Bereue - Psychothriller (German Edition)
Aufdruck ‘Shit happens’ heraus. Wie passend.
Im Halbdunkel schlich sie die Holztreppe hinunter, nur nicht zu viel Krach machen. Genervt drehte sie die Augen nach oben. Das war einer der tausend Gründe, warum sie das Alleinleben bevorzugte.
Langsam zog sie die angelehnte Wohnzimmertüre auf. Das Energiesparlicht vom Gang fiel auf die Couch. Ben lag auf dem Rücken, die Wolldecke über sich ausgebreitet. Jeans und Hemd lagen ordentlich gefaltet über der Sessellehne.
Evils grüne Augen funkelten ihr entgegen. Mit spitzen Pfoten stieß er sich von Bens Bauch ab und trabte mit erhobenem Schwanz schnurrend auf sie zu.
Ein Stöhnen drang von der Couch herüber. Ben warf sich im Schlaf einen Arm auf die Stirn. Wenn er aufwachte, würde er noch üblere Schmerzen haben als am Abend. Sie kannte das. Nur der Gedanke an Bewegung ließ einen an den ersten beiden Tagen wahnsinnig werden. Wenn man keine Schmerzmittel hatte. Dann wurde es besser. Sie flitzte die Treppe hoch und kramte in ihren Vorräten, die sie eigentlich nicht mehr haben dürfte. Tatsächlich fand sie eine große Flasche Novoaminsulfon. Die würde ihm eine Woche reichen.
Auf nackten Sohlen, fast so lautlos wie Evil, schlich sie ins Wohnzimmer und stellte das Schmerzmittel auf den Couchtisch.
Im morgendlichen Dämmerlicht wirkte er so unschuldig wie ein neugeborenes Lamm mit seinem zerschundenen Gesicht. Davon durfte sie sich nicht blenden lassen. Und nur nicht zuviel Mitleid. Ihren Benni gab es nicht, es gab nur Ben Biller.
Vielleicht sollte sie Peter fragen, ob er heute Abend Zeit hatte. In seinen Armen fühlte sie sich sicher und geborgen. Und er würde sie ablenken. Schließlich brauchte jede normale Frau hin und wieder einen anständigen Fick. Warum Männer, die Krone der Schöpfung, sich einbildeten, sie wären die Einzigen, die Sex und Liebe trennen konnten, war ihr schleierhaft. Gockelgehabe vermutlich. Warum sich Ben über die zwei Männer in ihrem Leben nur so aufregte. Wenn ein Mann zu Hause Frau und Kinder hatte und nebenbei seine Sekretärin vögelte, war das ganz normal. Aber für Frauen galt das nicht in dieser patriarchalischen Welt. Dabei war sie ja mit keinem der beiden fest zusammen. Also betrog sie auch niemanden.
Männer waren alle Egoisten. Entweder nötigten sie einen zu etwas, was man nicht wollte, angefangen von Opernbesuchen bis hin zu Analverkehr. Oder sie warfen einen weg wie schimmliges Brot, wenn sie keinen Bock mehr hatten.
Seit sie es genauso machte und sich nahm, was sie brauchte, ging es ihr bedeutend besser. Einzig Stefan tat ihr leid. Er war anders. Aber er war nun mal so sexy wie ein Paar muffiger Socken. Sie befürchtete nur, dass er sich in sie verliebt hatte. Liebe. Was war das. Ein nutzloses Gefühl, das einen verletzbar machte. Das war kein Mann wert. Den perfekten Mann gab es nicht. Basta.
Vom Flur drang Evils jammervolles Gemauze zu ihr. Was konnten Katzen leiden, wenn das Futter nicht pünktlich bereitstand. Leise verließ sie das Wohnzimmer und zog die Tür zu. Sie nahm den leeren Napf auf und griff nach der Tüte mit dem Trockenfutter. Evil massierte miauend ihre Unterschenkel. Als endlich das Katzenfrühstück vor seiner Nase landete, quittierte er es mit einem Ton, der sie an ein “Na endlich!” erinnerte.
Fünf Minuten später war Evil startbereit. Sie schlüpfte in ihre Sneakers, schnappte sich die Regenjacke und öffnete die Haustür. Noch regnete es nicht, aber es würde nicht mehr lange dauern. Es hieß, Tiere hätten ein Gespür für Wetter. Sollte das stimmen, war Evil etwas anderes. Er hasste Regen und trotzdem flitzte er an ihr vorbei hinaus. Wenn Ben ihn später nicht hineinließ, musste er bis zum Nachmittag aushalten. Die dunklen Wolken über ihr wurden dichter. Wenig b egeistert sperrte sie das Fahrradschloss auf und schob ihren Drahtesel zwischen den überhängenden Strauchrosen auf die Straße.
In diesem Moment öffnete der Himmel seine Schleusen. Wenn sie nur ein Auto hätte. Eine Viertelstunde bei dem Regen auf dem Fahrrad und sie konnte die nächsten zwei Stunden mit patschnasser Jeans he rumlaufen.
Ein schmutzig weißer Kleinwagen hielt neben ihr. Die Beifahrertür flog auf. “ Café Alternativ ?” Die Stimme kam ihr bekannt vor.
Sie bückte sich und blickte ins Wageninnere. Sie konnte hinter dem Steuer einen Mann mit Wollmütze erahnen. Er trug Jeans, eine bis oben geschlossene Lederjacke, einen dunkelblauen Schal, der bis zur Nase hochgezogen war. Es war zu warm für Mütze
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