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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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hatte sie das Bedürfnis, darüber zu sprechen. Tara war Staatsanwältin. Aber auch ihre beste Freundin.
    »Er war übrigens nicht immer Chef eines Sicherheitsdienstes«, sagte sie und es klang fast beiläufig. »Er hat früher für Scotland Yard gearbeitet. Er war Detective Inspector.«
    »Tatsächlich? Und warum hat er dort aufgehört?«
    Gillian zögerte, sah zu Boden. »Das war eine dumme Geschichte«, sagte sie. »Er hatte eine Affäre mit einer Praktikantin. Und diese junge Frau hat ihn angezeigt, als er mit ihr Schluss machen wollte. Wegen sexueller Nötigung.«
    Sie blickte auf, als sie realisierte, dass keine Antwort kam, und erkannte, dass Tara sie geradezu fassungslos ansah.
    »Wie bitte?«, fragte Tara schließlich.
    »Es kam zu einem Ermittlungsverfahren, aber die Staatsanwaltschaft hat letztlich keine Anklage erhoben. Mehrere Gutachten haben John entlastet. Die junge Frau hat sich immer wieder in Widersprüche verstrickt. John war absolut unschuldig.«
    »Oh ja, natürlich. Garantiert hat sie ihn ohne jeden Grund angezeigt!«
    »Sie wurde hysterisch, als John ihr nach einer versiebten Prüfung nicht aus der Patsche helfen wollte. Drehte vollkommen durch. Er beschloss daraufhin, die Beziehung zu beenden. Das machte sie noch wütender. Und dann … na ja, dann zahlte sie es ihm richtig heim.«
    »Gillian, ich kenne mich in solchen Fällen naturgemäß ein bisschen aus. Wenn tatsächlich Ermittlungen aufgenommen wurden und die ganze Sache schließlich beim Staatsanwalt landete, dann gab es durchaus Indizien, die gegen John Burton sprachen. Und für die junge Frau.«
    Gillian bereute, dass sie mit all dem angefangen hatte. Sie hatte auf Trost gehofft, aber nun war klar, dass Tara ihre Ängste und Zweifel nur noch verstärken würde. Und weil sie dies immer geahnt hatte, war sie ja auch bislang nicht mit dieser Geschichte herausgerückt. Wäre sie bloß bei dieser Haltung geblieben.
    »Als John sich von ihr trennen wollte, kam es noch einmal zum Geschlechtsverkehr, aber …«
    »Wirklich? Also haben sie seine Spermien nachweisen können.«
    »Ja. Aber er hat nie abgestritten, dass er …«
    »Lass mich raten«, sagte Tara. »Eigentlich wollte er die Beziehung beenden. Andererseits war dieses junge Ding ungeheuer reizvoll. Also springt er schnell noch mal mit ihr ins Bett. Mit ihrem Einverständnis natürlich, denn obwohl er sie gerade verlassen möchte, fällt ihr auch nichts Besseres ein, als mit dem Typen eine Nummer zu schieben. Hinterher ärgert sie sich, dass er trotzdem den Schlussstrich zieht, und rennt – ganz bösartiges, rachsüchtiges, kleines Monster, das sie ist – schnurstracks zur Polizei, um ihn nun wenigstens ins Gefängnis und um seine weitere Karriere zu bringen! So hat er es bei dir dargestellt, stimmt’s?«
    Gillian rieb sich über die Stirn. »Nicht mit diesen Worten«, sagte sie. »Aber inhaltlich läuft es darauf hinaus, ja.«
    »Inhaltlich läuft es darauf immer hinaus«, sagte Tara. »In der Angabe der Täter jedenfalls. Du ahnst nicht, wie oft ich genau diese Geschichte auf den Schreibtisch bekomme, Gillian. Wenn es danach geht, gibt es den Tatbestand Vergewaltigung in der Realität eigentlich gar nicht. Das ist nur etwas, das sich ein paar besonders perfide Frauen ausgedacht haben, um Männern, die nicht so wollen, wie sie sollen, richtig eins auszuwischen!«
    »Sie hat sich selbst Verletzungen zugefügt. Das haben mehrere Gutachter bestätigt. Tara, du kannst doch nicht behaupten, dass das alles Menschen sind, die ein Komplott geschmiedet haben, um John Burton vom Verdacht eines scheußlichen Verbrechens zu befreien!«
    »In Fällen wie diesen«, sagte Tara, »gibt es kaum je echte Beweise. Für die eine wie für die andere Seite nicht.«
    »Ich glaube ihm«, erklärte Gillian. »Er hat sich in der ganzen Sache idiotisch verhalten, und das weiß er. Aber er hat niemanden zu irgendetwas genötigt.«
    »Und das weißt du sicher? Du kennst ihn so gut?«
    »Ich kann es mir nicht anders vorstellen«, sagte Gillian, merkte aber selbst, wie lahm das klang.
    Wieso führen wir plötzlich ein solches Gespräch? Wieso läuft dieser ganze Tag so verrückt? Wieso greift mich erst meine Tochter an und dann meine beste Freundin?
    »Was willst du denn, Tara?«, fragte sie.
    Tara atmete tief durch. »Entschuldige. Ich bin zu heftig geworden. Ich will gar nichts, Gillian. Ich wundere mich nur, dass du …«
    »Ja?«
    »Ich könnte mit einem Mann, dem ein solcher Verdacht anhaftet, keine

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