BENUTZT: Psychothriller
Jedes falsche Wort hatte ihr früher einen Stich versetzt und sie unsicher werden lassen. Nun war es ihr egal, was diese beiden Frauen von ihr hielten. Es gab nur noch sie selbst, und die brennenden Striemen auf ihrem Rücken erinnerten sie jede Sekunde daran, dass sie einzig und alleine für sich selbst verantwortlich war. Ob die anderen sie mochten oder nicht, spielte keine Rolle! Nicht hier, und nicht, wenn sie jemals hier raus kommen sollte. Sie beschloss nur noch das zu tun, was zu ihrem Vorteil war, und wenn sie die anderen beiden dafür leiden lassen musste, dann war es eben so! Eine eigenartige Zufriedenheit machte sich in ihr breit und verdrängte ihre Angst soweit, dass ihre Müdigkeit sich durchsetzen konnte und sie in einen traumlosen Schlaf schickte.
Nina war angepisst! Trotz ihres schmerzenden Halses hätte sie sich gerne noch ein wenig unterhalten. Doch die anderen beiden hatten sich offensichtlich schlafen gelegt und sie alleine in dieser substanzlosen Dunkelheit zurückgelassen. Für einen Augenblick überlegte sie, Kassandra anzusprechen. Sie mochte sie zwar nicht sonderlich, aber eine kleine Unterhaltung mit ihr war besser als diese Stille. Allerdings hätte sie damit ihre Freundin geweckt, und das wollte Nina nicht riskieren.
Bisher hatte sie dieser Wodan in Ruhe gelassen, was sie als gutes Zeichen ansah. Sollte sich dieser Irre doch ruhig an der Richtertochter austoben. Wenn es sein musste, würden Sabrina und sie ihm gerne noch ein paar Anlässe dazu bieten. Solange er seinen Fokus auf Nummer Zwei gerichtet hatte, mussten sie nichts befürchten. Doch selbst wenn Kassandra es schaffte, dass er mit ihr zufrieden war, stand immer noch Sabrina zwischen ihm und ihr selbst. Nina wusste, dass ihre Freundin es nie schaffen würde, den Mund zu halten, und damit machte sie sich zum Ziel.
Ein wenig durch ihre Erkenntnisse beruhigt, tastete sich Nina bis zu ihrer Liege, lehnte sich an die kalte Wand und zog die Decke über sich. Dann schloss sie die, im Augenblick sinnlos offenen Augen und versuchte an einen Mann zu denken, den sie vor ein paar Tagen kennengelernt hatte, und der sie ziemlich anmachte. Nach einiger Zeit verfiel auch sie in einen Zustand, der alles um sie herum ausblendete.
Einige Meter weiter, hinter der schweren Stahltür, gönnte sich auch Wodan einige Stunden Schlaf, wachte allerdings um 4 Uhr früh auf und blickte auf seinen Monitor. Wenn auch nur unscharf, waren alle drei Gesichter zu erkennen, und in jedem zeichnete sich die Mangelernährung der letzten Tage ab.
Heute würde sein Spiel endlich beginnen, und er brauchte ihren Hunger, um sie darauf vorzubereiten. Der Countdown zeigt eine Restzeit von sieben Stunden; es war noch genug Zeit, trotzdem sollte er langsam anfangen.
Fast schon euphorisch schlug er seine Decke zurück, stand auf und genehmigte sich ein kleines Frühstück. Dann setzte er sich an den Klapptisch und zog die bereitliegende Spritze auf. Drei Milliliter für jede sollte reichen, um alles in Position bringen zu können und sie nicht zu lange auszuschalten. Anschließend nahm er den ersten der eingeschweißten Fertigsalate, stach vorsichtig unter dem Rand der Folie durch und verteilte die abgemessene Menge der durchsichtigen Flüssigkeit darauf. Das Ganze wiederholte er noch zweimal und machte anschließend drei Papiertüten mit Salat, zwei Scheiben Brot und einer kleinen Flasche Limonade fertig. Nach einem Blick zu den drei schweren Holzstühlen, die er fast ein viertel Jahr lang umgebaut hatte, öffnete er die Stahltür, schaltete die stärksten Scheinwerfer ein, die er in dem Gewölbe installiert hatte und trat ein. Nun, da er wusste, dass sie ihn erkannt hatten, verzichtete er auf seine Kapuze.
Fast augenblicklich kam Bewegung in die Zellen, aber keine der Drei sagte etwas. Ohne sie weiter zu beachten, ging Wodan im Halbkreis an den Gittern vorbei und ließ vor jedem eine der Tüten fallen. Dann verließ er das Gewölbe und sah vor seinem Monitor sitzend dabei zu, wie sich die Drei fast hektisch über das Essen hermachten. Natürlich begutachteten sie alles voll Argwohn, rochen daran und bissen am Anfang winzige Stückchen des Brotes ab. Erst als alles in Ordnung schien, siegte die Gier, und nach wenigen Minuten waren die Tüten leer. Zufrieden lehnte sich Wodan zurück, stellte seine Uhr auf den Beginn der Narkosezeit und begann anschließend damit, sein Werk vorzubereiten.
–28–
Gegen halb elf hatten die beiden Kommissare das herunter gekommene Hochhaus
Weitere Kostenlose Bücher