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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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längst begriffen, daß nach dem Mord an dem Papstsohn Juan, nach einer kurzen Zeit der Besinnung und Buße, die Familie Borgia ihre Herrschaft auszuweiten und gleichzeitig zu festigen begann. Die ergrauten Herren des Heiligen Kollegiums machten sich noch Illusionen darüber, was sich hinter ihrem Rücken abspielte. Ihm dagegen war klar, daß der neue Cäsar längst das Ruder im Vatikan zu übernehmen begann. Er gab sein Kardinalamt auf und zog nach Frankreich, um dort das Herzogtum Valence verliehen zu bekommen und eine französische Prinzessin zu heiraten. Dies war möglich, weil der neue französische König Louis XII. eine Scheidungsdispens benötigte und der Papst sich diese Dispens teuer bezahlen ließ. Der Papst zeigte damit gleichzeitig, daß er die Seiten wechselte. Er verbündete sich mit dem französischen König gegen die Sforza von Mailand und gegen die Venezianer. Auch Kardinal della Rovere hatte sich inzwischen mit dem Borgia ausgesöhnt. All dies hatte sich seit Monaten angebahnt. Aber nach dem Angriff auf die Caetani erschien die päpstliche Politik unter einem anderen Licht. Sie konnte sich auch gegen die Farnese und insbesondere gegen ihn persönlich richten. Della Rovere würde dem Borgia sicherlich ohne weiteres einen Läufer opfern, und auch la bella Giulia schützte ihn zur Zeit nicht mehr.
    Sollten seine hochfliegenden Pläne so schnell abstürzen? Nein, er ging lieber unter, als sich freiwillig zurückzuziehen. Rückzug wäre die eigenhändige Kastration des Kirchendieners.
    Alessandro schaute zum Ufer hinunter. Silvia wiegte den kleinen Tiberio in ihren Armen. Vielleicht sang sie. All die Gedanken und Befürchtungen verblaßten vor der Sehnsucht, die er empfand. Am liebsten würde er sich sofort zu ihnen gesellen, Tiberio auf den Arm, Laura an die Hand nehmen, mit ihnen auf die Insel rudern und den ganzen restlichen Sommer dort verbringen.
    Alessandro drehte sich herum. Seine Mutter saß eingefallen in ihrem schweren Sessel und starrte ins Leere. Sie erwartete eine Antwort von ihm, Hilfe, Stärke, Sicherheit. Giulia sah ihn an, bedrückt, aber auch neugierig.
    »Rabenschwärme ziehen über den See«, sagte die Mutter plötzlich mit dumpfer Stimme, stand auf und wandelte wie der Geist ihrer selbst aus dem Raum.
51. K APITEL
    Die Jungen strahlten Silvia an, als sie die beiden begrüßte. Tiberio ließ sich in ihren Armen wiegen, dann strebte er aber wieder auf den Boden und wackelte zu Sandro. Er juchzte auf, als das Wasser über seine Füße schwappte, setzte sich und patschte mit seinen kleinen Händen so heftig, daß er sich und seinen Bruder naßspritzte. Sandro hatte eine Burg aus Sand und Steinen gebaut und ließ nun die geschnitzten Ritterfiguren, die Alessandro ihm geschenkt hatte, gegeneinander antreten. Auch Laura freute sich über Silvias Erscheinen, sie schmiegte sich an sie und berichtete, sie habe die letzte Nacht bei den beiden Jungen schlafen dürfen.
    Silvia warf einen kurzen Blick auf Rosella, die, ihr Gesicht hinter einem dünnen Schleier verborgen, auf einem Felsen saß und sie zu beobachten schien. Weil sie sich durchschaut fühlte, wandte Silvia sich wieder ab. Sie nahm erneut Tiberio auf den Arm, aber der Kleine wollte lieber im Wasser plantschen, daher ließ sie ihm seinen Willen.
    Unschlüssig stand sie auf und bewegte sich ein paar Schritte am Wasser entlang, starrte dann auf die kleinen glitzernden Wellen, die auf die Uferkiesel schwappten. Sie fühlte sich hin- und hergerissen zwischen einem schmerzhaften Glücksgefühl und brennender Scham. Gleichzeitig spürte sie die Ausweglosigkeit ihrer Situation. Sie hatte sich von Alessandro überreden lassen, die Nacht auf der Insel zu verbringen, hatte sich verführen lassen, hatte sich ihm hingegeben – ihr Widerstand war weggeschmolzen im Mondlicht, in der Abgeschiedenheit, in der lauen Sommernacht unter dem Flüstern der Blätter und dem vielfältigen Konzert des Nachtgetiers. Aber wie sollte es jetzt weitergehen? Erwartete Alessandro etwa von ihr, daß sie jede Nacht in sein Bett schlüpfte, um sich von ihm beglücken zu lassen? Sie konnte unmöglich … sie war verheiratet … ihre Kinder, Giovannis Kinder … nein, sie hätte sich zu einer ehebrecherischen, ehrlosen Konkubine gemacht. Noch war alles geheim. Doch wie schnell kam ein Gerücht auf!
    Was sollte sie nun tun? Wie konnte es weitergehen? Sie sah keine Lösung, und diese Ausweglosigkeit machte sie hilflos und wütend.
    Als Tiberio müde zu werden begann, nahm

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