Berger, Fabian
ungehaltener. Endlich hörte er Vollmers Stimme, die durch die geschlossene Tür seines Zimmers drang.
»Das wurde aber auch Zeit!«, zischte er, griff nach der Klinke und marschierte auf Vollmers Schreibtisch zu. Bosch kochte vor Wut. »Ich will Sie sofort sprechen!« Kaum hatte er den Satz beendet, machte er auf dem Absatz kehrt und verschwand in sein Büro.
Vollmer ahnte, was seinem Chef die Laune verdorben hatte und zog es vor, ihn nicht länger warten zu lassen.
»Was haben Sie sich nur dabei gedacht!« Bosch hielt ihm die aktuelle Ausgabe des Kölner Blatt entgegen.
»Was meinen Sie?«
»Ich rede von Ihrem Artikel!« Die Augen des Chefs blitzten gereizt.
Ein Hauch von abgestandenem Alkohol schlug Vollmer entgegen. Er griff nach der Zeitung und betrachtete die Schlagzeile. »Im Nachhinein vielleicht ein wenig zu reißerisch, aber ansonsten ...«
»Seien Sie still!«, unterbrach Bosch ihn. »Ich möchte wirklich wissen, was in Ihrem Hirn vorgeht!«
»Da draußen läuft ein Mörder frei herum und tötet unschuldige Menschen auf bestialische Weise. Jemand muss die Bevölkerung vor ihm warnen, wenn die Polizei es schon nicht für nötig hält!«, versuchte Vollmer sich zu rechtfertigen.
Die Worte prallten an Bosch ab. »Verschonen Sie mich bitte mit dem sinnlosen Geschwätz über journalistische Verantwortung. Ich will von Ihnen wissen, welcher Teufel Sie geritten hat. Und ich warne Sie. Noch so eine Antwort und ich setze Sie höchstpersönlich an die Luft!«
Kleinlaut lenkte Vollmer ein. »Also gut. Zwei Morde sind verübt worden. Die Opfer wurden von ihrem Täter dabei übel zugerichtet. Alles deutet auf einen Ritualmord hin, doch wenn Sie mich fragen, steckt mehr dahinter. Und um das herauszufinden, musste ich ein paar Leuten mit diesem Artikel auf die Füße treten.«
»Ach so, ich verstehe«, gab Bosch zynisch zurück. »Mit ein paar Leuten meinten Sie wohl den gesamten Kölner Polizeiapparat mitsamt seinem Präsidenten!«
»Wie meinen Sie das?«
»Seitdem ich hier bin, werde ich von der Polizei telefonisch bedrängt. Offenbar ist es Ihnen mit der Preisgabe von geheimen Informationen in Ihrem Artikel gelungen, die Ermittlungen zu gefährden.«
Vollmer ballte siegessicher die Fäuste.
»Sie scheinen sich darüber zu freuen?«, bemerkte Bosch. Er holte tief Luft, um erneut anzusetzen.
Doch Vollmer kam ihm zuvor. »Aber verstehen Sie denn nicht? Die Polizei wird mich dazu auffordern, die Berichterstattung über die Mordserie einzustellen und sämtliche Informationen an sie weiterzugeben. Als Gegenleistung fordere ich nach Abschluss der Ermittlungen als Erster mit allen nötigen Details versorgt zu werden, die dazu nötig sind, die Sache groß rauszubringen. Und vielleicht erhalte ich sogar schon vorher einen Einblick in den Ermittlungsstand der Polizei. Ich weiß nicht, ob mein Plan aufgehen wird, aber ich denke, ein Versuch ist es allemal wert.«
Boschs Gesichtszüge entspannten sich. Nachdenklich schritt er zu seinem Platz und ließ sich in den Sessel fallen. »Sie bewegen sich da auf ganz dünnem Eis, das wissen Sie.« Dann lehnte er sich zurück. »Also gut, versuchen Sie’s. Aber übertreiben Sie es nicht! Wenn sich herausstellen sollte, dass das alles nur heiße Luft ist, sind Sie weg vom Fenster. Haben Sie mich verstanden?«
»Mein Instinkt hat mich noch nie im Stich gelassen.«
»Ob Sie mich verstanden haben!«, wiederholte Bosch und klang dabei wie ein Feldwebel.
»Natürlich!« Vollmer wandte sich zum Gehen und öffnete die Tür.
»Wissen Sie was? Sie sind eine richtige Drecksau.« Ein schmales Grinsen huschte über Boschs Mund.
Vollmer wusste, dass er nun freie Bahn hatte. Wenn er ihn erst einmal überzeugt hatte, konnte er sich auf seinen Chef verlassen.
»Die Polizei wartet auf Sie. Sehen Sie zu, dass Sie verschwinden. Und kommen Sie nicht mit leeren Händen zurück!«
-50-
I hre Lunge brannte wie Feuer. Auf ihrer Flucht hatte Clara zwei Blocks hinter sich gelassen und suchte nun Schutz hinter einem parkenden Van. Sie zitterte am ganzen Körper. Immer wieder schaute sie hinter dem Wagen hervor und hielt nach dem Mann Ausschau, der in ihre Wohnung eingebrochen war. Erst als sie sicher war, ihren Verfolger abgehängt zu haben, trat sie aus ihrem Versteck und winkte ein Taxi heran. Keuchend stieg sie ein und wies den Fahrer an, stadtauswärts zu fahren, ohne ihm ein konkretes Ziel zu nennen.
»Ist alles in Ordnung mit Ihnen?« Der Mann sah in den Rückspiegel und musterte sie
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