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Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers

Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers

Titel: Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLV Buchverlag GmbH & Co. KG
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Probleme, mich beim Scheitern fürs Weiterleben zu entscheiden. Die Erkenntnis: »Bis hierher und nicht weiter« kommt spontan, oft in Bruchteilen einer Sekunde. Und ich gebe ihr nach.
    Als wir beim Versuch, die Südostwand des Cho Oyu im Himalaja erstmals im Winter zu durchsteigen, knapp unterm Gipfel in einen lawinenschwangeren Ich bin weder eine Kampfmaschine noch ein Fitnesswunder. Auch kein Durchhaltefanatiker. Ich bin viel verletz-licher und begrenzter, als man glaubt. Schneehang stapften, schaute ich meinen Partner Hans Kammerlander nur an. Wir sprachen kein Wort. Aber ich wusste, dass auch er für Umdrehen war. Die Gefahren – der Hang hätte bei jeder Erschütterung abgehen und uns mitreißen können – waren zu groß. Lieber absteigen, lieber Imageverlust als vielleicht tot.

    Zeit-Erfolg-Diagramm in Bezug auf das Scheitern.
    Die Kunst des großen Abenteuers ist das Überleben. Nicht wer einmal, zweimal oder dreimal den Hasardeur spielt und dann zwangsläufig umkommt, ist der Größte, sondern der Grenzgänger, der immer wieder überlebt. Abbruch in diesem Zusammenhang bedeutet nicht nur, ein paar Jahre weiterzuleben, es bedeutet Zuwachs an Instinkten, das Überleben betreffend. Und es macht frei für andere, »vernünftigere« Dinge, für neue Ansätze. Das Risiko ist zwar Grundbedingung für das Abenteuer, aber nicht Ziel. Ohne Risiko ist Abenteuer nicht denkbar. Aber es kommt nicht darauf an, in der Gefahr umzukommen. Durchkommen heißt die Devise!
    Diese Aussage erscheint nur einem Laien widersprüchlich. Mir ist sie so selbstverständlich wie das Wissen, dass Risiko generell zu einem intensiven Leben gehört. Ein Künstler, ein Sportler, ein Geschäftsmann akzeptiert in seiner Sparte Risiken. Er wächst an ihnen. Risiken sind die Widerstände, die wir erkennen, annehmen, meistern wollen. Oder umgehen. Wer das Riskmanagement besser beherrscht, wird auch erfolgreicher sein.
    Nun ist das Risiko in einer senkrechten Felswand etwas anderes als in einem Wirtschaftsunternehmen. Wer als ungesicherter Alleingeher abstürzt, ist tot. Ein Manager, der einen wesentlichen Fehler macht, setzt »nur« seinen Betrieb in den Sand. Trotzdem will ich das Risiko am Berg nicht mystifizieren. Ich nehme es an. Es gehört dazu. Ich bin also vom Risiko nicht fasziniert oder hypnotisiert. Mehr Intensität bedeutet mehr Risiko. Aber ich ängstige mich nicht allzu sehr davor,weil ich mir das Scheitern erlaube. Der Abbruch einer Expedition, das sogenannte Scheitern, ist kein Makel, sondern ein wichtiger Erfahrungsprozess.
    Wie der Erfolg auch. Erfolg kann ich auf Dauer nur haben, wenn ich scheitern darf. Wie soll ich denn spielen, ohne zu verlieren, ohne zu scheitern? Würde ich aufgrund von Können, Glück, Zufall in Serie erfolgreich sein, wäre ich früher oder später verloren. Allzu große Distanz zur Realität wäre die Folge. Und Realitätsverlust führt früher oder später unweigerlich zum endgültigen Scheitern. Wir alle sind Menschen und als solche begrenzt. Wir alle machen Fehler.
    Ich begreife das Scheitern als mehrfache Chance. Häufig bin ich mit neuer Entschlusskraft und klareren Vorstellungen aus dem Scheitern herausgegangen. Allein für das Besteigen der 14 Achttausender habe ich 30 Expeditionen gebraucht. 18-mal bin ich bis zum Gipfel gekommen, zwölfmal gescheitert. Und wenn ich am Ende das Ziel erreicht habe, dann auch deshalb, weil ich immer wieder aufgestanden bin, nicht aufgegeben habe. Um weiter zu kommen als andere, muss ich öfter wiederaufstehen können als andere, auch häufiges Scheitern verkraften lernen. Unterlegensein macht zudem bescheiden, weise und tolerant. Der Erfolgreiche ist auch der, der öfter als alle Gescheiterten bereit war, von Neuem anzufangen. Wir alle sind Sisyphus und müssen uns vom Abstieg die Freude nicht verderben lassen. Die Erfahrungen aus dem Gescheitertsein einzubringen und zu versuchen, über den letzten Umkehrpunkt hinauszugehen, lohnt sich.
    Mein Lebensziel besteht nicht darin, möglichst viele Erfolge anzuhäufen. Obwohl ich mich natürlich über Erfolge freue. Obwohl Erfolg selbstbewusst, stark, erfolgreich macht. Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg selbst. Mein Lebensziel –auf weite Sicht betrachtet – ist Weisewerden. Ich möchte weder ein reicher noch ein erfolgreicher, kein berühmter alter Mann sein (sollte

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