Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
Vom Netzwerk:
nichts anderes einfallen würde, als Samson bei sich zu behalten und zu hoffen, dass man bei der Polizei nicht auf die Idee kam, ihm einen Besuch abzustatten. Samson konnte nicht nach Hause zu Bruder und Schwägerin zurück, und in den Wohnwagen würden ihn keine zehn Pferde mehr bringen, das war spürbar.
    Er klebt an mir, bis die den Täter haben.
    Er fragte sich, ob das irgendwann der Fall sein würde. Wie er von Kate Linville wusste, waren Fielder und sein Team ebenfalls an Liza Stanford dran – aber würde es ihnen gelingen, sie aufzustöbern? Und wie lange würde es dauern?
    Sein Entschluss, sich aus der ganzen Geschichte herauszuziehen, geriet schon wieder ins Wanken. Vielleicht litt er an maßloser Selbstüberschätzung, vielleicht hing es auch mit seiner Abneigung gegenüber Inspector Fielder zusammen, aber er hatte das Gefühl, dass es ihm eher gelingen würde, das hoffnungslos wuchernde Dickicht dieses Falls zu durchdringen als der Polizei. Die Frage war nur, ob er Lust dazu hatte.
    Vielleicht spielte seine Lust aber auch schon gar keine Rolle mehr. Vielleicht zwang ihn einfach die Tatsache, dass er sich auf Samson Segal eingelassen hatte, zum nächsten Zug.
    »Ich habe schon überlegt, ob ich mich der Polizei stelle«, sagte Samson. »Dann wäre wenigstens alles vorbei. Es ist furchtbar, auf der Flucht zu sein. Sich verstecken zu müssen. Ohne dass ein Ende in Sicht wäre. Manchmal möchte ich nur noch aufgeben.«
    »Bitte tun Sie das vorerst nicht. Ich hänge mit drin, vergessen Sie das nicht!«
    »Ich würde niemandem sagen, dass Sie mir geholfen haben«, beteuerte Samson sofort.
    John schüttelte den Kopf. Samson Segal hatte keinen blassen Schimmer von der Raffinesse und Hartnäckigkeit, mit der Verhöre geführt wurden, wenn der Beamte einigermaßen geschickt und erfahren war. Samson würde sich in Windeseile in Widersprüche verwickeln und letztlich alles haarklein und genau erzählen.
    »Ich bin unter Umständen an etwas dran …«, begann John.
    Sofort erwachte ein Ausdruck der Hoffnung in Samsons Augen. »Ja?«
    John winkte ab. »Freuen Sie sich nicht zu früh. Keine Ahnung, wohin das führt. Auf jeden Fall ist Bewegung in die ganze Geschichte gekommen. Auch auf Seiten der Polizei. Man hat sich dort längst nicht mehr nur auf Sie als einzig möglichen Täter eingeschossen.«
    »Aber dann …«
    »Ich würde an Ihrer Stelle noch nicht aus der Deckung kommen. Wie gesagt, jene neue Spur kann sich als völlig irrelevant erweisen. Außerdem haben Sie sich so oder so strafbar gemacht, indem Sie sich einer Vernehmung durch die Polizei entzogen haben.«
    »Aber das ist nicht dasselbe, als wenn man wegen dreifachen Mordes angeklagt wird«, sagte Samson.
    Dem konnte John nicht widersprechen. »Stimmt.«
    Ihm wurde klar, dass er morgen nun doch noch einen Versuch starten würde. Finley Stanford hatte Klavierstunde. Irgendwo in der Nähe der Hampstead-Tube-Station. Die Gegend würde zumindest leichter und unauffälliger zu bewachen sein als das weitläufige und unübersichtliche Schulgelände.
    »Also, heute Nacht bleiben Sie jedenfalls hier«, sagte er. »Irgendwo muss ich noch einen Schlafsack haben, den können Sie bekommen. Und dann sehen wir, wie sich die Dinge entwickeln.«
    Intensiver denn je sagte ihm seine Intuition, dass die gesuchte Liza Stanford der Schlüssel sein würde. Dass ein Zusammentreffen mit ihr Licht ins Dunkel bringen und alles verändern würde. Auch für den unglückseligen Samson Segal.
    John trank den letzten Schluck Tee. Es ging ihm besser. Er fror nicht mehr so entsetzlich. Es war erstaunlich, wie viel das ausmachte.
    »Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht«, sagte er, »aber ich habe fürchterlichen Hunger. Da wir die Öffentlichkeit meiden sollten, scheidet mein Stammlokal am Ende der Straße aus. Ich werde jedem von uns eine Pizza bestellen. Einverstanden?«
    »Ich habe auch furchtbaren Hunger«, bekannte Samson. »Ich habe seit gestern Mittag nichts mehr gegessen.«
    »Dann wird es Zeit.« John sprang auf die Füße. »Welche Pizza mögen Sie am liebsten?«
    Zum ersten Mal, seit er Samson kennengelernt hatte, lächelte dieser freudig.
    »Hawaii«, sagte er.
    4
    Als der Pizzabote klingelte, war es nach elf Uhr. Er brachte Kälte und den Geruch von Schnee ins Treppenhaus. Tara nahm die beiden heißen Pappschachteln in Empfang, zahlte und kehrte ins Wohnzimmer zurück, wo Gillian auf dem Sofa saß, in Schlafanzug und Bademantel und mit dicken Wollsocken an den Füßen. Ihre Haare

Weitere Kostenlose Bücher