Bereitwillig (German Edition)
Sie war froh, dass Ian gerade seine Mittagspause mit Kurt verbrachte und nicht hier war. Er hätte so lange gebohrt, bis sie nachgegeben und ihm den Inhalt des Päckchens gezeigt hätte.
Ben erwartet doch nicht allen Ernstes, dass du so etwas trägst? Sie schüttelte den Kopf, doch die Lust, die sie bei diesem Gedanken empfand, konnte sie weder erklären noch ignorieren. Am liebsten wäre sie in sein Büro gestürmt und hätte ihm wieder eine Ohrfeige verpasst – doch dann fiel ihr ein, dass er nicht da war.
Seit drei Tagen war er geschäftlich unterwegs und tatsächlich vermisste sie ihn ein wenig. Sie hatte sich schon so daran gewöhnt, dass seine lüsternen Augen auf ihr lagen, dass sie ihr nun fast fehlten. Sie starrte ihre Tasche an. Ob das Halsband vielleicht bedeutet, dass er dich auch vermisst?
Mabel wusste, dass Benedict heute wieder im Büro sein würde und beschloss, dass es an der Zeit war, den Spieß umzudrehen. Sie hatte genug davon, dass er immerzu die Oberhand behielt.
Sie nahm sich selten die Zeit, sich elegant anzuziehen und dazu ein richtiges Make-up statt nur Mascara zu tragen, wie sie es sonst machte. Wozu sollte sie auch? Immerhin ging sie nur zur Arbeit. Wie sollte sie denn sonst beeindrucken, wenn der Anlass es wirklich erforderte?
Der schwarze Bleistiftrock und die tief ausgeschnittene, graue Bluse saßen wie eine zweite Haut und überließen fast nichts der Fantasie, trotzdem war Mabel durchaus anständig angezogen.
Ihre Augen betonte sie mit einem schmalen, geschwungenen Lidstrich und viel Mascara, klarer Lipgloss verlieh ihrem Mund zusätzlich den richtigen Glanz. Ihre langen Haare hatte sie über Nacht geflochten, sodass diese nun in weichen Wellen über ihren Rücken fielen.
Sie griff nach dem einzigen Paar High Heels, das sie besaß und fragte sich, ob Benedict auffallen würde, dass es die Schuhe waren, die sie im Aviditas getragen hatte.
Schon auf der Fahrt zur Firma war sie nervös und auch ein wenig erregt. Sie hatte absichtlich auf Unterwäsche verzichtet. Obwohl sie es sich immer noch nicht eingestehen wollte, hoffte sie, dass Benedict ihrem Outfit nicht widerstehen konnte und endlich über sie herfallen würde.
Doch aus ihrem Plan, bereits an ihrem Platz zu sitzen und Benedict geflissentlich zu ignorieren, wenn er auftauchte, wurde leider nichts. Ein schier endloser Stau sorgte dafür, dass Mabel fast zwei Stunden zu spät zur Arbeit kam. Ungeduldig trommelte sie auf dem Lenkrad und wechselte ständig zwischen diversen Radiostationen, obwohl sie wusste, dass sie das auch nicht schneller ans Ziel bringen würde.
Im Büro angekommen warf sie völlig entnervt ihre Tasche auf ihren Stuhl und schaltete den Computer an. Ian saß nicht an seinem Platz und so nahm niemand ihre Ankuft oder gar ihr Outfit zur Kenntnis.
Zwanzig Minuten später tauchte Ian auf, hatte den Kopf aber hinter einer Zeitung vergraben und setzte sich wortlos.
„Dir auch einen schönen guten Morgen“, sagte Mabel sarkastisch.
„Oh, sorry, Süße, ich habe dich gar nicht gesehen! Ich war mir nicht einmal sicher, ob du bei dem Stau überhaupt vor Mittag hier sein würdest. Unfall?“
Mabel nickte. „Ein winziger Blechschaden. Aber das hält die Leute ja trotzdem nicht davon ab, mit weniger als Schrittgeschwindigkeit vorbeizufahren und zu gaffen – man könnte ja etwas verpassen.“
Ian spähte über den Rand seiner Zeitung und sah zu Benedicts Glaskasten. „Apropos verpassen: Du hast wirklich etwas entgehen lassen. Annabelle ist den ganzen Morgen um Benedict herumgetänzelt und jetzt seit gut einer Stunde in seinem Büro. Ich frage mich schon die ganze Zeit, was die da wohl treiben.“
Mabel betrachtete die heruntergelassenen Jalousien und verspürte einen leichten Stich der Eifersucht. Ja, was treiben die beiden da drin? Bekommt Annabelle vielleicht gerade ein Spanking? Interessiert Ben sich gar nicht wirklich für dich, sondern Frauen im Allgemeinen?
Sie brauchte ihre ganze Willenskraft, um ihren Blick vom Büro zu lösen und sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Sie war verwundert, dass Ian sich die Gelegenheit hatte entgehen lassen, ihr Outfit zu erwähnen.
„Deine Zeitung scheint aber extrem spannend zu sein, oder? Solltest du nicht arbeiten statt zu lesen?“
„Ich lese nicht, ich mache PR-Arbeit.“
„Nimm die Zeitung runter.“
„Ich wüsste nicht, wieso“, entgegnete er trotzig und Mabels Neugier war geweckt. Wieso hatte er sie bisher noch nicht direkt
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