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Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse

Titel: Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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nicht teile. Auf unserer Welt ist Platz für alles und jeden. Es hat Gott gefallen, durch Noah ein Paar von jeder Art zu erhalten. Es kann nicht Sein Plan sein, die Juden gänzlich zu vernichten.«
    Das gute Einvernehmen, das zwischen ihnen aufkeimte, trübte sich, als Alejandro diese Worte vernahm. Wir sind für ihn also Tiere. Doch er hat nicht vor, mich umbringen zu lassen. Das verschaffte ihm vorübergehend ein Gefühl der Erleichterung. Gleich darauf dachte er allerdings: Was hat er aber dann mit mir vor?
    »Und wenn es Juden gibt, die überleben und sich vermehren, dann wünschte ich mir, es wären solche wie Ihr.«
    »Juden, denen man es nicht ansieht?«
    »Männer von Geist, Vernunft und Weisheit, Männer, die die Welt verstehen und lehren, wie sie eigentlich sein sollte.«
    »Die Welt sollte besser sein«, warf Alejandro ein.
    »Da habt Ihr recht, Kollege. Es scheint, daß wir alle, Christen und Juden gleichermaßen, nach der Pfeife Satans tanzen, der uns in boshafter Freude regiert. Doch ich glaube, daß sich das mit der Zeit ändern wird.« Er lächelte. »Aber nun fahrt mit Eurer Erzählung fort.«
    Nach kurzem Zögern sprach Alejandro weiter. »Nach dem ersten Winter gingen wir nach Straßburg.«
    »Ach«, schüttelte de Chauliac den Kopf, »es ist ein Jammer, was da passiert ist.«
    »Ich denke, dafür wäre ein stärkeres Wort angebracht. Man könnte von Verirrung sprechen. Aber wie immer man die Tragödie auch nennen mag, selbstredend konnten wir nicht dort bleiben. Wir kamen für eine Zeitlang nach Paris und lebten im Marais unter Glaubensbrüdern.«
    »Ihr wart hier in Paris?«
    Alejandro nickte. »Nach einer Weile flohen wir dann wieder nach Norden.«
    »Wohin seid Ihr gegangen?«
    »Es fiele mir schwer, einen Ort zu nennen, an dem wir nicht waren«, gab Alejandro seufzend Auskunft. »Wir konnten wohl kaum in ein Dorf reiten und verkünden: › Attendez! Hier kommt ein Jude auf der Flucht, verachtet und gejagt von der Prinzessin von England, mit einer illegitimen Tochter von König Edward – auf eigenen Wunsch vom Hofe ihres grausamen Vaters entführt!‹ Wer hätte ein solches Paar schon willkommen geheißen, außer, um ein Lösegeld herauszuschlagen?«
    »Wie habt Ihr dann gelebt? Wenn Ihr niemandem vertrauen konntet?«
    »Es fehlte nie an verlassenen Hütten. Wir wählten immer die entlegensten und blieben nur, solange wir unbemerkt waren. Dann zogen wir weiter, mit unserer bescheidenen Habe, und da sie sich gegenwärtig in Eurem Besitz befindet, wißt Ihr, daß das nicht viel war.«
    »Hmm«, machte de Chauliac. »Aber es ist auch nicht gerade wenig. Ihr habt noch immer Euer Gold, von dem einiges zweifellos von meinem geheiligten Herrn stammt. Ihr Juden seid eine genügsame Sippschaft.«
    »Das sind wir, wenn es sich empfiehlt.«
    »Und die ganze Zeit habt Ihr Eure Medizin nicht ausgeübt? In Eurer Tasche befinden sich einige ausgezeichnete Werkzeuge.«
    Alejandros Miene verdüsterte sich. »Nur sehr selten.«
    De Chauliac lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Seht Ihr? Ihr habt Eure Gabe also doch vergeudet!«
    »Ich habe sie an das Kind weitergegeben, indem ich ihr alle meine Kenntnisse beibrachte«, protestierte Alejandro. »Sie ist eine gute Heilerin geworden. Und wenn Hilfe wirklich nötig war, habe ich sie immer geleistet. Aber jedesmal, wenn wir bekannt wurden, mußten wir weiterziehen. Das Risiko, gefangen zu werden, war immens.«
    »Vielleicht macht Ihr Euch auch zu viel Sorgen – zumindest jetzt.« De Chauliac beugte sich vor und stützte sein Kinn in die Hände. »Laßt Euch berichten, was ich durch meine Spione gehört habe. Im ersten Jahr wurdet Ihr aktiv gejagt, vor allem zu Clemens’ Lebzeiten. Der Papst war natürlich sehr ›enttäuscht‹, als er Eure wahre Identität erfuhr, und obwohl er das war, was einige als Judenfreund bezeichnen würden, meinte er, einen Fehler begangen zu haben, indem er Euch mit jener Aufgabe in England betraute. Ich versuchte natürlich nach Kräften, Euch zu verteidigen, indem ich darauf hinwies, daß Eure Mission erfolgreich war. Kein weiteres Mitglied der englischen Königsfamilie starb mehr an der Pest. Aber er war trotzdem nicht zufrieden.«
    »Wir schwebten damals also wirklich in Gefahr?«
    »Eine Zeitlang. Aber nach dem Tode von Clemens hegte nur noch Isabella einen wirklichen Groll gegen Euch – ihr Vater war mit Staatsangelegenheiten zu beschäftigt. Sie konnte die Jagd daher ungestört weiterführen; und als Edward schließlich immer

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