Beobachter
zu tun hatte, aber immerhin bot sich die Möglichkeit, mit Menschen zu sprechen, die Carla gekannt hatten. Jenseits ihrer Arbeit in der Drogerie, die nun schon länger zurücklag.
Vielleicht fand sich nun ein neuer Einstieg. Wenngleich Fielder sorgsam darauf achtete, seine Erwartungen nicht zu hochzuschrauben. Dieser Fall schenkte ihm gar nichts, das hatte er schon begriffen.
»Es geht aus dem Schreiben eindeutig hervor, dass Ihre Mutter vor einem Dreivierteljahr die Gruppe verließ?«, fragte er.
Keira zögerte. »Wenn ich es richtig verstehe, dann war die Frau, die den Brief geschrieben hat, die Initiatorin der Gruppe. Sie ist offenbar im April vergangenen Jahres aus privaten Gründen von London nach Hastings gezogen, und damit hat sich wohl alles aufgelöst. Sie schreibt, dass es ihr leidtue, dass die Gruppe ihren Weggang nicht überstanden habe. Sie erkundigt sich sehr genau, wie es meiner Mutter geht. Sie hat sich Sorgen um sie gemacht. Wollte einfach mal wieder von ihr hören.«
»Ich verstehe. Es ist sehr gut, dass Sie mich anrufen, Mrs. Jones. Unsere Ermittlungen sind ziemlich festgefahren, auch deshalb, weil wir im Fall Ihrer Mutter praktisch auf überhaupt kein Umfeld zurückgreifen konnten. Ich werde den Brief bei Ihnen abholen lassen. Können Sie mir bitte Namen und Adresse der Absenderin nennen?«
»Natürlich. Die Frau heißt Ellen Curran.« Sie diktierte die Anschrift. Dann fügte sie hinzu: »Halten Sie mich bitte auf dem Laufenden?«
»Selbstverständlich«, versicherte Fielder.
Nachdem sie sich verabschiedet hatten, ließ er sich sofort von der Auskunft die Telefonnummer von Ellen Curran geben. Warum sollte er es nicht gleich bei ihr versuchen? Es war halb sieben am Abend, selbst wenn sie berufstätig war, bestand eine Chance, sie daheim anzutreffen.
Mrs. Curran hob nach dem siebten Klingeln ab und war völlig außer Atem. »Ich bin eben erst nach Hause gekommen«, sagte sie entschuldigend, nachdem Fielder sich vorgestellt hatte, und fügte dann alarmiert hinzu: »Scotland Yard? Ist etwas passiert?«
»Ja, leider«, sagte Fielder. Kurz berichtete er von der Ermordung Carla Roberts’, ließ aber zunächst unerwähnt, dass man es möglicherweise inzwischen mit einem Serientäter zu tun hatte. Ellen Curran reagierte vollkommen entsetzt. Sie hatte keine Ahnung gehabt.
»Das ist ja furchtbar! Um Gottes willen! Weiß man, wer das getan hat?«
»Wir tappen ziemlich im Dunkeln«, musste Fielder gestehen. »Die Ermittlung wird dadurch erschwert, dass Carla Roberts so völlig zurückgezogen von allen Menschen lebte, dass wir kaum Ansatzmöglichkeiten finden, uns überhaupt mit ihrem Leben vertraut zu machen. Geschweige denn, mögliche Feinde auszuloten. Zum Glück hat die Tochter heute Ihren Brief gefunden, als sie daranging, die Wohnung ihrer Mutter auszuräumen. Ihre Gruppe stellt einen der ganz wenigen Anhaltspunkte dar.«
»Ich kann es gar nicht fassen«, sagte Ellen. »Wirklich, wer sollte denn ausgerechnet Carla umbringen?«
» Ausgerechnet Carla? War sie so beliebt? Oder weshalb erscheint es Ihnen gerade bei ihr so abwegig?«
»Sie war nicht ungeheuer beliebt«, sagte Ellen, »aber auch keineswegs unbeliebt. Sie war ein Mensch, der oft übersehen wurde. Eine graue Maus. Sehr still, sehr bescheiden, sehr zurückhaltend. Aber immer hilfsbereit. Nein, ich kann mir nicht denken, dass jemand etwas gegen sie hatte.«
»Wie viele Frauen nahmen an der Gruppe teil?«, erkundigte sich Fielder.
»Fünf. Mit mir sechs.«
»Sie hatten die Gruppe ins Leben gerufen?«
»Mein Mann hat mich vor drei Jahren verlassen. Die klassische Geschichte, er hatte etwas Jüngeres gefunden. Ein Jahr lang dachte ich, dieses Drama würde mich umbringen. Dann beschloss ich, mich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen. Ich suchte mir einen Job und ich gründete einen Gesprächskreis für Frauen, denen es ähnlich ergangen war wie mir. Es hilft manchmal, mit anderen zu sprechen, die genau wissen, was man fühlt.«
»Das kann ich nachvollziehen. Sie haben die Gruppe demnach vor zwei Jahren gegründet? Und sind vor einem Dreivierteljahr weggezogen. Das heißt, das Ganze lief etwa über eineinviertel Jahre?«
»Ja.«
»War Carla Roberts von Anfang an dabei?«
»Nein. Anfangs hatten sich nur drei Frauen zusammengefunden. Carla schloss sich uns etwa nach einem halben Jahr an. Etwas später stieß dann die fünfte Frau dazu.«
»Wie hat Carla Roberts von Ihnen erfahren?«
»Nicht auf dem üblichen Weg. Ich
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