Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse
kannst ja meinetwegen Netzstrümpfe tragen, wenn es dich überkommt.« Liebevoll tätschelte sie die Seite von Carolines Fuß und ließ sie dann los. »So, und jetzt zeig mir deine Hände.«
Caroline streckte die sommersprossige Linke aus und präsentierte verschwörerisch ihren Ehering. Spöttisch spreizte sie die Finger und lachte. Janie klopfte ihr leicht auf den Handrücken und legte ihn dann auf ihren eigenen, um ihn sich anzusehen.
»Okay, ich bin eifersüchtig«, sagte Janie. »Bist du glücklich? Dein Mann kommt nach Hause, meiner nicht. Deiner hat dich geheiratet. Meiner sagt, er würde mich heiraten, wenn er je einreisen darf. Aber habe ich einen Ring? Nein.«
Caroline lachte leise und schüttelte den Kopf. »Meine Güte, wie wichtig wir uns nehmen … du brauchst wirklich einen anderen Job.«
»Ja, ich denke schon …« Janie schlug die Augen gen Himmel. Sie drehte Carolines Hand um und untersuchte die Innenfläche. Es gab nichts Unerwartetes – die dunklen Flecken waren alle verschwunden, und da, wo sich ein oder zwei Beulen befunden hatten, erkannte sie nur schwache Narben. »Sieht wirklich gut aus. Du hast deine Hände ordentlich gepflegt. Ich hatte Angst, dein Körper würde überreagieren, als sie dir den Identitätssensor eingepflanzt haben, weil dein Immunsystem von der Pest so angegriffen war. Aber das ist nicht passiert – alles paletti!«
Caroline zog ihre Hand abrupt zurück. »Das ist fast ein Jahr her. Wieso hast du mir von dieser Sorge nicht eher erzählt?«
Nach einer kurzen Pause gestand Janie: »Ich wollte dich nicht beunruhigen. Du wußtest ja, worauf du achten solltest, oder?«
»Ja, aber nicht, was es bedeuten könnte.«
»Na ja, es ist ja nichts passiert. Also sei unbesorgt.«
»Aber ich mache mir nun mal Sorgen. Das weißt du doch.«
»Gott steh uns bei, wenn du mal Kinder kriegst.« Janie senkte die Stimme, damit Michael, Carolines Mann, sie nicht hören konnte.
»Apropos, hast du deine Periode bekommen?«
Caroline verzog unsicher ihre Miene und schüttelte verneinend den Kopf.
»Wow! Nun ja, vielleicht … um wieviel bist du zu spät dran?«
»Erst einen Tag.«
»Na, ich drücke dir die Daumen.«
»Danke.«
Caroline war in London so schwer an der Pest erkrankt und von der Infektion so mitgenommen, daß Janie dachte, sie zöge schreckliche Folgen für ihre sämtlichen Körperfunktionen nach sich. Tatsächlich arbeiteten Carolines Nieren nicht mehr ganz zuverlässig. Wenn du schwanger wirst, hatte sie ihr gesagt, wirst du überhaupt nicht mehr aus dem Badezimmer rauskommen.
Aber sie war nicht schwanger geworden, auch nicht nach acht Monaten täglichen Verkehrs, manchmal sogar zwei, je nach Zyklus, und sie nahm keine Antibabypillen. Das bereitete ihr ein bißchen Kummer.
Ein schwerer Sturz, hatte sie dem Einreisebeamten im Logan Airport gesagt. Sie hatte sich die Hand aufgeschürft. Das erklärte die blauen Flecken, die Verbände, das Hinken und den extrem erschütterten psychischen Zustand, in dem Caroline bei der Einreisebehörde in Boston erschienen war. Sie hatte ein leichte Gehirnerschütterung, erklärte Janie für sie. Und ist immer noch ein bißchen benommen. Und obwohl Carolines eigenartiger Zustand einiges Stirnrunzeln hervorgerufen hatte, hatte sie bei keinem der Biosensoren Alarm ausgelöst, weil sie dafür gesorgt hatten, daß sie ansteckungsfrei war, ehe sie Großbritannien verließ. Janie hatte noch nie in ihrem Leben so lange die Luft angehalten wie in den Augenblicken, in denen Caroline die Kontrollen passierte, und zweifellos hatten sie auch noch nie so erleichtert aufgeatmet.
»Jetzt zu deinem Fuß. Ich bin nicht ganz glücklich mit diesem Zeh. Für mich sieht er recht empfindlich aus.«
»Das ist er auch.«
»Und du trägst immer nur Socken?«
»Außer, wenn ich Sandalen anhabe.«
»Du solltest diesen Zeh wirklich nicht unbedeckt lassen. Wenn du ihn dir aufschrammst oder gegen irgendwas stößt, könnte es Probleme geben. Wechselst du die Socken regelmäßig?«
»Ja.«
»Und wäschst sie in heißem Wasser mit viel Bleiche?«
»Natürlich.«
»Wäschst du übrigens neue, bevor du sie anziehst?«
Schweigen.
»Caroline, das ist wichtig.«
»Ich weiß. Aber manchmal vergeß ich’s.«
»Versuch, es nicht zu vergessen, bitte! Viele davon sind importiert. Sie werden nicht so kontrolliert wie amerikanische Waren.«
»Nur deswegen kann ich sie mir ja leisten. Aber gut, okay, ich werde vorsichtiger sein.«
Während Caroline eine saubere
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