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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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in der Hoffnung, dass ihr niemand auf die Schliche kam. Sie konnte jedem erzählen, dass sich Gillian auf den Weg in ein Hotel gemacht und dass sie nichts mehr von ihr gehört hatte. Sie konnte Gillian die Kehle durchschneiden. Sie konnte sie erschießen. Sie konnte sie im Grunde aber auch einfach in der Hütte zurücklassen und Fenster und Türen wieder verrammeln. Es würde nicht allzu lange dauern, bis sie verhungert und erfroren wäre. In dieses Waldstück kam wahrscheinlich alle Lichtjahre einmal ein Mensch, also würde niemand ihre Schreie hören. Es würde sie wahrscheinlich nicht einmal jemand finden, wenn sie schon tot war. Taras Plan, sie nicht in London oder Thorpe Bay zu töten, ginge damit auf: ohne Leiche kein Mord. Selbst wenn man sie verdächtigte, würde man ihr nichts nachweisen können.
    Sie musste über Flucht nachdenken, denn darin bestand ihre einzige, winzige Chance. Irgendwo musste sich die nächste menschliche Siedlung befinden, auch wenn es draußen so ausgesehen hatte, als seien sie allein auf der Welt. Vielleicht gelang es ihr auch, in den Besitz des Autoschlüssels zu kommen und irgendwie den Weg zurück zum Auto wiederzufinden. Der Autoschlüssel lag neben dem Schlüssel zur Hütte auf dem unbrauchbaren Ofen. Er war Tara aus der Tasche gefallen, als sie die Flasche mit dem kläglichen Rest an Mineralwasser herauszog, und sie hatte ihn fast gedankenverloren, wie es schien, auf den Ofen gelegt. Da sie aber direkt davorstand, mit dem Rücken gegen die eiserne Tür gelehnt, gab es keine Möglichkeit für Gillian, auch nur in seine Nähe zu gelangen.
    Tara hielt beide Arme eng um ihren Körper geschlungen. Sie fror auch und wirkte plötzlich sehr ermattet.
    »Wir waren früher nie im Winter hier«, sagte sie, und es klang fast entschuldigend. »Meist kamen wir zum ersten Mal im Jahr an Ostern in die Hütte. Dann den Sommer über. Und spätestens Mitte Oktober war Schluss. Da waren die Nächte dann schon ziemlich kalt, oft regnete es, und man konnte sich nicht mehr im Freien aufhalten. Die Landschaft ist herrlich hier. Unberührte Natur, so weit man nur schauen kann!«
    »Wir sind aber in der Nähe von Manchester?«, fragte Gillian.
    Tara nickte. »Im Dark Peak. Dem nördlichen Teil des Nationalparks.«
    Gillian seufzte mutlos. Der Peak District teilte sich in den Dark Peak im Norden und den White Peak im Süden, wie sie wusste. Der White Peak war vergleichsweise dicht besiedelt, während der Dark Peak vorwiegend aus Hochmooren bestand, die sich meilenweit ausdehnten, ohne dass man auf eine menschliche Niederlassung stieß. Wanderer suchten manchmal diese Einsamkeit, aber sicher nicht zu dieser Jahreszeit. Sie befanden sich am Ende der Welt.
    »Gehört das Land deiner Familie?«, fragte sie, um das Gespräch weiterzuführen.
    Tara lächelte ironisch. »Meine Güte! Meine Familie hatte nie viel Geld, wirklich nicht. Mein Vater besaß eine Fahrradwerkstatt, und er verkaufte auch gebrauchte Räder, die er wieder gut in Schuss gebracht hatte. Damit hielt er uns ganz ordentlich über Wasser, aber ein Stück Land … das wäre nie drin gewesen!«
    »Aber …«
    »Ja, die Hütte ist sozusagen illegal erbaut. Das Land hier gehört niemandem, und zum Glück hat sich nie jemand darum geschert. Meine Eltern kamen irgendwann einmal während einer Wanderung hierher, das war noch vor meiner Geburt, und mein Vater sagte zu meiner Mutter, hier würde er ihr ein Blockhaus bauen. Was er dann auch tat.« Sie sah sich um. Ein zärtlicher Ausdruck lag auf ihrem Gesicht. »Es war wirklich schön. Wir haben hier wunderbare Wochenenden verbracht. Mein Vater hat viel mit mir unternommen. Baumhäuser gebaut und Wildblumensammlungen angelegt, er hat mit mir Indianer gespielt und mir gezeigt, wie man Fährten im Wald legt. Mein Vater hat mir viel Kraft gegeben. Für mein ganzes Leben.«
    »Es muss dich sehr getroffen haben, als er so früh starb«, sagte Gillian. Unauffällig bewegte sie hinter ihrem Rücken die Hände. Sie hatte den Eindruck, als habe sich das Klebeband um ihre Handgelenke ein wenig gelockert. Noch lange nicht so, dass sie sich hätte befreien können, aber mit viel Geduld konnte es ihr womöglich gelingen, irgendwann die Hände herauszuziehen. Sie musste nur äußerst vorsichtig sein. Keine ruckartigen Bewegungen. Tara durfte nichts merken.
    »Ein Herzinfarkt«, sagte Tara. Es war, als senke sich ein Schatten über ihr Gesicht. Gillian konnte fast physisch den Schmerz und die Trauer spüren, die noch

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