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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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ganze Zeit lang bei der Polizei. Ich habe Mörder erlebt, die wirkten so harmlos und sympathisch wie Sie und haben grauenhafte Taten begangen. Und dann gab es Menschen, denen hätte man alles zugetraut, und in Wahrheit taten sie keiner Fliege etwas zuleide. Es ist schwierig. Wir alle tragen unsere Gesinnung nicht auf der Stirn geschrieben.«
    »Und was soll ich jetzt tun? Bartek hat Ihnen sofort gesagt, wo ich bin. Sie sind selbst überzeugt, dass er das auch tun wird, wenn die Polizei noch einmal bei ihm aufkreuzt. Ich bin hier nicht sicher. Außerdem habe ich bald kein Geld mehr.«
    »Bleiben Sie vorerst in diesem Zimmer«, sagte John, »ich überlege mir etwas.«
    »Kann ich Sie irgendwie erreichen?«, fragte Samson.
    John ging zur Tür, öffnete sie. »Nein. Warten Sie, bis ich mich melde.«
    »Bitte … kommen Sie wieder?«
    »Sie hören von mir«, versprach John.

DONNERSTAG, 7. JANUAR
    1
    »Hast du Zeit heute Abend?«, fragte John. Er saß am Steuer seines Autos und hatte gerade vor dem Haus gehalten, in dem Tara wohnte.
    Gillian, die neben ihm saß, schüttelte den Kopf. »Becky braucht mich. Und … sie soll nicht den Eindruck haben, dass wir einander ständig treffen.«
    Das Haus der Familie Ward war von der Polizei freigegeben worden, aber Gillian hatte beschlossen, vorerst dort nicht einzuziehen. Das schreckliche Ereignis erschien noch zu nah, zu präsent. Gillian glaubte nicht, dass Becky es verkraften würde, dort bereits wieder zu wohnen, und was sie selbst betraf, war sie auch nicht sicher. Sie hatte nur ein paar Sachen holen wollen, Kleidungsstücke, Wäsche, Bücher, und John hatte angeboten, sie zu begleiten. Sie war dankbar, nicht allein in ihr einstiges Zuhause gehen zu müssen. Alles schien unverändert, und doch war es nicht mehr das Heim, das sie und Tom geschaffen, in dem sie mit Becky als Familie gelebt hatten. Im Wohnzimmer stand noch der Weihnachtsbaum und nadelte vor sich hin, und im Kühlschrank vergammelten die ersten Lebensmittel. Die Lichterketten und die Strohsterne in den Fenstern wirkten wie Relikte einer lang vergangenen Zeit. In der es Ordnung, Vertrautheit, Gleichmaß, Normalität gegeben hatte.
    Diese Zeit würde nie wiederkommen.
    »Wirst du das Haus behalten können?«, hatte John gefragt, als sie beide im Esszimmer gestanden und beklommen den Tatort betrachtet hatten, den Stuhl, über dem Tom zusammengebrochen und gestorben war.
    Sie hatte mit den Schultern gezuckt. »Die Frage ist eher, ob ich hier leben will. Ob ich hier leben kann.«
    »Was wird aus eurer Firma?«
    »Wir haben gute Mitarbeiter. Im Moment laufen die Dinge, auch ohne dass ich mich intensiv kümmere. Natürlich werde ich bald eine Entscheidung treffen müssen. Ich bin jetzt die alleinige Chefin. Aber ich weiß noch nicht, ob ich einfach so weitermachen kann.«
    Dann hatte sie ihre Sachen zusammengesucht, immer hastiger und schneller in ihren Bewegungen, weil sie plötzlich gemeint hatte, es keinen Moment länger in diesem Haus auszuhalten. Sie atmete erst wieder tief durch, als sie im Auto saßen.
    »Es war schlimmer, als ich dachte«, sagte sie.
    John half ihr, die zwei Waschkörbe mit Utensilien die Treppen zu Taras Wohnung hinaufzutragen, dann verabschiedete er sich. Als Gillian jedoch die Wohnungstür aufschloss und in das Wohnzimmer trat, blickte sie direkt in die hasserfüllten Augen ihrer Tochter.
    »Warum schickst du ihn weg? Glaubst du, ich bin blöd? Ich weiß doch, dass du schon wieder mit ihm zusammen warst.«
    Tara, die über einem Berg Akten am Tisch saß, blickte bekümmert drein. »Sie hat aus dem Fenster geschaut. Sie hat dich und Burton unten gesehen.«
    Gillian versuchte über Beckys Haare zu streichen, aber das Mädchen duckte sich rasch zur Seite. »Er ist mein Handballtrainer, Mum! Kannst du ihn nicht in Ruhe lassen? Und er dich?«
    »Becky, er hat mir doch nur geholfen, ein paar Sachen aus unserem Haus zu holen. Ich mochte dort nicht allein hingehen. Ich war froh, dass er mitgekommen ist.«
    »Hast du sonst niemanden? Tara hätte dir doch auch geholfen!«
    »Jemand musste doch auch bei dir bleiben«, gab Tara zu bedenken.
    »Ich kann wirklich auch mal ein paar Stunden allein bleiben. Außerdem hätte ich mitkommen können.«
    »Auf keinen Fall«, sagte Gillian. »Becky, du hast etwas sehr Schlimmes in diesem Haus erlebt, und es wäre nicht gut, wenn …«
    Beckys Augen sprühten Blitze. »Tu doch nicht so, Mum! So besorgt! Als ob du dir Gedanken um mich machst! Wenn es dir um mich

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