Bereitwillig (German Edition)
ihrer Hochzeit war, die in knapp zehn Monaten stattfinden würde. Braut und Bräutigam strahlten ihr von dem Foto entgegen und er trug ein kleines Kind auf dem Arm.
„Sie hat schon ein Kind?“ Erstaunt legte sie die Karte wieder weg.
„Aiden, er ist ein richtig cleveres Kerlchen.“ Er klang stolz. Sie konnte sich nur mit Mühe davon abhalten, die Augen zu verdrehen. Welcher Onkel ist nicht davon überzeugt, dass ausgerechnet seine Nichten oder sein Neffen die klügsten, hübschesten und begabtesten Kinder der Welt sind?
„Würdest du mich begleiten?“
Seine Frage ließ sie erstarren. Ohne überhaupt nachzudenken erwiderte sie: „Die Hochzeit ist doch erst in zehn Monaten.“
Sein Stirnrunzeln verhieß nichts Gutes. „Und?“ Wie auch seine Mimik enthielt sein Tonfall ebenfalls eine deutliche Warnung.
Wie paradox bist du eigentlich? Noch am Wochenende konntest du gar nicht genug von ihm bekommen – und kaum geht es um eine etwas längerfristige Planung, wirst du panisch? Mabel verschränkte ein wenig trotzig die Arme und antwortete nur knapp: „Ich plane nicht so weit im Voraus.“
Seine Wange zuckte und seine Augen wurden schmal; er war wütend. Langsam lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme. „Warum nicht?“ Angriffslust schwang in seiner Stimme mit.
„Weil zehn Monate eine verdammt lange Zeit sind. Kannst du vielleicht in die Zukunft sehen?“ Warum so abwehrend? So lang sind zehn Monate nun wirklich nicht. Oder doch?
„Was denkst du denn, wo diese Beziehung hinführt?“
Beziehung? Überrumpelt schnappte sie nach Luft. Ja, Beziehung! Was hast du denn gedacht, was er will? Trotzdem löste dieses Wort, ohne, dass sie es hätte verhindern zu können, ihre Abwehrmechanismen aus. Ihre Gedanken, gesteuert von blanker Panik, ergaben auf einmal einfach keinen Sinn mehr; sie war vollkommen hin und her gerissen zwischen Rationalität und übermächtigen Emotionen. Du wirst niemanden in dein Leben lassen. Er wird dich ohnehin nur verletzen.
„Schön, dass ich gefragt überhaupt worden bin“, hörte sie sich nun schnippisch sagen. „Wir führen also jetzt eine Beziehung? Interessant.“
„Tun wir das etwa nicht?“ Ben sah nicht nur wütend, sondern ernsthaft verwirrt aus. „Ich dachte, ich hätte mich von Anfang an ziemlich klar ausgedrückt.“ Er schien sich nur mühsam beherrschen zu können.
„Bisher vögeln wir in meinen Augen lediglich sehr erfolgreich.“
Stille.
Großartig, Mabel. Ganz großartig. Das hättest du mit Sicherheit auch anders formulieren können.
Gerade, als er etwas sagen wollte, ging die Tür auf und Annabelle stöckelte herein. Ihr Timing ist doch jedes Mal aufs Neue bemerkenswert.
Mabel wollte die Gelegenheit nutzen und sich aus dem Raum stehlen, als Bens mit einer Wut in der Stimme sagte, die sie erschreckte: „Raus hier, Annabelle, sofort – und ziehen Sie sich endlich vernünftig an, bevor Sie demnächst zur Arbeit kommen! Das hier ist kein Stripclub.“
Mit großen Augen starrte sie ihn, bevor sie rückwärts aus der Tür stolperte.
Er wandte sich wieder zu Mabel und sie wich einen Schritt zurück. „Wir führen eine Beziehung, kleine Mabel. Egal, ob du es wahrhaben willst oder nicht.“
Natürlich willst du es nicht wahrhaben – es gefällt dir nicht, dass es dir gefällt. Wuterfüllt sagte sie. „Ach ja?“
„Ich gebe mich nicht halben Sachen zufrieden. Du wirst deine Meinung schon noch ändern“, stieß er gepresst hervor.
„Ach ja?“ Sehr eloquent, Mabel, wirklich sehr eloquent! Noch immer schwang in ihren Worten diese unglaubliche Angriffslust mit, die sie sich selbst nicht erklären konnte.
„Das garantiere ich dir. Du wirst mich in dein Leben lassen, Mabel Sinclair.“
„Wir werden sehen“, entgegnete sie bloß schnippisch.
„Du wirst diejenige sein, die darum bittet, dass ich bleibe und wenn du es tust, wirst du dich an meine Worte erinnern.“
Sie ärgerte sich maßlos darüber, dass er glaubte, sie so gut zu kennen. Er kennt dich so gut! Du bist nur viel zu stur! Wo ist eigentlich dein verdammtes Problem?
„Du solltest langsam gehen – ich habe gleich eine Videokonferenz.“ Er stand auf und drückte sie sanft, aber bestimmt in die Richtung seiner Bürotür.
Ein wenig unschlüssig stand sie im Türrahmen. Worauf wartest du? Geh’ schon! „Kommst du heute Abend trotzdem zu mir?“ Sie wusste selbst nicht, warum sie das fragte.
Einen endlosen Augenblick sah er sie nur an; sie
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