Berger, Fabian
gleich an die Arbeit machen. Und nun müssen Sie mich entschuldigen, ich habe noch einen wichtigen Termin.« Er erhob sich von seinem Stuhl und deutete auf den Ausgang.
Nur zögerlich kamen die beiden Beamten seiner Aufforderung nach.
Hannah drehte sich auf dem Weg zur Tür noch einmal um. »Eine Frage hätte ich noch.«
Unbeherrscht verzog er sein Gesicht. »Bitte.«
»Um welche Art von Therapie handelt es sich eigentlich?«
»Sie meinen, welcher Therapie Herr Korte unterzogen wurde?«
Hannah nickte.
»Das kann ich Ihnen nicht sagen. Dazu müsste ich zunächst einen Blick in seine Akte werfen, wenn denn eine existiert. Aber da Sie einleitend von einer neuartigen Therapie sprachen, gehe ich davon aus, dass es sich dabei um ein Verfahren handelt, bei dem durch Stimulation einzelner Hirnregionen der Heilungsprozess bestimmter Erkrankungen gefördert wird.«
»Und was bedeutet das?«
Braun druckste herum. »Liebe Frau Lorenz. Diese Therapie befindet sich in der Testphase. Sie werden verstehen, dass ich nicht weiter ins Detail gehen kann.«
Hannah war erstaunt. »Soll das heißen, dass Korte vermutlich nicht nur einer Ihrer Patienten war, sondern Ihnen sogar als Proband zur Verfügung gestanden hat?«
Braun nickte. »Ganz richtig. Sofern er an dieser Therapie teilgenommen hat, war er sicherlich nicht nur Patient, sondern auch Versuchsteilnehmer.«
»Wenn ich mir eine letzte Frage erlauben darf. Wie viele Probanden haben bisher an dieser neuartigen Therapie teilgenommen?«
»Bisher nur ein einziger.« Der Professor befand seine Antwort als ausreichend und schaute demonstrativ auf seine Armbanduhr. »Ich bin Ihnen auch gerne weiterhin behilflich. Doch jetzt muss ich leider ...« Er schob die beiden zur Tür.
»Natürlich.« Hannah folgte ihrem Vater aus dem Büro und schloss die Tür hinter sich.
Sofort ließ Braun sich erschöpft auf seinen Stuhl fallen und rieb sich verzweifelt mit den Händen durchs Gesicht.
Hannah verließ mit ihrem Vater das Institut und dachte über Brauns Worte nach. Der Ausgang der Unterhaltung hatte ihr gar nicht gefallen. Braun hatte sie regelrecht vor die Tür gesetzt. Und die Äußerung, dass es nur einen einzigen Patienten gab, irritierte sie. »Du musst mir mal auf die Sprünge helfen. Korte war der einzige Proband dieser Therapie, und Braun kann sich nicht an ihn erinnern. Findest du das nicht merkwürdig?«
Lorenz grinste. »Es ist außerordentlich ungewöhnlich, dass man sich an den einzigen Probanden eines vertraulichen Projekts nicht erinnern kann. Was schließt du daraus?«
»Dass er uns belogen hat«, war sich Hannah sicher.
»Inwiefern?«
»Vermutlich konnte er sich sehr wohl an Korte erinnern. Trotzdem hat er das Gegenteil behauptet.«
»Das ist eine Möglichkeit.«
Sie überlegte weiter. Hatte sie etwas übersehen? Angestrengt wiederholte sie das Gesagte in Gedanken, bis es ihr endlich dämmerte. »Oder die Anzahl der Probanden ist weitaus größer und er kann sich wirklich nicht an ihn erinnern.«
»Korrekt! Nicht schlecht, meine Kleine. Auf alle Fälle sollten wir den Professor etwas näher unter die Lupe nehmen. Ich schlage vor, du übernimmst das.«
Hannah willigte mit einem Kopfnicken ein.
Sie erreichten ihren Wagen und stiegen ein. Plötzlich klingelte Lorenz’ Handy. Sofort nahm er den Anruf entgegen. Ein Kollege meldete sich in der Leitung.
»Es geht um den Namen auf dem Blatt Papier, das Sie in der Wohnung des zweiten Opfers gefunden haben. Wir haben eine Frau mit dem Namen Charlotte Bernstein ausfindig machen können. Sie wohnt in Köln-Nippes in der Steinbergerstraße 23.«
»Existiert noch eine weitere Person mit diesem Namen?«, hakte Lorenz nach.
»Nein. Bisher ist sie die einzige.«
Er hatte das Telefonat über die Freisprechanlage geführt, sodass Hannah an der Unterhaltung teilhaben konnte. Jetzt legte er auf und wendete mitten auf der Straße auf die entgegengesetzte Spur.
»Dann wollen wir Frau Bernstein mal einen Besuch abstatten.«
-37-
K euchend stützte sie sich mit beiden Händen gegen eine Hauswand und schaute zurück. Offenbar hatte sie es geschafft, ihren Verfolger abzuschütteln. Sie lehnte ihren schweißnassen Rücken gegen den Putz und atmete tief durch. Ihre Lunge brannte wie Feuer. Sie streckte ihr Kinn zum Himmel und fasste sich auf die Brust. Ein dünnflüssiger Schleim tropfte auf ihr Shirt. Sie zog ihre Nase hoch und wischte mit dem Handrücken über die Oberlippe. Mit den Fingern der anderen Hand nahm sie ein
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