«
    Doch das Buch lieferte keine Antwort auf die Frage, wohin seine Beute geflohen war; also ließ Charles von Navarra es achtlos liegen. Nachdem er gegen den abgetrennten Arm getreten und auf den sterbenden Soldaten gespuckt hatte, stampfte er endlich aus der Hütte und

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