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Berger, Fabian

Berger, Fabian

Titel: Berger, Fabian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiefschlaf
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die Wange. Der Fahrer kam langsam wieder zu Bewusstsein. Mit aller Kraft riss Vollmer an der verbeulten Tür, bis sie unter ächzenden Geräuschen nachgab. Er öffnete den Sicherheitsgurt und befreite Hannah behutsam aus ihrem Sitz. Dann umfasste er ihren Brustkorb mit beiden Armen und zog sie in aller Eile von der Unfallstelle weg. Nachdem er genügend Abstand zwischen ihnen und dem Wrack gewonnen hatte, lief er zurück und half dem Fahrer aus der Kabine. Er ließ den Beamten auf den Bordstein sinken und kniete sich neben die bewusstlose Kommissarin. Aus der Ferne ertönten schon die ersten Sirenen. Er prüfte nochmals ihren Puls. Diesmal war er deutlich zu spüren. Ihre geschlossenen Augenlider zuckten. Dann kam sie wieder zu sich.
    »Was ist passiert?« Irritiert blickte sie Vollmer an.
    Er lächelte. »Keine Sorge, Frau Lorenz. Sie hatten einen Unfall. Aber ich denke, Sie haben noch mal Glück gehabt.«
    Vorsichtig hob sie den Kopf und starrte auf das Wrack. Mit schmerzverzerrtem Gesicht stützte sie sich auf die Ellbogen. Ihr Kollege saß ganz benommen neben ihr. Erleichtert sah sie wieder zu Vollmer. »Haben Sie uns etwa da rausgeholt?«
    Er nickte.
    Erschöpft sank sie wieder zu Boden. »Ich danke Ihnen!«

-64-
    D er schwarze Lieferwagen fuhr den Militärring entlang und bog schließlich in einen schmalen Waldweg in der Nähe des Decksteiner Weiher. Im Laderaum traf einer der Männer die letzten Vorbereitungen für den Eingriff. Das Opfer lag reglos auf dem Boden des Fahrzeugs. Sein Blick war starr zur Decke gerichtet. Die Injektion floss durch das Netz seiner Adern und begann nach und nach jeden einzelnen Muskel seines Körpers zu lähmen. Dennoch schien er alles um sich herum wahrzunehmen. Das Atmen fiel ihm von Minute zu Minute schwerer. Die Kabine schwankte, als der Wagen über einige Schlaglöcher fuhr. Die Tränen, die sich in seinen Augenwinkeln gesammelt hatten, liefen ihm nun über die Schläfen in das dunkle Haar.
    Der Beifahrer beugte sich über ihn, öffnete eine Tasche und klappte sie auseinander. Der Geruch von Desinfektionsmittel erfüllte die abgestandene Luft. Sorgfältig streifte er sich die Handschuhe über und griff nach einem der Instrumente.

    Seit sie ihn gewarnt hatte, ahnte er, dass die letzten Stunden seines Lebens angebrochen waren. Er hätte schneller und vor allem überlegter reagieren sollen, doch sein Instinkt hatte ihn letztlich dazu gebracht, einfach nur kopflos zu flüchten. Nun lag er im Laderaum eines fahrenden Lieferwagens und hoffte inständig keine Schmerzen verspüren zu müssen. Doch seine Angst hatte sich als unbegründet erwiesen. Der glatte Schnitt des Skalpells war ihm vollkommen entgangen. Erst das schabende Geräusch oberhalb seines Ohrs lenkte seine Aufmerksamkeit auf die kaum wahrnehmbaren Bewegungen der Latexhände in seinen Augenwinkeln. Die Haut im Bereich der Schläfe hing wie ein Lappen an ihm herunter. Plötzlich hörte er ein mechanisches Geräusch - das Summen eines elektrischen Motors. Die rotierende Scheibe reflektierte das Licht in alle Richtungen. Einzelne Strahlen fielen in seine Augen und blendeten ihn. Sein Schädel begann zu vibrieren. Das Geräusch der Maschine veränderte sich: erst schrill, dann vollkommen dumpf. Im gleichen Rhythmus, mit dem sein Kopf hin und her wackelte. Er wusste, dass er seinem Schicksal jetzt nicht mehr entkommen konnte. Es war zu spät. Nur noch wenige Minuten trennten ihn von dem bevorstehenden Tod. Nie wieder würde er davonlaufen müssen, nie wieder Schmerzen verspüren. Auf einmal überkam ihn eine friedliche Gelassenheit und jegliche Angst wich aus seinem Körper. Er hatte das Gefühl, dass eine unsichtbare Hand seine Augen langsam schloss. Die Geräusche um ihn herum wurden leiser. Wie aus der Ferne erklangen sie in seinen Ohren, bis sie vollends erstarben. Es war endlich vorbei.

-65-
    L orenz wusch sich mit einem Taschentuch das Blut von den Händen. Er hatte mit aller Kraft versucht, das Leben seines Kollegen zu retten. Als der Notarzt endlich eintraf, war er sich nicht sicher, ob seine Bemühungen ausgereicht hatten. Der Täter hatte innerhalb einer Sekunde seine Waffe auf den Beamten gerichtet und abgedrückt. Die zischende Kugel hatte seine Rippen zerschmettert und war tief in seinen Brustkorb eingedrungen.
    Lorenz stand an seinen Wagen gelehnt, als der Funkspruch durch das offene Fenster ertönte.
    » Schwerer Verkehrsunfall auf der Bonnerstraße Richtung Verteiler… Wagen vier, sofort zum Unfallort…

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