Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
Vom Netzwerk:
konnte in die Fahrradwerkstatt meines Vaters einsteigen, die immer recht gut gelaufen war. An meiner Mutter selbst war er überhaupt nicht interessiert, entgegen allem, was er vor der Eheschließung geheuchelt hatte. Sie ließ ihn einfach völlig kalt. Manchmal habe ich gehört, wie sie ihn geradezu anflehte, sie in die Arme zu nehmen. Sie wollte ständig mit ihm schlafen, und er erfand ständig Ausreden. Er hatte einfach keinen Bock auf sie.«
    »Warum nicht?«, fragte Gillian. »Sie war jung und hübsch …«
    »Er stand nicht auf Frauen«, unterbrach Tara. »Kapiert?«
    »Oh«, sagte Gillian. »Aber … Ende der Siebzigerjahre konnte ein homosexueller Mann doch schon mit einiger Offenheit … Ich meine, ohne sich mit einer Ehe zu tarnen …«
    Wieder wurde sie unterbrochen.
    »Er stand auch nicht auf Männer«, erklärte Tara. Zufrieden betrachtete sie das Blut, das jetzt warm und hell über ihre Hand lief.
    »Er stand auf kleine Mädchen«, sagte sie.
    5
    Zum Glück war die M1 hinauf in den Norden weitgehend schneefrei und gut befahrbar. Sie kamen zügig vorwärts. Der Tag schritt voran und bald würde es dunkel werden, und John wollte Manchester am frühen Abend erreichen. Über die Auskunft hatte er zwei Lucy Caines in Manchester ausfindig gemacht. Der Doppelname fehlte, dennoch war er überzeugt, dass es sich bei einer der beiden um Taras Mutter handeln musste. Zwei Adressen. Das ließ sich bewältigen.
    Neben ihm auf dem Beifahrersitz saß ein nervöser Samson Segal, erleichtert, dass er mitfahren durfte, und zugleich angstvoll aufgeregt, weil er keine Ahnung hatte, wie das alles ausgehen würde. Nach dem wenig erfreulichen Gespräch mit Christy McMarrow im Yard war John sofort zurück in seine Wohnung gefahren, um rasch zu duschen, die Adresse von Lucy Caine ausfindig zu machen und dann nach Manchester aufzubrechen. Es konnte sein, dass er völlig danebenlag, aber da Manchester sein einziger Anhaltspunkt war, beschloss er, sich an ihm festzuhalten. Tara Caine war dort aufgewachsen. Vielleicht kannte sie noch aus ihrer Kindheit Rückzugsmöglichkeiten in Manchester und dem Umland. Wenn sie es tatsächlich schon lange auf Gillian abgesehen hatte, überdies aber nun vielleicht auch wusste, dass man ihr auf der Spur war, suchte sie womöglich einen Platz auf, an dem sie sich zunächst in Sicherheit fühlte.
    Samson hatte voller Spannung auf ihn gewartet und ihn sofort mit Fragen bestürmen wollen, aber John hatte ihm sogleich das Wort abgeschnitten. »Haben Sie bei Gillian angerufen? Und eine Warnung für sie auf dem Anrufbeantworter hinterlassen?«
    Samson war blass geworden. »Ja …«
    »Das war leichtfertig, Samson. Ziemlich leichtfertig. Gillian und Staatsanwältin Caine sind verschwunden. Staatsanwältin Caine ist aber möglicherweise gestern in Thorpe Bay gewesen, und wenn, dann wahrscheinlich mit Gillian zusammen. Es ist nur zu hoffen, dass Caine nichts von Ihrer Nachricht mitbekommen hat. Sonst könnte das den Schlamassel, in dem Gillian steckt, noch verschärft haben.«
    »Warum?«, fragte Samson entsetzt.
    John ärgerte sich. Er hätte Segal nicht allein lassen dürfen. Der Mann hatte ein ausgeprägtes Talent, im falschen Moment das Falsche zu tun.
    »Falls Tara Caine wirklich gefährlich ist, und leider müssen wir das mittlerweile annehmen, waren Gillians Chancen, heil aus der Sache rauszukommen, größer, solange Caine davon ausgehen durfte, dass Gillian keine Ahnung hat. Sowie Gillian misstrauisch wird, stellt sie für Caine eine Gefahr dar.«
    »Ich wollte sie warnen. Ich dachte …«
    »Aber das können Sie nicht über einen Anrufbeantworter tun. Sie haben doch keine Ahnung, wer den abhört.«
    Samson hatte ausgesehen, als versinke er in einer schweren Depression. »Ich mache einfach alles falsch!«
    In der Tat , hätte John ihm gerne beigepflichtet, aber er verschluckte den Satz. Es brachte nichts, Samson das Herz zusätzlich schwer zu machen.
    Als John ankündigte, er werde für zwei Tage fort sein – mindestens, wie er hinzufügte –, ging ein Ruck durch Samsons Körper. »Ich komme mit!«
    »Nein. Sie warten hier.«
    »Ich möchte mit. Bitte. Ich tue nichts, was ich nicht mit Ihnen abstimme. Aber ich kann hier nicht warten. Ich werde verrückt!«
    John hatte gezögert, dann aber zugestimmt. Samson konnte weniger Unfug anrichten, wenn er ihn unter seiner Kontrolle hatte. Zudem ergaben sich vielleicht Situationen, in denen es gut war, eine zweite Person bei sich zu haben.
    »Okay. Aber Sie

Weitere Kostenlose Bücher