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Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse

Titel: Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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ihn sehr. »Und hat Euch das von Euren Darmbeschwerden geheilt?«
    »Das kann ich nicht sagen«, meinte sie wegwerfend, »denn ich habe keine.«
    Karle sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er kannte fast niemanden, der nicht gelegentlich Anfälle von Dysenterie oder Diarrhöe hatte, vor allem in diesen Kriegszeiten, in denen Flüsse und Bäche oft rot von Blut und alle Brunnen verdächtig waren. »Und Ihr seiht all Euer Wasser durch dieses – Tuch?«
    »Jawohl!« Sie reichte es ihm. »Seht nur, wie fein es gewebt ist;
    Père sagt, daß es vom Ende der Welt kommt, aus einem Land, das Nippon heißt, wo es so gewöhnlich ist wie unsere gröbste Wolle. Hier kostet es hingegen sehr viel, und ich möchte es ungern verlieren. All die unreinen Tiere fangen sich in seinem Gewebe. Ich koche das Tuch selbst aus, so oft ich Gelegenheit dazu habe.«
    »Bemerkenswert«, staunte Karle. Er brauchte kein Interesse an ihrem Geplauder zu heucheln – es war abenteuerlich genug, um seine Aufmerksamkeit zu fesseln. Er gab ihr das Tüchlein zurück.
    »Ich habe nie zuvor so ein Wunder gesehen.«
    » Père weiß viele Dinge, die sonst niemand weiß«, pries sie ihn.
    »Er scheint in der Tat ein ungewöhnlicher Mann zu sein.«
    Kate seufzte und wischte sich ein Auge. »Mehr, als Ihr Euch vorstellen könnt. Er ist ein wahrhaft großer Heiler.« Sie sah Karle direkt in die Augen und forderte ihn mit einer Geschichte heraus, von der sie wußte, daß er sie zögernd akzeptieren würde. »Er hat mich von der Pest gerettet, als ich sieben war. Und dann hat er sich selbst gesund gemacht, als er krank wurde.«
    Das war in der Tat eine Offenbarung. Karle starrte sie fassungslos an und flüsterte: »Ihr habt die Pest überlebt?«
    Sie legte das Seidentuch in ihren Schoß und nahm langsam ihr Umschlagtuch ab. Sie zeigte seinen begierigen Augen ihren langen weißen Hals und wies auf eine Reihe kleiner Narben, um die herum die Haut etwas blasser war, unverkennbar Narben von Pestbeulen.
    Ihr père hatte auch eine Narbe auf der Brust, die indessen anders aussah – ich habe sie bemerkt, als er sich wusch, dachte Karle.
    »Aber – wie? « stotterte er.
    »Er hat mir eine faulig schmeckende Medizin eingeflößt und bei mir gewacht – nach zwei Wochen war ich geheilt.«
    Diese Behauptungen überstiegen seine Fassungskräfte. Doch sie trug die Narben; soviel stand fest. Zögernd streckte er die Hand nach ihrem Hals aus und fragte sich, ob sie ihm gestatten würde, die Haut zu berühren, doch sie wehrte seine Hand nicht ab. Er spürte mit seinen eigenen Fingerspitzen die Verhärtungen. »Verzeiht mir diese Vertraulichkeit«, sagte er, als er die Hand wieder zurückzog, »aber ich tue mich schwer mit Eurer Geschichte. Noch nie habe ich von jemandem gehört, der die Beulen bekam, überlebte und davon erzählen konnte. Natürlich haben einige die Pest überlebt, aber nicht, wenn die Beulen mal erschienen waren.«
    »Das ist selten, ich weiß«, gab sie zu, »und in manchen Fällen, sagt Père, ist es einfach Gottes Wille, daß der Leidende am Leben bleibt. Manche scheinen eine innere Kraft gegen die Pest zu haben. Ihr Körper kämpft dagegen an, als würde er ein unsichtbares Schwert schwingen. Warum das so ist, weiß er nicht.«
    »Er kann nicht alles wissen.«
    »Ihr solltet ihn nicht unterschätzen! Ich war so krank, daß ich nicht mehr zu denen gehörte, die überleben. Meine Krankheit war schwer, sehr schwer.« Nachdenklich wandte sie für einen Moment den Blick ab und sah ihn dann wieder an. »Das meiste habe ich vergessen, aber Père war beständig an meiner Seite, genau wie …« Sie verstummte, hielt einen Moment die Luft an und stieß sie dann wieder aus. »Bei mir war es die Medizin, die gewirkt hat. Wißt Ihr, er hatte von einem Heilmittel erfahren.«
    Die große Überzeugung in ihrer Stimme verlieh diesem Märchen, das sie da erzählte, eine merkwürdige Glaubwürdigkeit. Und obwohl er sicher war, daß Kate unter der Trennung von ihrem angeblichen Vater litt, hielt er sie nicht für verrückt. »Ihr scheint nicht unter den typischen Schwächen des weiblichen Geschlechts zu leiden, die zu Wahnvorstellungen führen«, bemerkte er. »Ich nehme an, daß Ihr das, was Ihr mir da auftischt, für wahr haltet.«
    Sie warf ihm einen aufsässigen, aber auch etwas müden Blick zu.
    »Was hätte ich zu gewinnen, indem ich Euch Lügen serviere?« fragte sie.
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Karle. Aber so eine phantastische Geschichte! Sehr gern hätte

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