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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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Silvia die Kinder und stapfte mit ihnen die Steintreppe zur Burg hinauf. Rosella folgte ihnen, ohne eine Bemerkung, eine Frage oder einen Kommentar. Aber Silvia spürte ihren bohrenden Blick im Rücken.
    Giulia empfing sie mit einem fragenden Gesicht und hakte sich bei ihr unter. Alessandro habe sich entschlossen, angeln zu gehen, um in Ruhe nachdenken zu können, berichtete sie und erzählte dann von dem Angriff des Papstes auf die Familie der Mutter und von ihren Ängsten. »Wenn es Rodrigo jetzt auch noch auf die Ländereien der Farnese abgesehen hat – was wird dann aus uns? Wir brauchen Hilfe …«
    Sie sprach nicht weiter, sondern schaute Silvia erwartungsvoll an. Aber bevor Silvia antworten konnte, erschienen die Kinder wieder. Laura fragte, ob sie Tiberio schlafen legen dürfe. Silvia nickte. Singend verschwand Laura, mit dem Jungen auf dem Arm, Rosella nahm Sandro bei der Hand und folgte ihr.
    Die beiden Freundinnen, nun allein, schauten sich an.
    Silvia wollte etwas sagen, spürte aber, daß sie gleich losschluchzen mußte, und wandte sich ab, um ihre Tränen zu bekämpfen.
    Giulia legte ihr die Hand auf den Arm. »Alessandro braucht dich«, sagte sie mit leiser Stimme. »Er liebt dich.« Als Silvia nicht reagierte, fügte sie noch an: »Vielleicht taucht in ein paar Tagen ein Heer vor Capodimonte auf …«
    »Ich habe mit den Borgia nichts zu schaffen und fürchte mich nicht vor ihnen«, sagte Silvia auftrumpfend und zog ihren Arm weg. Sie wanderte im Raum auf und ab, ließ ihre Augen über die Kredenz gleiten, über die Silberschalen und Pokale, Leuchter und Elfenbeinschnitzereien. Aber all diese Dinge lenkten sie nicht ab und gaben ihr schon gar keine Hilfe bei der Entscheidung, die sie treffen mußte.
    Sie stellte sich ans Fenster und schaute über den See. Die Isola Bisentina winkte als friedliche, von Bäumen bedeckte Insel, als Zufluchtsort, als Ort der Erfüllung.
    »Ich liebe ihn ja auch«, flüsterte sie. Giulia war ihr nicht gefolgt. »Aber ich sehe keinen Ausweg.« Hinter ihrem Rücken ein kälter werdendes Schweigen. »Ich werde nach Rom zurückkehren und alles vergessen. Ich darf mein Leben nicht zerstören. Schon um meiner Kinder willen.« Das Schweigen hinter ihr vereiste. »Was geschehen ist … Ich hätte nicht allein mit ihm auf der Insel bleiben dürfen.«
    Sie drehte sich um und sah Giulia hilfesuchend an. Aber das Gesicht ihrer Freundin war abweisend. Giulias große Augen blickten sie kalt an.
    »Glaubst du wirklich, daß du vergessen kannst, was geschehen ist? Und daß alles geheim bleiben kann?«
    Silvia meinte eine Drohung in Giulias Stimme zu hören.
    »Meine Ehre …«
    Giulia lachte höhnisch auf. Silvia wußte sofort, daß sie Giulia gegenüber das Wort Ehre nicht in den Mund hätte nehmen dürfen. Giulias Gesicht war bleich geworden, kurz hatte sich ihr Mund verzerrt. Jetzt erstarrten ihre Gesichtszüge wieder.
    »Ach, Giulia, warum verstehst du mich nicht?«
    Giulias Blick hinderte sie daran, auch nur einen Schritt auf sie zu zugehen. Ihre Freundin hob den Kopf und schüttelte unwillig ihr Haar. »Ich verstehe dich sehr gut, liebe Silvia.« Sie unterbrach sich kurz und blickte noch hochmütiger auf sie herab.
    »In Rom kann nichts geheim bleiben. Was glaubst du, was man über dich und deine Ehre sagen wird? Eine verheiratete Frau bleibt nachts mit einem Mann auf einer einsamen Insel zurück. Sie hat sich ihm hingeben, hat ihn vielleicht sogar verführen wollen. Wie stehen ihr Mann und seine Familie nun da? Rom wird Spott und Gelächter über sie ausschütten.« Je länger Giulia redete, desto schneidender wurde ihre Stimme.
    »Du hast ja recht«, antwortete Silvia leise und schaute auf den Boden. Ein Schauer lief über ihren Rücken.
    Giulia fuhr mit weicherer Stimme fort: »Hast du vergessen, daß Alessandro sich damals in Lebensgefahr begab, um dein Leben und deine Ehre zu retten?« Silvia war nicht mehr in der Lage, sich zu beherrschen. Sie sank auf die Bank am Fenster und brach in Tränen aus. Der See draußen, die Insel und das kleine Boot, das sie zu sehen glaubte, verschwammen. Ihren ganzen Körper schüttelte es. »Was soll ich tun?« preßte sie schließlich hervor.
    »Schenke ihm einen Sohn!« antwortete Giulia ohne Umschweife. Die Kälte in ihrer Stimme hatte sich verloren; statt dessen lag etwas Flehendes in ihr, etwas Verzweifeltes.
    Silvia erschrak, als hätte sie ein Bannstrahl aus heiterem Himmel getroffen. Eine Erleuchtung. Die Verkündung eines Todesurteils.

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