Beobachter
hatte eine Homepage im Internet. Darüber haben mich die anderen kontaktiert.«
»Und Mrs. Roberts …?«
»Carla besaß keinen Computer. Keinen Internetanschluss. Diese Entwicklung hatte sie irgendwie verpasst. Aber vor eineinhalb Jahren brachte eine Zeitschrift einen Bericht über uns.«
»Welche?«
» Woman and Home. Wahrscheinlich kennen Sie sie nicht, Inspector, es ist …«
»Meine Frau liest sie manchmal«, sagte Fielder. »Ich habe durchaus eine Vorstellung.« Die klassische Frauenzeitschrift. Mode, Schönheit, Diät. Lebensberatung. Prominente.
»Also, jedenfalls hat Carla den Artikel gelesen«, sagte Ellen. »Und daraufhin hat sie uns kontaktiert. Und kam dann auch zu unseren Treffen.«
»Bekamen Sie viele Zuschriften auf den Artikel hin? Drohbriefe vielleicht auch? Von Männern, die geschiedene Frauen grundsätzlich als Abzockerinnen oder Blutsauger begreifen?«
»Nein. Wir bekamen schon Briefe, aber fast ausschließlich von Frauen. Es waren positive Reaktionen.«
»Gab es ein Forum auf Ihrer Homepage?«
»Ja.«
»Aber auch da kamen keine aggressiven Beiträge?«
»Nein. Aber es gab überhaupt wenig Beiträge dort. Wir waren ja nur eine kleine Gruppe.«
»Wurden die Namen und möglicherweise auch die Adressen dieser fünf Frauen, die sich Ihnen angeschlossen hatten, auf der Homepage genannt?«
»Nein. Das hätte ich nie getan. Niemand konnte herausfinden, wer zu uns gehörte.«
»Die Homepage gibt es nicht mehr?«
»Nein. Ich habe dann jemanden kennengelernt und bin zu ihm nach Hastings gezogen. Es gibt für mich jetzt keinen Grund mehr, eine Internetpräsenz am Laufen zu halten.«
»Wieso brach die Gruppe nach Ihrem Weggang zusammen?«
»Ja, das war schade«, sagte Ellen, »aber so ist das manchmal, nicht? Man macht sich das zunächst gar nicht wirklich klar, aber es gibt offenbar in den meisten Gruppen eine Person, die den Dreh- und Angelpunkt darstellt, und im vorliegenden Fall war das wohl ich. Nachdem ich weg war, brachten die anderen keine Verabredungen mehr zustande, konnten sich nicht mehr auf die Termine ihrer Treffen einigen, saßen dann oft nur noch zu zweit herum … bis es ganz auseinanderlief. Eine der Teilnehmerinnen schrieb mir im September, dass sie einander alle irgendwie aus den Augen verloren hatten. Ich fand das sehr bedauerlich.«
»Wie oft traf man sich vorher?«
»Jeden Donnerstag. Bei mir.«
»Haben Sie den anderen jetzt zum Jahresbeginn auch geschrieben? Oder nur Carla Roberts?«
»Nur Carla.«
»Warum? Die Tochter meinte, der Brief klinge besorgt. Weshalb haben Sie sich Sorgen um Carla gemacht?«
»Ich hatte lange nichts mehr von ihr gehört«, sagte Ellen. »Von den anderen habe ich nach meinem Umzug noch ab und zu eine E-Mail bekommen, obwohl auch das inzwischen praktisch eingeschlafen ist. Von Carla kam gar nichts mehr, nicht ein einziges Mal, auch kein normaler Brief oder eine Karte. Ich wusste, dass sie ein trauriger Mensch war. Ich dachte, es kann nicht schaden, mal zu fragen, wie es ihr so geht.«
»Mrs. Curran«, sagte Fielder, »Carla Roberts ist auf eine Art und Weise umgebracht worden, die auf einen extrem großen Hass des Mörders schließen lässt. Es ging nicht um Raub. Es ging primär auch nicht um ein Sexualdelikt. Aber es muss sich eine ungeheure Aggression beim Täter angestaut haben. Wir wissen noch nicht, ob sich diese Aggression auf Frauen an sich richtete oder ob sie ganz konkret mit Carla zu tun hatte. Deshalb bitte ich Sie, sehr genau nachzudenken, ob Carla während der Treffen irgendetwas aus ihrem Leben erzählt hat, das damit zu tun haben könnte. Ob es etwas gab in ihrem Leben, ein Ereignis, einen Menschen, irgendetwas, das einen derartigen Hass erklären könnte.«
Ellen Curran schwieg sehr lange. Sie schien angestrengt nachzudenken.
Schließlich sagte sie: »Es tut mir leid, Inspector. Mir fällt nichts dazu ein. Carla redete sowieso nicht viel. Wenn sie etwas sagte, dann sprach sie von ihrem Mann. Er hatte sie jahrelang betrogen und darüber hinaus die Familie finanziell ruiniert und sich dann aus dem Staub gemacht. Sie hätte Grund gehabt, ihn zu hassen, nicht umgekehrt!«
»Ich bräuchte eine Liste der Teilnehmerinnen an Ihren Treffen«, sagte Fielder. »Wäre das möglich? Namen, Adressen, soweit Sie sie haben?«
»Irgendwo habe ich eine Liste. Ich könnte sie Ihnen mailen.«
»Da wäre ich Ihnen sehr dankbar.« Fielder diktierte seine E-Mail-Anschrift. Dann fügte er hinzu: »Gab es jemanden in der Gruppe, mit dem
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