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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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damals plötzlich befunden hatte. »Sie war wie von Sinnen. Drohte, unser Verhältnis im ganzen Yard bekannt zu machen, wenn ich mich nicht für sie einsetzte. Ich konnte ihrem Wunsch trotzdem nicht entsprechen. Ich hatte ganz einfach nicht die Möglichkeit.«
    »Und wie kam es zu der Nötigung?«
    »Es hat keine Nötigung gegeben«, stellte John klar. »Ich wollte schließlich das Verhältnis beenden. Es hatte ja auch einfach keinen Sinn mehr. Unglücklicherweise war ich blöd genug …« Er sprach nicht weiter.
    »Was?«, fragte Gillian.
    »Ich war blöd genug, noch einmal mit ihr zu schlafen. Während ich eigentlich gerade mit ihr Schluss machte. Es war eine verworrene Situation, ich weiß auch nicht, wieso ich das tat.«
    »Vermutlich weil sie eine ganz schön aufregende junge Frau war«, meinte Gillian sachlich.
    Er seufzte. »Ja. Da hast du recht. Auf jeden Fall begriff sie dann, dass das nichts ändern würde. Dass es trotzdem zwischen uns zu Ende war. Und da wurde sie völlig hysterisch. Behauptete auf einmal, diesen letzten sexuellen Verkehr nicht gewollt zu haben. Schrie Vergewaltigung und rannte zu meinem Vorgesetzten. Es kam zu einem Ermittlungsverfahren. Der Fall ging schließlich sogar an die Staatsanwaltschaft.«
    »Und du hast ziemlich in der Tinte gesessen!«
    »Das kann man wohl sagen. Dass wir Geschlechtsverkehr hatten, war leicht nachzuweisen, aber das habe ich ja auch gar nicht abgestritten. Ich blieb nur dabei, dass alles einvernehmlich geschehen sei. Sie hatte sich selbst Verletzungen zugefügt und verhielt sich genauso, wie man sich eine traumatisierte Frau vorstellt. Dazu kam, dass ich ja in der Zeit ihres Praktikums sozusagen ihr Chef war. Ich hatte mich nicht strafbar gemacht, indem ich etwas mit ihr anfing, aber ich hatte gegen jede Menge ungeschriebener Gesetze verstoßen. Ich wurde vorübergehend vom Dienst suspendiert.«
    »Aber du konntest deine Unschuld beweisen?«
    »Nein. Beweisen kann man das in Geschichten wie dieser nicht. Zum Glück gab es mehrere medizinische Gutachten, in denen die zahlreichen Verletzungen an ihrem Körper mit größter Skepsis bedacht wurden. Es hieß dort, dass sie sich einige davon mit Sicherheit, die übrigen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit selbst zugefügt hatte. Außerdem hatte sie sich in etliche Widersprüche verwickelt. Der Fall konnte die Beweisprüfung des zuständigen Staatsanwalts nicht passieren. Es kam nicht zur Anklageerhebung.«
    »Trotzdem musstest du gehen?«
    »Ich hätte bleiben können. Aber eines war klar: Für all das musste ich die Verantwortung übernehmen. Ich hätte nie ein Verhältnis mit ihr anfangen dürfen. Der Fehler, die Schuld lag bei mir. Ich habe dann ziemlich schnell meinen Dienst quittiert. Ich wusste, die Geschichte würde mir für immer und ewig anhängen. Und ich hatte das alles plötzlich so satt. Die Heuchelei meiner Kollegen, die mitleidigen oder auch schadenfrohen Blicke, das Getuschel … Ich wollte raus und ich ging, und bis heute bin ich froh über diese Entscheidung.«
    »Bist du das wirklich?«
    »Definitiv – ja! Ich habe dann diesen Gebäude- und Personenschutzdienst gegründet, ich bin selbstständig, ich bin mein eigener Herr, und es ist genau die Art, wie ich leben möchte. Ich bin nicht dazu geschaffen, mich in einer Hierarchie, in der es von Intrigen, Bevorzugungen und jeder Menge Speichelleckern nur so wimmelt, nach oben zu dienen. Ich habe das spät erkannt, aber zum Glück nicht zu spät.«
    Sie musterte ihn aufmerksam, fragte sich, ob er wirklich fühlte, was er sagte, oder ob er sich die Dinge zurechtredete, um sie besser ertragen zu können.
    »Warum bist du überhaupt zur Polizei gegangen?«, fragte sie.
    »Idealismus«, sagte er. »Ich wollte die Guten beschützen und die Bösen verfolgen. Das war es wohl am Anfang. Man verliert natürlich viel von dieser Einstellung, wenn man dem Beruf dann tatsächlich nachgeht, aber das ist wahrscheinlich immer so. In den meisten Berufen, meine ich.«
    »Die Kinder, die du trainierst …«
    Jetzt lachte er. »Na gut. Das sind die Reste des Idealismus. Ich bin der festen Überzeugung, dass es gelingen muss, Kinder und Jugendliche von der Straße zu holen, sie vom Herumgammeln abzuhalten und ihre Energien in sinnvolle Bahnen zu lenken. Es ist ihre Langeweile, ihr sinnloses Treiben durch den Tag, das sie anfällig macht für alles, was schlecht ist: Drogen, Gewalt und für die Unfähigkeit, irgendetwas in ihrem Leben zielgerichtet und mit ganzem Einsatz zu

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