Bereue - Psychothriller (German Edition)
schadenfroh fest. Doch der Blick in seine mit feinen roten Äderchen durchzogenen Augen und der Gedanke an die harschen Worte des Inhabers ließen sie ihren Neid schnell vergessen. Es ging jetzt nicht um Eitelkeit. „Guten Morgen, Herr Biller“, begrüßte sie ihn. „Alles Gute nachträglich. Herr Rikowski will Sie sofort in seinem Büro sprechen. Herr Fehlberger ist auch da.“ Sie war alles losgeworden. Erleichtert atmete sie durch und beobachtete seine Reaktion.
Herrn Billers Miene verfinsterte sich schlagartig. „Danke“, knurrte er nur und ging an ihr vorbei, beherrscht wie immer. Sie sah ihm hinterher. Wie jeden Morgen nahm er die Treppe und nicht den Lift. Heute wirkte sein Schritt nicht so leichtfüßig wie sonst.
7
Sein Herz schlug unangenehm gegen das Brustbein. Es musste etwas passiert sein. Hoffentlich gab es keine Qualitätsprobleme wie bei ihrem Wettbewerber Schnappy vor einigen Wochen. Die Rückrufaktion hatte das Unternehmen Hunderttausende gekostet und die schlechte Presse das Vertrauen der Verbraucher erschüttert. Eilig lief er die Treppe in den vierten Stock hinauf und holte tief Luft, bevor er die Tür zu Rikowskis heiligen Hallen öffnete.
Hinter ihrem Schreibtisch empfing ihn Frau Wagenlehner, die Chefsekretärin. Sie lächelte nicht. „Gehen Sie gleich durch, Herr Biller.“
„Da sind Sie ja endlich!“, donnerte Rikowskis Stimme. Der Inhaber stand hinter seinem Schreibtisch, die Hände auf das edle Holz gestützt und starrte ihm entgegen. Die blaugrauen Augen funkelten durch die dicken Brillengläser. Am Fenster stand Fehlberger. Der Firmenanwalt und blickte mit verschränkten Armen in den weißblauen Himmel.
Die Morgensonne fiel herein. Genauso wie an dem Tag vor fünf Jahren, als er zum Vorstellungsgespräch hier gewesen war. Damals war es ein gutes Omen gewesen.
„Guten Morgen Herr Rikowski, Herr Fehlberger. Was ist passiert?“ Seine eigene Stimme klang fremd in seinen Ohren.
Rikowski stach mit dem Zeigefinger in die Luft vor Bens Brust. Sein Gesicht wirkte grau. „Das fragen Sie noch? Ich habe Ihnen vertraut, Biller. Ich habe Ihnen mein Lebenswerk anvertraut.“
Bens Finger verkrallten sich in die Rückenlehne des Besucherstuhls, der vor Rikowskis Schreibtisch stand. „Ich weiß nicht, wovon Sie reden.“
Rikowski fiel schwer in seinen Bürosessel. „Ersparen Sie uns das Theater und geben Sie es zu. Wir haben Beweise. Herr Fehlberger!“
Bens Knie fühlten sich an wie mit Watte gefüllt, genauso sein Kopf. Mit offenem Mund beobachtete er, wie sich der Anwalt vom Anblick des bayerischen Himmels löste und seinen Aktenkoffer auf den Tisch legte. Die Verschlüsse schnappten mit einem Knallen auf. Fehlberger griff nach einer braunen Aktenmappe und warf sie kommentarlos vor Ben auf den Schreibtisch.
Ben zerrte an seinem Krawattenknoten. „Was ist das?“ Mit zittriger Hand klappte er den Aktendeckel auf und starrte auf einen Stapel Papiere. Auf dem obersten war eine Tabelle abgedruckt mit Namen und Beträgen. Die anderen Blätter waren Kopien von Schecks. Das alles sagte ihm nichts. „Was soll das bedeuten?“
Fehlbergers Finger tunkte auf das Papier. „Sie haben regelmäßig Gelder abgezweigt.“ Der Finger patschte auf dem Blatt herum. „Hier, hier, hier. Und so geht es weiter, fast zwei Monate zurück. Insgesamt sind es über 76.000 Euro.“
Mit klammen Fingern blätterte Ben durch die Kopien der Firmenschecks. Sie alle waren ausgestellt auf kirchliche Einrichtungen wie die Caritas, das Katholische Bildungswerk und sogar eine Stiftung für den Erhalt katholischer Bauwerke. Die Beträge variierten zwischen zweitausend und achttausend Euro. Und jeder Scheck trug seine Unterschrift.
Wie kam die da hin?
„Das war ich nicht.“ Ben versuchte, den Blick des Inhabers au fzufangen. „Das muss ein Irrtum sein.“
„Irrtum!“, knurrte Rikowski. „Jeder Scheck trägt eindeutig Ihre Unterschrift.” Er marschierte hinter seinem Schreibtisch auf und ab. “Aber warum, Biller. Katholische Einrichtungen.” Der Alte schüttelte den Kopf. “Wenn Sie so viele Sünden zu büßen haben, wären Sie besser zur Beichte gegangen.”
Kirche, Beichte. All das hatte ihn noch nie interessiert. Da wollte ihn jemand fertigmachen. Ein Wahnsinniger. Die Finger ineinander verkrampft starrte er auf die feuchte Stirn des Inhabers. “Bitte glauben Sie mir. Ich habe damit nichts zu tun. Ihnen muss doch klar sein, dass mich da jemand aus der Firma drängen will.”
Rikowski rieb
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