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Berger, Fabian

Berger, Fabian

Titel: Berger, Fabian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiefschlaf
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dass der freie Wille eine Illusion ist?«
    Braun hatte geahnt, dass diese Frage gestellt werden würde und war darauf vorbereitet. »Nein. Laut dieser Studie werden Entscheidungen zwar unbewusst vorbereitet, doch wo sie letztendlich stattfinden, beantwortet dieses Experiment nicht. Dies wäre auch schon der nächste Punkt, auf den ich gerne eingehen würde. Wohin werden diese Informationen transportiert, wo genau werden diese bewussten Entscheidungen getroffen? Wie Sie wissen, besteht unser Gehirn aus Hunderten von Milliarden Nervenzellen, den Neuronen. Die Forschung ist sich, was die genaue Anzahl betrifft, nicht einig. Innerhalb dieser Neuronen, und nicht nur dort, verlaufen kleinste röhrenförmige Strukturen, die sogenannten Mikrotubuli. Diese dünnen Röhrchen bestehen aus dem Eiweiß Tubulin. Der berühmte Physiker Roger Penrose und der Anästhesist Stuart Hameroff suchten nach einer Möglichkeit, die Ursache für die enorme Rechenleistung des Gehirns und die Quelle des menschlichen Bewusstseins ausfindig zu machen. Penrose war der festen Überzeugung, dass das bewusste Denken in der Überlagerung paralleler Rechenvorgänge der Neuronen besteht. Dabei stießen sie auf eine Struktur, die es aufgrund ihrer geringen Größe erlauben könnte, Quanteneffekte im Gehirn stattfinden zu lassen. Der theoretische Physiker Herbert Fröhlich hatte seinerzeit bereits quantenphysikalisch bedingte Wellen an den Zellmembranen der Neuronen festgestellt. Hameroff schloss daraus, dass diese Wellen in den Mikrotubuli ihren Ursprung hätten.«
    Die Zuhörer wurden unruhig. »Das sind doch Hirngespinste!«, entfuhr es einem Teilnehmer aus einer der vorderen Reihen. »Ich stimme Ihnen zu, dass unbewusste Aktivitäten parallel im Gehirn ablaufen. Allerdings sehe ich keinen Zusammenhang zwischen dem menschlichen Bewusstsein und quantenmechanischen Effekten. Das Bewusstsein ist ein einheitlicher Prozess, der nicht in parallel verlaufende Vorgänge aufgeteilt werden kann. Die Verarbeitung erfolgt immer nacheinander.«
    Braun merkte, dass er tiefer ins Detail gehen musste, um die Anwesenden zu überzeugen. »Trotzdem wäre es denkbar, dass ein bewusster Akt einem quantenmechanischen Vorgang zugeordnet werden kann, der durch einen Messvorgang innerhalb der Nervenzellen die Quantenschwingungen kollabieren lässt und in einen Grundzustand übergeht.«
    »Könnten Sie uns das vielleicht näher erläutern?«
    Der Professor hatte Mühe, gegen das lauter werdende Gemurmel im Saal anzukommen. Er hob beschwichtigend die Arme. »Ich will damit sagen, dass sich in diesen Mikrotubuli Quantenzustände zu bewussten Entscheidungen materialisieren. Oder noch einfacher ausgedrückt: Es existieren solange alle möglichen Entscheidungen parallel nebeneinander, bis durch einen Vorgang in diesen Röhrchen die Superposition aufgehoben wird und nur noch eine von ihnen übrig bleibt.«
    Die Stimmung kippte langsam, und Brauns Ansprache drohte zu einer hitzigen Auseinandersetzung zu werden.
    »Und was soll diese geisterhafte Entscheidungsfindung auslösen? Sie reden hier von inneren Messvorgängen, die den Kollaps verursachen sollen, ohne jedoch näher darauf einzugehen«, beschwerte sich ein weiterer Teilnehmer.
    Braun nickte. »Penrose beschrieb dies als eine Raum-Zeit-Verschränkung der Molekülmassen, die wieder in sich zusammenfällt, wenn die Zahl der beteiligten Massen steigt.« Kaum hatte er den Satz beendet, erntete er auch schon Spott aus einigen Reihen.
    »Ach, hören Sie auf. Das sind doch alles nur absurde Theorien. Nichts, was Sie gerade eben versucht haben zu beschreiben, lässt sich auch nur ansatzweise nachprüfen.«
    Der Professor blickte zu Boden und biss vor Wut die Zähne zusammen. »Und genau daran arbeite ich. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Theorie von Penrose und Hameroff zutreffend ist. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese auch bewiesen wird. Seien Sie darauf gespannt.«
    Braun beendete seinen Vortrag und trat zornig von der Bühne. Eine Mischung aus verhaltenem Applaus und leisen Pfiffen begleitete ihn dabei. Kurzerhand verließ er den Saal mit einem Gefühl aus Enttäuschung und Verärgerung über die Engstirnigkeit seiner Fachkollegen. Das Klingeln des Handys drang aus der Innentasche seines Jacketts. Er nahm den Anruf entgegen.
    »Braun!« Seine Wut schwang noch in seiner Stimme mit.
    »Hier ist Sandra. Die Polizei hat gerade hier im Institut angerufen. Sie wollen dringend mit Ihnen sprechen«, informierte ihn seine

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