Beobachter
waren noch nass, sie hatte eine halbe Stunde lang in der Badewanne gelegen, um sich zu entspannen und wieder warm zu werden. Tara hatte eine Essenz in das Wasser gegeben, die nach Eukalyptus roch und vorbeugend gegen Erkältungen helfen sollte. Nachdem sie gehört hatte, dass ihre Freundin auf Strümpfen im Tiefschnee herumgelaufen war, hatte sie darauf bestanden.
»Kalte Füße sind gefährlich. Und eine Erkältung kannst du jetzt überhaupt nicht brauchen!«
Sie hatte geradezu erleichtert auf Gillians Anruf reagiert. Gillian hatte eine ganze Weile mit sich gerungen, aber ihr war niemand sonst eingefallen, zu dem sie flüchten konnte – außer John, und das würde neue Probleme mit sich bringen. Sie hatte noch stundenlang mit Luke Palm in ihrer Küche gesessen, verängstigt, fast panisch, zugleich vollkommen unsicher, ob sie nicht hysterisch auf etwas reagierte, das es nur in ihrer Einbildung gegeben hatte. Gegen neun Uhr hatte Palm schließlich gesagt, dass er nach Hause müsse, dass er aber nur gehen könne, wenn sich Gillian endlich entschließe, die Nacht nicht allein zu verbringen. Sie hatte begriffen, wie groß ihre Angst war und dass sie keine Minute mehr in ihrem Haus aushalten würde. Daher hatte sie Tara angerufen. Luke Palm hatte sie im Auto mit nach London genommen und direkt vor Taras Haustür abgesetzt. Seine Erleichterung war spürbar gewesen, aber gerade das verschärfte Gillians Angst. Hätte er sie behandelt wie eine überspannte Neurotikerin, die sich in verrückte Fantasien hineinsteigerte, wäre ihr leichter zumute gewesen. Aber Palm nahm die Geschehnisse des Abends ernst.
Vielleicht aber, dachte sie, ist das normal bei einem Mann, der eine grausam ermordete Frau in einem abgelegenen Haus im Wald aufgefunden hat. Luke Palms Blick auf die Realität war sicher inzwischen eine andere als in der Zeit, die vor all den Schrecken lag.
Tara hatte ihr Vorwürfe gemacht, weil sie nicht sofort die Polizei gerufen hatte. »Das wäre das einzig Richtige gewesen! Die müssen doch wissen, wenn so etwas passiert!«
»Tara, ich bin mir doch überhaupt nicht sicher, ob irgendetwas passiert ist. Ich dachte, ich hätte einen Schatten in der Küche gesehen. Aber ich kann mich auch getäuscht haben. Dieser Makler und ich haben das ganze Haus abgesucht. Da war niemand.«
»Und bei eurer Suche habt ihr vermutlich noch alle Spuren, die ein Experte von der Polizei vielleicht hätte finden können, gründlich zertrampelt. Das war nicht besonders schlau von dir, Gillian.«
»Ich kam mir so lächerlich vor«, sagte Gillian leise.
Gillian hatte auch abgewehrt, zumindest nachträglich die Polizei zu verständigen, wie es Tara vorschlug. »Nein. Die machen mir dann noch dieselben Vorwürfe wie du, Tara. Ich bin todmüde und total kaputt. Ich will mich jetzt nicht mit einem Beamten unterhalten und mir Vorhaltungen machen lassen. Ich kann einfach nicht mehr.«
Tara hatte nachgegeben. Sie hatte das Wasser in die Wanne gelassen und ihre Freundin hineinverfrachtet, dann Pizza bestellt und zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank geholt. Gillian war ihr dankbar, dass sie so unkompliziert reagierte. Es hatte kein echtes Zerwürfnis zwischen ihnen gegeben, aber ihre Affäre mit John hatte einen Missklang erzeugt, den sie beide noch nicht aus dem Weg geräumt hatten. Als sie nun im Wohnzimmer saßen und ihre Pizzas verzehrten, sagte Tara unvermittelt: »Gillian, ich wollte dir das die ganze Zeit schon sagen: Es tut mir leid, wie ich reagiert habe. Es war zu heftig, und ich habe mich viel zu sehr in deine Angelegenheiten gemischt. Ich war einfach erschrocken. Sexuelle Nötigung … das ist so ein Begriff, da zuckt man zusammen, und ich habe in dem Moment nicht verstanden, wieso du … egal. Ich habe dich damit vertrieben, und die ganze Zeit schon wollte ich dich anrufen und dir sagen, dass ich das wirklich bereue!«
»Na ja, jetzt hast du mich ja schon wieder bei dir«, sagte Gillian. »Du siehst, wirklich losgeworden bist du mich nicht.«
»Gott sei Dank. Meine Wohnung steht dir immer offen.«
»Ich hatte solche Angst plötzlich. Ich meine, einerseits komme ich mir albern vor. Andererseits hat mich auch die Polizei gewarnt. Wer immer Tom ermordet hat – er könnte mich gemeint haben und es wieder versuchen. Hältst du das für absurd?«
Tara ließ das Pizzastück, in das sie gerade beißen wollte, sinken. »Nein. Ich wünschte, ich hielte es für absurd. Mir wäre dann wesentlich wohler.«
»Aber …«
Tara schob ihren
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