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Beraubt: Roman

Beraubt: Roman

Titel: Beraubt: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Womersley Chris , Thomas Gunkel
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so sein wie früher.«
    Alles soll wieder so sein wie früher . Quinn wusste, was sie meinte.
    Sadie sagte irgendwas Unverständliches.
    »Was?«, fragte er.
    »Bleibst du hier?«
    »In Flint?«
    »Ich meine bei mir.«
    Er setzte sich wieder. »Ich bin mir nicht sicher, ob es richtig war zurückzukommen. Ich weiß nicht, was das bringen soll. Ich kann meiner Mutter nicht sagen, wer es getan hat. Sie ist schon so krank, und der Schock, mich zu sehen …«
    »Du darfst nicht gehen!«
    »Vielleicht solltest du mitkommen? Hier bist du nicht sicher. Die bringen mich um, wenn sie mich finden. Und dich auch. Wenn Dalton dich findet, dann …«
    »Im Moment ist es hier ungefährlich. Ich warte auf Thomas. Uns bleiben ein paar Wochen, bis Gracie wieder da ist, und Dalton kann uns allein nicht aufspüren. Wenn der Fährtensucher zurück ist, lass ich mir was einfallen. Bis dahin sind wir sicher.«
    »Aber woher willst du wissen, wann dieser Gracie zurückkommt?«
    »Ich finde es raus. Ich erfahre hier alles. Außerdem hat mir meine Mutter einiges beigebracht.«
    Quinn dachte an das, was sein Vater bei Sully gehört hatte. »Was denn? Zauberei?« Sie blickte ihn an. Er war nicht überzeugt, nickte aber trotzdem. Mit diesem Mädchen ließ sich nicht reden.
    Sie setzte sich neben ihn auf den Fußboden. »Vielleicht könntest du Konstabler Dalton umbringen.«
    »Was? Du glaubst wirklich, so was könnte ich tun? Meinen Onkel umbringen?«
    Ein träges Schulterzucken.
    Quinn konnte sie bloß anstarren. Schließlich fand er die Stimme wieder. »Im Krieg wurde mir eine Tapferkeitsmedaille verliehen. Ich kann mich kaum noch erinnern, wofür ich die bekommen habe. Krieg besteht aus Lärm und Unordnung. Ich soll zwei Verwundete gerettet haben, die sonst ums Leben gekommen wären. Aber ich war nie tapfer. Die Medaille war ein verdammter Witz. Vor meinem Onkel hab ich Angst. Ich weiß, wozu er fähig ist. Ich hab ihn mal dabei ertappt, wie er Sarah heimlich beim Waschen beobachtet hat, und da hat er gedroht, mir die Kehle durchzuschneiden, falls ich es irgendwem erzähle. Und ich hab’s nie getan. Bis heute. Außerdem«, sagte er, sich die Worte seiner Mutter ins Gedächtnis rufend, »ist Rache nicht unsere Aufgabe. Sie steht nur Gott zu. Ich habe in den letzten paar Jahren eine Menge Tote gesehen.«
    Sadie beugte sich vor. »Was macht dann schon einer mehr? Gar nichts. Gott schaut nicht mal zu.«
    Quinn schüttelte den Kopf. Das Mädchen lechzte so sehr nach Vergeltung, dass er sich fragte, ob sie die ganze Zeit darauf gewartet hatte, dass er sie in Gang setzte. »Ich kann das nicht.«
    »Edward Fitch wird rumerzählen, dass er dich gesehen hat. Und Gracie hilft Dalton, dich zu finden. Er findet auch mich. Dann hängen sie dich auf.«
    »Woher weißt du, dass ich Fitch begegnet bin?«
    »Ich hab’s dir doch gesagt«, erwiderte sie mit theatralischer Verzweiflung. »Ich kann Dinge sehen. Ich kann Dinge hören.«
    Quinn wurde wieder daran erinnert, dass Sadie noch ein Kind war, erst zwölf Jahre alt, dass sie nichts von der Welt wusste. »Niemand glaubt Edward Fitch. Er ist ein Schwachkopf. Und wenn Dalton ein so hoffnungsloser Fall ist, wie du sagst, warum bist du dann so besorgt, dass er uns findet? Es war doch bloß Dusel, dass er uns fast erwischt hätte.«
    »Was ist das?«
    »So was wie Glück. Zufall.«
    »So was gibt’s nicht.«
    Quinn lachte unsicher. »Es war ja auch Zufall, dass ich dir begegnet bin, obwohl ich nicht genau weiß, ob es Glück oder Pech war.«
    »Das war kein Zufall.«
    »Was denn sonst?«
    Sie murmelte irgendwas, das Quinn nicht verstand.
    »Was?«
    »Ich hab gebetet, dass du kommst. Dass jemand kommt und mir hilft. Hier in dieser Hütte. Direkt hier auf dem Fußboden.« Sie tippte sich mit dem Finger auf die Brust. » Ich hab dich hergebracht.«
    »Ich dachte, du hättest gesagt, dass Gott uns keine Beachtung schenkt. Hast du das nicht eben gesagt?« Er war bestürzt über den abstoßend triumphalen Ton in seiner Stimme.
    Sie warf ihm einen seltsamen, verächtlichen Blick zu. »Ja. Aber es gibt andere, die es tun.«
    Quinn erschauderte. Auf dem Boden verstreut lagen die Lebensmittel, die sie am Morgen besorgt hatte: das Brot, die Äpfel und Orangen. Er trank einen Schluck Whisky und verzog bei dem Brennen im Hals das Gesicht. Alkohol hatte er noch nie vertragen – er wurde davon immer schläfrig –, aber wenn es die richtige Zeit gab, um einem Laster zu frönen, dann war es der Krieg mitsamt seinen Folgen.

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