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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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man bei der Polizei aufgrund der Tatumstände davon ausgeht, es bei dem Täter mit einem Mann zu tun zu haben, der ein schwer gestörtes Verhältnis zu Frauen hat. Und Ihre Aufzeichnungen, die der Polizei ja nun bekannt sind, lassen darauf schließen, dass Sie zumindest … na ja, ein gewisses … Problem mit Frauen haben.«
    Samson nickte. Dem ließ sich nicht widersprechen.
    »Sind Sie den ganzen Tag an Gillian drangeblieben?«, fragte John sachlich. »An jenem 29. Dezember?«
    »Nein. Ich habe sie verloren. Auf der A127. Sie fuhr sehr zügig, es herrschte recht viel Verkehr … Und auf einmal war sie weg.«
    John nickte. Die vierspurige A127, die Southend mit London verband, war häufig recht unübersichtlich.
    »Und dann? Es fehlen ja noch etliche Stunden bis neun Uhr abends.«
    »Ich wollte nicht nach Hause. Ich bin nicht gerne dort, wissen Sie.«
    »Weshalb nicht?«
    Er überlegte. »Die Unruhe«, sagte er dann. »Ich bin so unruhig. Und ich weiß nicht, wohin mit mir. Ich habe keine Arbeit. Ich finde keine Frau. Ich habe nichts. Mein Leben ist absolut leer.«
    John schwieg abwartend. Samson starrte ihn an. Würde ich aussehen wie er. Hätte ich diese Ausstrahlung.
    Mit fast physisch empfundener Gewalt drängte sich ihm die Erkenntnis auf, dass dieser Mann eine intime Beziehung zu Gillian unterhielt. Er war nicht einfach ein Freund. Er war ihr Liebhaber, sie hatten eine Affäre, und sie hatten sie schon gehabt, als Thomas Ward noch am Leben gewesen war. Im Grunde hatte er das schon gespürt, als er sie an jenem Abend vor Weihnachten im Pub zusammen gesehen hatte. Er hatte es sich nur nicht klargemacht, hatte vermutlich verdrängt, was er eigentlich deutlich empfand: die unglaubliche Spannung zwischen den beiden, die sexuell aufgeladene Atmosphäre.
    Du begehrst sie, dachte er, und das Gefühl der Feindseligkeit, das ihn überschwemmte, nahm ihm sekundenlang fast den Atem, du schläfst mit ihr, und es ist dir vollkommen egal, dass sie eine Familie hat, einen Mann, ein Kind, und dass du alles kaputt machst. Allerdings, na ja, der Ehemann ist ja nun praktischerweise tot, und damit hast du freie Bahn und …
    Die Frage kam ihm sehr plötzlich: Wie interessant war unter diesen Umständen eigentlich John Burton selbst für die Polizei? Schließlich hatte er ein Verhältnis mit einer Frau, deren Mann erschossen wurde.
    Konnte er damit nicht auch in Schwierigkeiten geraten?
    »Wer sind Sie?«, fragte er noch einmal. »Ich meine, außer ein Freund von Gillian ?«
    John lächelte. Es schien, dass er die Aggression, die plötzlich von Samson ausging, durchaus spürte.
    Er stand auf. »Samson, ich habe selbst einmal bei Scotland Yard gearbeitet, und ich verfüge noch über ein paar gute Kontakte. Die ich in den letzten beiden Tagen reaktiviert habe. Daher weiß ich manches über den Fall, was sonst in der Öffentlichkeit nicht bekannt ist.«
    »Ich verstehe«, sagte Samson, bereits wieder eingeschüchtert und unterwürfig. Eigentlich verstand er gar nichts. Ein Exbulle. Wieso war er nicht mehr bei der Polizei?
    »Unter anderem kenne ich zumindest in groben Zügen den Inhalt Ihres … Tagebuches, wenn man es so nennen will«, fuhr John fort, »und daher kann ich mir durchaus vorstellen, dass Sie bei der Polizei auf der Liste der Verdächtigen recht weit oben rangieren. Sie haben Frauen, und zwar in erster Linie alleinstehende Frauen, monatelang beschattet und sich jedes Detail über ihren Tagesablauf notiert. Unter anderem gibt es da eine ziemlich bizarre Geschichte über eine junge Frau, deren Hund Sie entführt haben, um dann über die Rückgabe des Tieres die Sympathie der Frau zu erringen.«
    Samson merkte, dass seine Wangen glühten. Er hatte den Plan so genial gefunden. Nun hörte sich das alles nur krank an.
    »Es war einfach ein Versuch, sie näher kennenzulernen«, murmelte er.
    »Ja, aber ein derartiger Versuch ist zumindest etwas ungewöhnlich«, sagte John. »Zudem funktionierte er dann nicht einmal, und Sie scheinen sich ziemlich hasserfüllt über die betreffende Frau geäußert zu haben. Sie ist bis Mitte Januar verreist, sonst hätte man sie jetzt unter Polizeischutz gestellt. So ernst nimmt man das!«
    Samson blickte ihn verzweifelt an. »Aber ich würde doch nie … ja, ich war wütend auf sie. Aber ich würde sie niemals angreifen. Ich habe auch noch nie jemanden angegriffen. Oder bedroht. Sie werden niemanden finden, der mich jemals aggressiv erlebt hat!«
    Das ist eines deiner Probleme, dachte John,

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