Bereitwillig (German Edition)
hinsehen und doch konnte sie den Blick nicht von dem Tattoo auf der Hüfte der Frau abwenden: Ein rotes Herz mit einem goldenen Schlüsselloch, darunter der Schriftzug „Ben“ in verschnörkelten Buchstaben.
Übelkeit stieg in ihr auf. Zuerst ging Mabel rückwärts, dann drehte sie sich um und rannte aus der Tür. Ihre Finger zitterten so stark, dass sie kaum den Wagen starten konnte. Tränen verschleierten die Sicht auf die Straße. Immer wieder hämmerten nur zwei Gedanken durch ihren Kopf: Das ist nicht wahr! Ich wusste es!
Ian öffnete die Tür und zog Mabel sofort in seine Arme. „Was ist denn los, Herzchen?“
Sie schluchzte ein paar Mal und konnte gar nicht antworten. Sie ließ sich zur Couch führen und war dankbar, dass Kurt sich unauffällig erhob und schnell verabschiedete.
„Soll ich Charly anrufen?“
Wenigstens nicken konnte sie. Dann spürte sie, wie ihre Magensäure aufstieg. Glücklicherweise war es nicht weit bis ins Bad – sie schaffte es gerade noch rechtzeitig, bevor sie sich übergeben musste.
Als sie sich aus dem Bad traute, war auch Charly da, die neben Ian auf der Couch saß. Beide sahen überaus besorgt aus, drängten Mabel aber nicht. Eine geöffnete Flasche Weißwein stand auf dem Tisch und obwohl ihr Magen immer noch flau war, nahm Mabel einen großen Schluck direkt aus der Flasche. Dann holte sie tief Luft.
„In der Hütte war eine andere Frau. Sie hat behauptet, Bens Freundin zu sein.“
Charlys Augen weiteten sich und Ian ballte eine Faust.
„Zuerst wollte ich es nicht glauben, aber sie stand schon am Herd und hat gekocht – und sie hatte ein Tattoo. Ein Tattoo mit Bens Namen – so etwas lässt man sich doch nicht einfach so machen!“
Sie starrte ins Leere und Charly umarmte sie, tätschelte ihren Rücken. Ian sprang auf und drehte wütende Runden durch das Wohnzimmer. „Dieses Schwein!“, stieß er erbost aus.
Mabel ließ ihren Tränen nun ungehinderten Lauf. Selbst Schuld. Du hast dich auf ihn eingelassen.
Zwei Stunden später war nicht nur die erste Flasche Wein leer, Charly und Ian hatten sich auch einen Plan zurecht gelegt.
Mabel nickte müde und war froh, dass sie sich in solchen Situationen immer auf ihre Freunde verlassen konnte. Sie würde sich bei Ian verkriechen, bis bei ihr zuhause die Schlösser gewechselt worden waren. Ben soll nicht mehr hineinkommen. Nie wieder! Um zu vermeiden, dass sie Ben vorher trotzdem sehen musste, würde Charly am Montag den unausgefüllten Urlaubsantrag, den Mabel noch immer in ihrer Tasche hatte, mit zu littlewords nehmen und Urlaub für Mabel einreichen.
Ian zog ihr die Bettdecke über die Schultern und streichelte noch eine Weile ihren Rücken. Schließlich schlief sie ein.
13
Die ersten zwei Wochen waren die schlimmsten. Sie wollte mit niemandem reden, ihr Handy ließ sie ausgeschaltet. Sie konnte sich nicht daran erinnern, schon einmal so gelitten zu haben. Jetzt weißt du, warum du bis jetzt noch nie verliebt warst.
Bereits nach zwei Tagen bei Ian war sie wieder nach Hause gefahren – einerseits wollte sie zwar nicht, dass Ben sie so leicht finden konnte, andererseits hatte sie ein schlechtes Gewissen Ian gegenüber, wenn sie sich mit ihrem Leid in seiner Wohnung verkroch. Trotzdem hatten Ian und Charly sie bisher nicht einmal allein gelassen. Sie war froh, solche Freunde zu haben.
Schließlich konnte sie sich wieder dazu bringen, jeden Morgen aufzustehen; auch Charly und Ian mussten in ihrer Gegenwart nicht mehr flüstern. Ian hatte sie heute sogar dazu überredet, endlich sein altes College-Shirt auszuziehen, das er ihr geliehen hatte.
Als sie aus dem Bad kam, applaudierte Charly. Mabel versuchte zu lächeln, bemerkte aber selbst, dass es nur eine Grimasse wurde. „In Ordnung, ich glaube, ich bin so weit. Erzählt.“
Ihre Freunde tauschten einen schnellen Blick, dann begann Charly: „Es ist ganz schön schwer, ihm auszuweichen – er ist ziemlich hartnäckig. Glücklicherweise war er die ganze letzte Woche in Atlanta. Aber er hat uns andauernd in sein Büro zitiert, angeblich um uns alles zu erklären.“ Sie seufzte. „Ich bin nicht stolz darauf, aber einmal habe ich mir wirklich die Ohren zugehalten. Deinen Urlaubsantrag wollte er zuerst auch nicht annehmen. Daraufhin habe ich ihm klargemacht, dass du auch ohne Urlaub zuhause bleiben würdest. Da hat er unterschrieben – vermutlich, weil er nicht wollte, dass du Ärger mit der Geschäftsleitung bekommst.“
Mabel zuckte nur
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