Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse
ihrem Kopf zu verbannen.
Jetzt erschien Big Datties eigene Warnung, dann wurde der Bildschirm gelb, und endlich leuchtete die Erlaubnis auf, ihre Suchkriterien einzugeben. Dutzende von Seiten erschienen. Sie ließ die Liste abrollen und sah den Namen Abraham Prives, wie sie erwartet hatte, ebenso wie den Namen des Jungen aus Boston. Aber die Information war noch zu vage, und sie forderte Big Dattie auf, nur die Fälle anzuführen, in denen die Verletzung als Trümmerbruch oder Zersplitterung beschrieben war.
Sie erwartete, daß es ein paar Sekunden dauern würde, bis die Daten ausgefiltert waren; denn wenn Big Dattie keine Entsprechungen für eine Anfrage fand, nahm er einen Irrtum an und überprüfte sie automatisch noch einmal, was zu einer leichten Verzögerung führte. Doch die Ergebnisse wurden fast sofort gemeldet, und Janie sah sich überrascht einer Liste von vielleicht dreißig Namen gegenüber.
Sie ging zurück und erweiterte das Alter um je ein Jahr nach oben und nach unten. Daraufhin spuckte der Computer eine Liste von über hundert Namen aus.
Resultate sortieren, befahl sie dem Rechner. Korrelationen finden. Nach Verletzungsdatum auflisten.
»Sieh an, sieh an, sieh an …«, flüsterte sie, als sie das Endergebnis durchlas. »Sieh an, was wir da haben!«
Als Janie Tom Macalester anrief, um einen Termin zu vereinbaren, sagte er: »Heute ist es zu schön fürs Büro. Treffen wir uns draußen auf dem Platz. Da gibt es was, worüber ich mit dir reden muß.«
»Du zuerst«, sagte Janie, als sie sich eine Stunde später gegenüberstanden.
»Ich dachte, man läßt der Dame den Vortritt.«
»Falschmeldung … man läßt die Dame entscheiden.«
»Okay. Es wird dir vielleicht nicht gefallen, aber hör mich zu Ende an, ehe du anfängst zu kreischen.«
»Kreischen – ich?«
»Manchmal. Und heute könnte so ein Tag sein. Ich habe ein bißchen über Bruces Einreiseprobleme nachgedacht«, leitete Tom ein, »und pralle dabei dauernd gegen eine Wand. Wahrscheinlich läuft in solchen Situationen jeder gegen die Wand; also ist es nicht unbedingt beunruhigend, und auf lange Sicht wird es schon irgendwie klappen. Aber ich bin nicht auf Einwanderung spezialisiert und habe keine Idee, wie man diese Wand durchdringen könnte. Zudem weiß ich nicht, ob du deinem Freund mit mir als Anwalt beistehen solltest.«
Er konnte ihr nicht in die Augen sehen. Sie fragte sich nach dem Grund. Log er, oder verheimlichte er ihr etwas, von dem er annahm, sie wolle es vielleicht nicht hören? Verbarg er ihr etwa ein paar private Gedanken über ihre Situation, die ihr nicht gefallen würden? Tom war normalerweise so direkt. Janie fand sein Verhalten ziemlich entnervend.
Was immer es war, das ihn störte, sie hatte ihm stets vertraut, und so sollte es auch bleiben. »Ich glaube fest an dich«, versicherte sie ihm.
Jetzt kam der Augenkontakt wieder. Er wirkte auf sie immer sehr intensiv.
»Ich weiß …« Er nickte. »Und schätze das auch. Gewöhnlich fühle ich mich geschmeichelt, nur ist … nun ja, Bruce ist nicht, ich meine, eigentlich bist du meine Mandantin, und … offen gestanden – sind die Einwanderungsgesetze nicht so mein Fach. Ich habe mich ganz auf Medizinrecht und Bioethik spezialisiert und deswegen das Gefühl, daß ich mir auf anderen Gebieten nicht zuviel zutrauen sollte. Du wärst wohl besser dran mit jemandem, der mehr darüber weiß als ich.«
Er hatte recht – sie hätte am liebsten aufgeheult. Aber er war so vernünftig und überlegt in seinen Argumenten und so offensichtlich verstört über das, was er als sein Versagen betrachtete, daß Janie fast Mitleid mit ihm hatte. An seiner Haltung und seinem Benehmen erkannte sie, daß er von sich selbst enttäuscht war. Zum erstenmal bemerkte sie ein paar Sorgenfalten auf seiner Stirn.
Janie nahm die Hand ihres alten Freundes und drückte sie leicht, während sie eine Gruppe von Bänken ansteuerten. Sie tätschelte sie und ließ sie dann wieder los. »Du bist mein Anwalt, Tom. Und ich vertraue voll und ganz darauf, daß du jeden Kollegen zu Rate ziehen wirst, dessen Rat du brauchst. Ich möchte wirklich nicht mit jemand anderem zu tun haben, vor allem jetzt, wo vieles so … so schiefzulaufen scheint.« Sie sah ihn gewinnend an. »Und ich schätze, ich habe mich an dein Gesicht gewöhnt oder etwas in der Art.«
Er reagierte mit einem komischen kleinen Grinsen, schüttelte den Kopf und beschwerte sich: »Immer diese Klischees.«
»Tut mir leid!«
»Schon gut.
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