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Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers

Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers

Titel: Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLV Buchverlag GmbH & Co. KG
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Parbat untersagte mir der Expeditionsvertrag nicht nur eine eigene Berichterstattung. Uns allen wurde Gehorsam abverlangt. Nach der Expedition waren Honorare für genehmigte Vorträge und Bücher an die Expeditionsleitung abzuführen. Ich meinerseits habe später meinen Partnern niemals einen ähnlichen Vertrag untergeschoben, obwohl ich die Expeditionen finanzierte.
    Bei der Antarktis-Durchquerung war es anders. Wir mussten zusammenbleiben.
    Trotzdem habe ich keinen Anspruch auf kritiklose Treue über die Expedition hinaus. Ich erwartete aber Ehrlichkeit. Mit Partnern, die mich später betrügen oder ausbeuten, kann ich keine weitere Unternehmung planen. Für die Identifikation mit meinem Projekt schenke ich den Partnern mein Vertrauen. Ich erwarte das ihre. Wenn dieses Vertrauensverhältnis gestört ist, gibt es auch keine Seilschaft als Zweckgemeinschaft mehr.
    Bisher habe ich 100 Reisen an die äußersten Enden der Erde unternommen. Nie hat es dabei ernsten Streit gegeben. Wir haben uns immer, ob wir nun ein großes oder ein kleines Team gewesen sind, für das gemeinsame Ziel engagiert. Nur gemeinsam war es zu erreichen. Wenn es Streit gegeben hat, dann nur hinterher und meist nur, weil sich Außenstehende in die Berichterstattung über das bestandene Abenteuer eingemischt hatten. Dabei wurde ich vielfach als elitär, als Antreiber und Egoist verunglimpft, alles nur, weil ich hohe Ansprüche an mich stelle. Ob unterwegs in der Wildnis oder als Buchautor hinterher, auf der Vortragsbühne oder als Helfer, ich will mein Bestes geben. Mit Mittelmaß habe ich mich nie zufrieden gegeben; dieses aber auch bei anderen nicht bemängelt oder beklagt. Wenn meine Mitstreiter mir meine Lebenshaltung lassen, komme ich gut mit der ihren zurecht. Wenn wir Grenzgänger alle gleicht veranlagt wären, die Geschichten dazu wären langweilig.

»Für eine Sechstagewoche und den Achtstundentag fühle ich mich zu jung.«
    IX
Vinciturus vincero
    â€¢ Selbstmotivation.
    â€¢ Motivation kommt von innen.
    â€¢ Sie ist auf einzelne Menschen zugeschnitten.
    â€¢ Motivation unterschiedlicher Charaktere.
    â€¢ Motivation geht über Gefühle.
    â€¢ Tricks, den anderen meine Ziele unterzuschieben, als ob es ihre wären.
    â€¢ Im kleinen Team kommt es auf jeden Einzelnen an; keiner kann zurückgelassen werden.
    â€¢ Wer nicht bleiben will, geht.
    â€¢ Ohne Streit auskommen als Kompromiss.
    â€¢ Leistungsdruck – Leistungswille.
    â€¢ Niederes Momentum mit oberflächlicher Motivation.
    â€¢ Unterschiedliche Fähigkeiten, unterschiedlich gefordert als Gäransatz.
    â€¢ Übermotivation führt zu Lähmung.
    â€¢ »As far as possible« als Spiel.
    â€¢ Motivation ist auch Manipulation.
    Â 

» Wirklichkeiten konstruieren und den Partnern verdeutlichen, ja vermitteln als kollektive Realität.«
    Nur der Schnee bleibt kalt
    Herbst 1980
    Nach dem Höhepunkt meiner zweiten Lebensphase als Grenzgänger – »As high as possible« (Mount-Everest-Alleingang ohne Fremdhilfe und Sauerstoffmaske) – entsteht eine vage Vorstellung von einer anderen Dimension des Grenzgangs: »As far as possible.« Eine Antarktis-Durchquerung, die ich ins Auge fasse, wird 1982 auf unbestimmte Zeit verschoben, nachdem ich mich entschlossen habe, alle 14 Achttausender zu besteigen. Inwieweit ich dabei fremdbestimmt bin, entzieht sich meinem Urteilsvermögen. Nicht nur das Leistungserlebnis, auch der Leistungsdruck – von außen und innen –, dem wir alle unterworfen sind, zwingt uns, anderen und uns selbst immer wieder etwas zu beweisen: wie mutig, wie ausdauernd, wie »gut« wir sind. Es bleibt für jeden Einzelnen schwierig, Leistungsdruck und Leistungswillen auseinanderzuhalten.
    Dezember 1986
    Wenige Monate nach der Lhotse-Besteigung (mein letzter Achttausender) reise ich mit zwei Freunden und der Hilfe des berühmten Piloten Giles Kershaw und Adventure Network in die Antarktis, um den Mount Vinson (höchster Berg der Antarktis, einer der »Se-ven Summits«) zu besteigen. Die Idee einer Antarktis-Durchquerung wird zur Realutopie. Vor Ort teste ich das Laufen mit Skiern und Fellen, das Ziehen unterschiedlich schwerer Schlitten. In einer Stunde komme ich mit einem 100-Kilo-Schlitten knapp 4 Kilometer weit. In 8 Stunden reiner Laufzeit pro Tag kann ich also 30 Kilometer zurücklegen.
    In 100 Tagen – so

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