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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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dass es ihm nie gelang, eine Frau zu erobern. Abgesehen von seiner Art, seiner Schüchternheit und seiner Neigung zum Stottern und Erröten, lag es auch einfach an seiner Kleidung. Er sah aus wie ein kleiner Junge. Es hätte Millie nicht erstaunt zu erfahren, dass die meisten seiner Kleidungsstücke ihm noch von seiner Mutter gekauft oder geschneidert worden waren.
    Was sie jedoch am meisten interessierte, war der Computer, der auf dem Schreibtisch stand. Samson hatte ihn sich gekauft, als er noch für den Limousinenservice arbeitete und gar nicht so schlecht verdiente. Flachbildschirm, noch dazu ein ziemlich großer. Der Computer war das Einzige, was diesem altmodischen Zimmer einen kleinen modernen Anstrich verlieh.
    Samson saß täglich Stunden an dem Computer. Es war Millie nie gelungen, herauszufinden, was er dabei genau tat. Ein paar Mal war sie überraschend und ohne anzuklopfen hineingekommen, aber sie hatte festgestellt, dass er zumindest dann ausgesprochen reaktionsschnell sein konnte: Womit auch immer er sich beschäftigte, er hatte es jedes Mal weggeklickt, noch ehe Millie etwas hatte erkennen können.
    Sie wusste, dass es unmöglich war, was sie tat, aber sie beschwichtigte sich damit, dass es wichtig für Gavin und sie war, herauszufinden, womit sich Samson die Zeit vertrieb. Schließlich lebten sie mit ihm unter einem Dach. Man durfte nicht leichtsinnig sein. Vielleicht surfte er auf Internetseiten herum, die Kinderpornografie anboten. Sie und Gavin wollten irgendwann auch ein Kind haben. Es war ihre Pflicht, diese Gefahr abzuklären.
    Sie schaltete den Computer an, vernahm das leise Rauschen, mit dem er hochfuhr. Ein rascher Blick aus dem Fenster, immer noch keine Spur von Samson. Der Bildschirm wurde blau. Wie sie gefürchtet hatte, fragte ein geöffnetes Fenster nach einem Passwort.
    Klar, ganz blöd war er nicht. Millie überlegte hektisch. Die meisten Leute benutzten als Passwort die Namen von Personen, die ihnen nahestanden. Kinder, Ehepartner, Haustiere. Unglücklicherweise gab es in Samsons Leben nichts dergleichen. Sein einziger lebender Verwandter war sein Bruder. Probehalber gab sie Gavin ein, aber der Computer reagierte nicht.
    Meinen Namen wird er kaum verwendet haben, dachte sie, verdammt, wen kennt er denn noch?
    Bei einer derart kontaktgestörten Persönlichkeit wie der ihres Schwagers war das eine ausgesprochen schwierige Frage. Auf der anderen Seite schränkte das auch die Zahl der möglichen Personen erheblich ein.
    Es gab da diesen Freund aus der Zeit des Limousinenservice, mit dem er sich freitags manchmal in dem Pub am Fluss traf. Wie hieß der noch gleich? Bartek. Sie tippte Bartek ein, aber wieder geschah nichts. Fehlanzeige.
    Sie mochte jetzt nicht aufgeben. Es war das erste Mal, dass sie sich so weit vorgewagt hatte. Bis an seinen Schreibtisch. Bis hin zu einem direkten Zugriff auf seinen Computer. Sie musste nachdenken. Sie musste logisch vorgehen. Wenn er nicht ein Fantasiewort benutzte oder irgendeine Zahlenkombination, müsste es ihr möglich sein, hinter seine verflixte Absicherung zu kommen.
    Sie schaute sich im Zimmer um, als könnten ihr die weißen Wände, der saubere graue Teppichboden irgendeinen Hinweis geben. Der Kleiderschrank, gefüllt mit den Pullovern, die Mum gestrickt hatte. Die Vorhänge am Fenster, die Mum genäht hatte. Die Abenteuerbücher im Regal, die Mum gekauft hatte und die er nicht wegwarf, obwohl er solches Zeug längst nicht mehr las. Das war es, was das Zimmer erzählte: von der gewaltigen Liebe zwischen Samson und seiner Mutter. Einer Liebe, die ihren Tod überdauert hatte. Es erzählte von der grenzenlosen Fürsorge einer Frau gegenüber ihrem schwierigen, leidgeprüften Kind. Und von dem Schmerz, den das Kind bis heute in sich trug, weil es die einzige Bezugsperson in seinem Leben verloren hatte.
    Der Vorname von Millies Schwiegermutter war Hannah .
    Sie tippte den Namen ein. Mit einer melodischen Tonfolge öffnete sich der Computer.
    »Was, um Himmels willen, tust du denn da?«, fragte eine Stimme hinter ihr.
    Millie fuhr herum. Gavin stand in der geöffneten Tür und sah sie entsetzt an.
    Sie schaltete sofort den Computer aus und stand auf. Da sie immer nach dem Grundsatz vorging, dass Angriff die beste Verteidigung ist, fuhr sie ihn an: »Musst du dich so anschleichen?«
    »Wie kannst du im Computer meines Bruders stöbern?«, fragte Gavin verstört.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Im Interesse unserer Sicherheit hielt ich es für

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