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Berg der Legenden

Berg der Legenden

Titel: Berg der Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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Engländer«, sagte Scott ohne Zögern, »wird zweifelsohne die Besteigung des höchsten Berges der Welt, des Mount Everest im Himalaja sein. Der Gipfel befindet sich rund 8840 Meter über dem Meeresspiegel – das sind beinahe fünfeinhalb Meilen, mein Junge. Und wir haben keine Vorstellung davon, wie der menschliche Körper auf solche Höhe reagiert, da kein Mensch jemals höher als 6700 Meter gekommen ist. Dabei ist noch nicht einmal die Temperatur mit bedacht, die auf bis zu minus 40 °C fallen kann, oder die Winde, die Ihnen die Haut zerfetzen. Doch eines weiß ich gewiss: Hunde und motorisierte Schlitten werden dort oben von geringem Nutzen sein.« Er schwieg und fügte, indem er George direkt ansah, hinzu: »Aber wem immer dieses außerordentliche Unterfangen glücken wird, er wird der erste Mensch auf dem höchsten Punkt der Welt sein. Ich beneide ihn. Hoffen wir, dass es ein Engländer sein wird. Allerdings«, schloss Scott und richtete seine Aufmerksamkeit auf eine Lady in der ersten Reihe der Galerie, »habe ich meiner Frau bereits versprochen, diese heikle Aufgabe einem Jüngeren zu überlassen.« Scott blickte wieder zu George hinunter, während das Publikum erneut in spontanen Applaus ausbrach.
    Finchs Hand schoss umgehend in die Höhe, und Scott nickte ihm zu. »Sehen Sie sich selbst als Amateur oder als Profi, Sir?«
    Ein hörbares Aufkeuchen ging durch den ganzen Saal, während Finch den Redner herausfordernd ansah.
    Scott ließ sich mit der Antwort Zeit, ohne jemals den Blick von Finch abzuwenden. »Ich bin ein Amateur«, antwortete er schließlich, »aber ein Amateur, der sich mit Profis umgibt. Meine Ärzte, meine Techniker, Fahrer und sogar meine Köche sind vollausgebildet und wären gekränkt, wenn Sie sie als Amateure bezeichnen würden. Doch die Kränkung wäre noch größer, wenn Sie ihnen unterstellten, der Wunsch nach finanzieller Bereicherung habe sie zur Teilnahme an dieser Expedition bewogen.«
    Diese Antwort wurde mit dem stürmischsten Beifall des Abends belohnt, so dass niemand außer Young und Mallory hörte, wie Finch sagte: »Wenn er das wirklich glaubt, besteht keine Hoffnung, dass er lebend zurückkehrt.«
    Nach zwei, drei weiteren Fragen dankte Scott der RGS ein weiteres Mal dafür, den Vortrag ermöglicht zu haben und seine jüngste Unternehmung rückhaltlos zu unterstützen. Daraufhin sprach wiederum Mr Hinks im Namen der Gesellschaft seinen Dank aus, und das Publikum sang in strammer Haltung stehend die Nationalhymne.
    Während Young und Finch sich denen anschlossen, die den Saal verließen, blieb George auf seinem Platz sitzen, unfähig, den Blick von jener Bühne abzuwenden, die Scott in Besitz genommen hatte. Einer Bühne, von der aus er sich eines Tages an die Royal Geographical Society zu wenden gedachte. Finch grinste, als er zurückblickte und den reglosen Mallory sah. An Young gewandt sagte er: »Er wird immer noch dort sitzen und genauso aufmerksam zuhören, wenn ich an der Reihe bin, den Jahresvortrag zu halten.«
    Young lächelte über ihn wie über einen vorwitzigen Welpen. »Und wie, wenn ich fragen darf, wird das Thema Ihres Vortrages lauten?«
    »Die Eroberung des Everest«, erwiderte Finch. »Denn diese Leute hier …«, er machte eine weitausholende Handbewegung – »werden mich nicht auf die Bühne lassen, solange ich nicht der Mann bin, der zuerst dort oben ankommt.«

Zweites Buch
    Die andere Frau
    1914

17
    Montag, 9. Februar 1914
    »Als Elizabeth im Jahre 1558 den englischen Thron bestieg, war sie weder dem Hof noch dem gemeinen Volk als Monarchin willkommen. Doch als sie 1603, fünfundvierzig Jahre später, starb, war die jungfräuliche Königin genauso beliebt, wie es ihr Vater, König Henry, gewesen war.«
    »Sir, Sir«, sagte ein Junge in der ersten Reihe, die Hand in die Höhe gereckt. »Ja, Carter Minor?«, sagte George.
    »Was bedeutet jungfräulich, Sir?«
    George ignorierte das nachfolgende Gekicher und antwortete, als hätte man ihm eine ernsthafte Frage gestellt. »Man nennt eine Jungfrau auch virgo intacta , Carter Minor. Ich hoffe, Ihr Latein reicht dafür aus. Sollte das nicht der Fall sein, können Sie auch bei Lukas 1,27 nachschlagen: » zu einer Jungfrau, die vertraut war einem Manne mit Namen Joseph … und die Jungfrau hieß Maria . Aber zurück zu Elizabeth. Es war die goldene Epoche von Shakespeare und Marlowe, von Drake und Raleigh, eine Zeit, in der England nicht nur die Spanische Armada besiegte, sondern auch einen

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