Bereitwillig (German Edition)
Tür.
Es hatte zu schneien begonnen. Die Landschaft zog an ihr vorbei und das ungute Gefühl in ihrem Bauch hielt an. Ben hatte sie geweckt und ihr wortlos einen Kaffee gereicht. Danach waren sie nur kurz an ihrer Wohnung vorbeigefahren, damit sie packen konnte. Er hatte im Auto gewartet.
Nachdem sie ihre Tasche im Kofferraum verstaut hatte, waren sie ohne Umschweife zur Hütte aufgebrochen. Sie hatte ein paar Mal versucht, ein Gespräch zu beginnen, doch Ben hatte beharrlich geschwiegen.
Sie wusste noch immer nicht, was genau ihn jetzt so wütend gemacht und wie viel ihres Gesprächs mit Paul er überhaupt gehört hatte. Der Gedanke an die Züchtigung, von der er gesprochen hatte, ließ sie nervös werden.
Da piepte das Handy in ihrer Tasche. Sie holte es hervor und schon der Name auf dem Display schaffte es, ihre Stimmung noch weiter sinken zu lassen.
„Paul“, sagte Ben. Es war eine Feststellung, keine Frage. Doch sie war erleichtert, dass er jetzt wenigstens mit ihr redete. Sie nickte und sah ihn an.
„Versucht er, sich zu entschuldigen und dich für sich zu gewinnen?“ Sein neutraler Tonfall machte es Mabel unmöglich, abzuschätzen, was er dachte.
„Im Grunde ja.“
„Und?“ Er wandte den Kopf und sah sie an. Seine braunen Augen schimmerten und sie musste den Impuls unterdrücken, die Hand auszustrecken und seine Wange zu streicheln.
„Es ist mir egal.“ Sie steckte das Handy zurück in die Tasche und legte ihre Hände nervös auf ihren Oberschenkeln ab. Sie streckte ihre Finger und presste sie gegen den Stoff ihrer Jeans. „Es tut mir wirklich leid. Das hätte einfach nicht passieren dürfen.“
Doch er schwieg. Mabel sah wieder aus dem Fenster und kämpfte mit den Tränen. Warum ist er so abweisend? Natürlich hat der Kuss zu lange gedauert – aber du hast Paul doch nicht deine Liebe gestanden! Wut breitete sich in ihr aus. Warum ist er so? So hart? Die Flocken wirbelten vor dem Fenster vorbei und färbten die gesamte Landschaft weiß.
Nach einer gefühlten Ewigkeit hielten sie vor der Hütte und Ben parkte den Wagen unter dem Carport. Er nahm ihre Taschen und öffnete die Tür.
Mabel trat vor das breite Fenster im Wohnzimmer und betrachtete die schneebedeckten Bäume. Sie hatte nicht gedacht, dass die Aussicht noch schöner als bei ihrem letzten Besuch sein konnte. Es wäre sicher ein Traum, hier Weihnachten zu verbringen.
Ben legte die Hände auf ihre Schultern und sagte: „Setz’ dich an den Tisch.“
Überrascht weiteten sich ihre Augen. Sie hatte damit gerechnet, dass er sie ins Schlafzimmer schickte. Sie zog den Stuhl zurück, er nahm ihr gegenüber Platz.
„Du treibst mich in den Wahnsinn“, begann er. „Sag’ mir, was du willst.“
Wortlos starrte sie ihn an. Was will er hören? Ihre Finger schlossen sich um den kleinen Gegenstand in ihrer Hosentasche. Warum schlägt dein Herz nur so unregelmäßig bei dem Gedanken daran?
„Ich meine es ernst. Du bist so unglaublich widersprüchlich! Als ich dich gestern mit Paul gesehen habe, ist mir klar geworden, dass ich dich dazu zwingen muss, über deine Gefühle zu reden.“
„Das war nichts Ernstes mit Paul!“, sagte Mabel aufgebracht.
„Du hast trotzdem gezögert.“ Ein undefinierbarer Ton schwang in seiner Stimme mit. Er strich sich über den Kopf. Mabel liebte das leise Kratzgeräusch, das seine kurzen Haaren dabei machten. Dann fuhr er fort: „Und doch hast du ihm eine Ohrfeige gegeben und ihm gesagt, dass du mit mir zusammen bist. Ich habe alles versucht, um dich zu durchschauen: Es klappt nicht. Also sag’ mir ein für alle Mal, was du wirklich willst.“
Ihr Herz hämmerte schmerzhaft gegen ihre Rippen. Es kostete sie ihre gesamte Kraft, den kleinen Schlüssel aus ihrer Hosentaschen zu holen und auf die Tischplatte zu legen. Sie schob ihn in Bens Richtung.
„Ich will dich. Ich bin nur wirklich schlecht in solchen Dingen.“
„Du bist miserabel darin.“
„Das ist mein zweiter Wohnungsschlüssel.“ Sie konnte nicht mehr sagen, der Kloß in ihrem Hals hinderte sie daran.
Er nahm ihn nicht, sondern verschränkte die Arme und fragte: „Kommst du mit zu der Hochzeit meiner Schwester, obwohl sie erst in ein paar Monaten stattfindet?“
Schon längst kannte Mabel die Antwort auf diese Frage und doch musste sie erst tief Luft holen, bevor sie sagen konnte: „Ja, sehr gerne.“
Seine Augen bohrten sich in ihre. „Und was sage ich meinen Eltern, wenn sie fragen, wen ich mitgebracht
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