Beraubt: Roman
schlimmer gemacht hatte, verbrannte ihm die trockene Luft von New South Wales die Lunge. Er sah sich gezwungen, oft stehen zu bleiben, um zu husten und zu verschnaufen. Das Mädchen ächzte vor Anstrengung, blieb mit ihrem schmutzigen Kleid hängen. Sie kämpften sich weiter.
Quinn hatte hier früher jede Schlucht und jede Erhebung gekannt, doch die Pfade, die sie ihn entlangführte, kamen ihm vor, als gehörten sie zu einer ganz anderen Gegend. Er versuchte, einen Baum oder einen anderen Punkt zu entdecken, an dem er sich orientieren konnte, doch es gab nichts, das er kannte, und er war zu erschöpft und zu ängstlich, um klar denken zu können. Die Landschaft bot dem Blick nur wenig. Es gab nur die zerlumpten Regimenter der Bäume, deren Rinde sich stellenweise von den Stämmen löste und deren seltsam gewachsene Zweige in die Luft griffen. Am Himmel kreischten Kakadus.
So gingen sie über eine Stunde lang weiter, dann hielten sie an. Die Hütte, zu der ihn das Mädchen führte, war so dicht mit Efeu bedeckt und von Kletterpflanzen überwuchert, dass Quinn sie erst bemerkte, als er direkt davorstand.
Keuchend und schwitzend blickte er auf. »Wo zum Teufel sind wir?«
Durch das Laub sah er, dass die Hütte eine Bruchbude war. Das Mädchen entriss ihm die Tasche, betrat die verfallene Veranda und ging hinein. Quinn stand vorgebeugt da, die Hände auf den Knien. Nach ein paar Minuten folgte er ihr. Was blieb ihm anderes übrig?
Trotz des sonnigen Wetters war das Innere der Hütte dunkel und karg, hier und da von einem Lichtsplitter durchbohrt. Es gab eine Küche und ein weiteres Zimmer. Skelettartige Zweige scharrten an der Hüttenwand. An den Fußleisten und auf den wenigen verstreuten Gegenständen hatte sich Staub gesammelt. Ein schmutziges Regal mit leeren Flaschen und Gläsern, leere Konservendosen, in einer Ecke ein Haufen Schutt und Ziegelsteine und der unverkennbare Gestank von tierischem Kot. An der Wand hing ein verblasster, aus einer Zeitschrift oder einem Jahrbuch herausgerissener Druck. Apfelschalen, aufgehäufte Hühnerknochen und andere Speisereste lagen auf dem Boden verstreut. Quinn hatte in den Jahren seiner Abwesenheit manchen seltsamen Anblick erlebt, doch dieses Haus erinnerte ihn daran, dass es auf der Welt von sonderbaren, erstaunlichen Orten wimmelte. Es bestand kein Zweifel, dass das Mädchen hier allein wohnte.
Er schüttelte seinen Mantel ab und lehnte sich an den Türrahmen. Eine Fliege summte vor seinen Augen herum. Er knöpfte seine schmutzige Uniformjacke auf und wurde von einem stechenden Krampf im Bauch übermannt. Er hatte das Gefühl, als hätte er Glasscherben verschluckt. Prustend und stöhnend krümmte er sich und sank auf den morschen Fußboden. Das Mädchen verschwand und kehrte kurz darauf mit einem Blechbecher zurück, den sie ihm in die Hand drückte.
Quinn nahm den Becher. Das Wasser schmeckte schimmelig, linderte aber den Schmerz in seiner Kehle. Er dankte ihr, diesem Mädchen, das manchmal kindlich war und in anderen Augenblicken vorzeitig erwachsen wirkte. An ihrer Oberlippe klebten Schweißperlen, die sie mit dem Handrücken wegwischte.
Als er sich erholt hatte, rappelte Quinn sich auf und öffnete die restlichen Knöpfe seiner Uniformjacke. Das Mädchen teilte ihm mit, dass er in der Küche schlafen könne. Er solle sich aus seinem Mantel ein Bett bereiten, sagte sie und fügte hinzu, dass niemand sie finden könne, weil kein Mensch je hier heraufkäme, und wenn doch, so würde er die Hütte nicht entdecken. »Das ist ein absolutes Geheimnis«, erklärte sie.
Quinn schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht hierbleiben. Ich weiß nicht, vielleicht nur diese Nacht.«
»Wie meinst du das? Warum kannst du nicht bleiben?«
»Es geht nicht.«
Das Mädchen murmelte irgendwas.
»Was?«
»Wo willst du denn sonst hin?«
Er konnte nicht klar denken. »Keine Ahnung. Ich übernachte draußen oder suche mir ein Zimmer.«
Sie lachte. »Wie meinst du das? Du kannst nicht nach Flint zurück. Und du kannst nicht draußen übernachten, weil dich dann Mr. Dalton findet.«
»Dann verlasse ich eben die Stadt. Ich kann jedenfalls nicht hierbleiben.«
»Du kannst nicht weggehen.«
»Warum nicht?«
»Wieso bist du denn hergekommen? Was ist mit deiner Mutter?«
Quinn zögerte. »Ja. Ich muss näher bei ihr sein. Sie ist sehr krank. Wie komme ich von hier nach Flint?«
»Ich zeige dir einen versteckten Weg. Da wird dich niemand sehen. Ich bringe dich morgen hin.«
»Kannst du
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