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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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geendet hatten. Man spießte ein Würstchen auf einen selbst zurechtgeschnitzten Stecken und hielt es über die Flammen, man öffnete die mitgebrachten Plastikdosen mit Kartoffelsalat und die Trinkflaschen mit Apfelsaft. Und alle amüsierten sich und genossen den Tag, nur Samson hatte immer das Ende herbeigesehnt. Weil er inmitten all der fröhlichen Menschen isoliert gewesen war. Allein mit dem von seiner Mutter liebevoll gepackten Rucksack dasaß. An der Art, wie sie ihn für einen Klassenausflug ausstaffiert hatte, hatte Samson immer gemerkt, wie sehr ihn seine Mutter liebte und wie innig sie wünschte, er möge eine schöne Zeit haben. Aber ihre Macht war immer schwächer geworden. Als er ein kleines Kind gewesen war, hatte sie die anderen Kinder noch verdonnern können, sich um ihn zu kümmern. Spätestens als er in die weiterführende Schule kam, funktionierte das nicht mehr. Als er ein pickliger Teenager wurde, schon überhaupt nicht mehr. Und mit den Mädchen konnte sie ihm kein bisschen helfen.
    Er setzte sich auf eine Bank. Jazz kauerte sich zu seinen Füßen hin. Der Nebel umhüllte sie von allen Seiten, nahm ihnen die Sicht. Das Meer war irgendwo in diesen dicken, nassen Schleiern verschwunden.
    Samson dachte an Gillian Ward.
    Eigentlich dachte er seit einiger Zeit nur noch an Gillian Ward, und zwar in einer Weise, wie sich das gegenüber einer verheirateten Frau absolut nicht gehörte. Am Vortag war er um ihr Haus geschlichen. Er hatte ihre Freundin kommen und gehen sehen und dabei auch jeweils einen Blick auf Gillian selbst erhascht. Inzwischen investierte er fast seine gesamte Zeit nur noch in Gillian.
    »Ich würde mich nie um sie als Frau bemühen«, sagte er zu Jazz, »denn sie ist verheiratet und hat ein Kind. Die Wards sind eine Bilderbuchfamilie. Eine solche Familie darf man nicht zerstören.«
    Jazz legte den Kopf schief in dem Bemühen, zu verstehen, was Samson ihm mitteilen wollte.
    Eine Bilderbuchfamilie …
    Samson war fast zu Tode erschrocken, als er Gillian am Freitagabend hatte ins Halfway House hineinkommen sehen. Wieso ging sie dorthin? Ohne ihre Familie? Und wer war der Mann, der sie begleitete? Samson kannte ihn nicht, hatte ihn nie zuvor in der Nähe der Familie Ward gesehen. Er konnte den Kerl auf den ersten Blick nicht ausstehen. Wobei er versuchte, seine Abneigung einigermaßen objektiv zu analysieren. War er einfach eifersüchtig? Oder ging der Neid mit ihm durch, denn dass es sich bei Gillians Begleiter um einen Mann handelte, der nur mit den Fingern schnippen musste, um jede Frau in sein Bett zu bekommen, die er wollte, war auf den allerersten Blick ersichtlich. Oder ging tatsächlich etwas von ihm aus, das Samson zu Recht argwöhnisch werden ließ? Etwas Unlauteres, Unsauberes? Etwas Unaufrichtiges? So hätte Samson den Mann bezeichnet, aber er wollte ihm nicht Unrecht tun. Er ging mit der Frau in ein Pub, mit der er gar zu gern selbst ausgegangen wäre – zumindest in seiner Fantasie. Was die Realität anging, starb er tausend Tode allein bei der Vorstellung. Denn mit ihr an einem Tisch zu sitzen, zu plaudern, ein Glas Wein zu trinken, das ginge nicht, ohne dass sie merkte, wie armselig er war. Dass er weder unterhaltsam noch witzig noch anregend sein konnte. Dass er häufig über seine eigene Zunge stolperte, stotterte und jede Pointe – sollte er überhaupt in die Nähe einer solchen kommen – vermasselte. Er hatte bei etlichen Frauen bemerkt, wie sie unauffällig auf ihre Uhren zu schielen und mehr oder weniger erfolgreich ein Gähnen zu unterdrücken versucht hatten, wenn sie mit ihm zusammensaßen. Es hatte ihm den Schweiß auf die Stirn getrieben und Verzweiflung in ihm ausgelöst. Bei Gillian durfte ihm das nicht passieren. Er hatte die Ahnung, dass ihn dies dann über Selbstmord würde nachdenken lassen.
    Also musste er sich zunächst das Frauchen von Jazz vornehmen. Mal sehen, ob etwas daraus wurde. Wenn es nur nicht so lange dauern würde! Er schaute auf die Uhr. Neun Uhr am Morgen. Vor Einbruch der Dunkelheit wollte er bei ihr nicht aufkreuzen.
    Er verfluchte seine Idee. Bei der am Ende vermutlich ohnehin nichts herauskam.
    2
    Millie hatte um zwölf Uhr Dienstschluss und machte sich sofort auf den Heimweg. Sie blieb nie eine Sekunde länger in dem Pflegeheim, in dem sie arbeitete, als sie unbedingt musste. Sie konnte den Geruch dort kaum ertragen. Den Anblick der alten, gebrechlichen Menschen. Die unzusammenhängenden Sätze, das sinnlose Geplapper der

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