Bereue - Psychothriller (German Edition)
der Ring in der Wand hielt.
Ein Luftzug streifte sie.
Ein dumpfer Schlag.
Ben sackte stöhnend zu Boden.
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Mit dem Eisenrohr in den verkrampften Händen starrte er auf Ben Biller hinunter. Er lag regungslos auf dem Bauch, das Gesicht zur Seite gedreht.
Jede Muskelfaser in seinem Körper war gespannt wie eine Gita rrensaite. Mit einem Keuchen stieß Jakob den angehaltenen Atem aus.
Annelie schrie etwas, ihre Worte drangen nicht bis zu seinem B ewusstsein vor. Sie schlug und trat nach ihm. Er wich zur Seite aus und griff Ben an den Fußgelenken, um ihn aus Annelies Aktionsradius zu ziehen. Er war schwer, viel schwerer als er angenommen hatte.
Sie schrie wieder und packte Bens rechten Arm. Die Füße in den Boden gestemmt zog sie daran. Tränen liefen über ihre Wangen. Ihr schönes Gesicht wirkte im Schein der am Boden liegenden Taschenlampe fleckig und verzerrt. Sie wollte nicht loslassen.
Er trat gegen ihren Unterarm. Mit einem Aufschrei ließ sie los. Endlich konnte er Ben von ihr weg schleifen.
Mit Entsetzen beobachtete er, wie Biller aufstöhnend eine Hand an sich zog und sich aufzurichten versuchte.
Wenn er ihn noch einmal mit dem Rohr schlug, konnte er ihn zu sehr verletzen. Sogar töten. Das durfte er nicht.
Mit feuchten Händen fischte er das Chloroform aus dem Rucksack und das Tuch, das er schon Annelie auf Nase und Mund gepresst hatte. Seine Finger glitten von dem Deckel ab, als er die Flasche aufschrauben wollte. Sein Blick irrte zwischen seinen fahrigen Händen und Ben Biller, der sich immer weiter aufrichtete, hin und her. Er konnte seinen keuchenden Atem nur mit Mühe anhalten, als er die Flüssigkeit auf das Tuch schüttete. Ein Schwall lief darüber hinaus auf den Boden. Die Glasflasche klirrte auf den Fliesenboden. Er stellte sich über Ben Biller, der sich gerade auf Hände und Knie hochstemmte.
Er rammte ihm einen Fuß zwischen die Schulterblätter und drückte ihn auf den Boden zurück. Mit einer Hand riss er seinen Kopf an den Haaren hoch, mit der anderen presste er ihm das Tuch auf das Gesicht. Nach endlosen Augenblicken entspannte sich der Körper unter ihm.
Aufatmend setzte er sich und rang nach Luft. Eine Faust auf die Brust gedrückt versuchte er sich zu sammeln. Er musste jetzt ruhig sein, überlegt handeln. Annelie und Ben Biller hatten seine Pläne durchkreuzt.
Die Hände flach aneinandergelegt schloss er die Augen. Das Chaos in seinem Kopf klärte sich. Ein neuer Plan nahm Gestalt an. So würde er es machen. Beide würden sie begreifen und tun, was sie tun mussten. Erst Ben, dann Annelie.
Mit neuer Kraft stand er auf und zog den leblosen Ben zu der nächsten Kette, die an der Wand befestigt war. Wie bei Annelie schlang er sie um sein Fußgelenk und fixierte sie mit einem Vorhängeschloss aus seinem Rucksack. Zum Glück hatte er zwei besorgt. Sollte er ihm noch die Hände fesseln? Nein, das war unnötig. Auch könnte Ben Biller mit gefesselten Händen nicht das tun, was er tun musste.
Er durchsuchte die Hosentaschen des Bewusstlosen. Wo war sein Handy? Der Idiot hatte es im Auto gelassen. Wie praktisch. Er zog den Schlüsselbund heraus und schob ihn ein. In der anderen Tasche fand er ein Medizinfläschchen. Das konnte er ihm lassen.
Er sah zu Annelie hinüber, die ihn, in die Ecke gekauert, mit großen Augen beobachtete, die Arme um die Beine geschlungen.
Er hob das Abschleppseil vom Boden auf und ging auf sie zu. Ihre Wangen waren noch nass von Tränen, doch sie weinte nicht mehr.
Langsam legte er das Seil zusammen und umklammerte es in seiner Faust. Ihre Augen weiteten sich. Zu gerne hätte er sie damit geschlagen. So wie Mutter ihn mit seinem Gürtel geschlagen hatte.
Er hob die Taschenlampe auf und verstaute seine Utensilien im Rucksack.
Ben Biller würde erst in ein oder zwei Stunden aufwachen. Vorher konnte er nicht weiter machen. Ein paar Stunden Schlaf würden ihm guttun, es stand viel bevor.
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Der Strahl der Taschenlampe verschwand und mit ihm jede Hoffnung.
Ben hatte sie retten wollen. Nun steckte er selbst in diesem Drecksloch. Sie ertrug diese verdammte Dunkelheit nicht mehr. Die Hände auf das Gesicht gepresst konnte sie nicht verhindern, dass die Tränen zwischen ihren Fingern hervorquollen.
Hoffentlich hatte Ben jemandem gesagt, wo er hingefahren war. Dieser jemand würde ihnen helfen. Musste helfen.
Mit diesem zarten Pflänzchen aufkeimender Hoffnung entspannte sie sich ein klein wenig. Auf Händen und Knien kroch sie an der Wand
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