Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes
als er.
Auf jeden Fall blieb er Kardinal – und liebte Silvia trotzdem. Borgia hatte es ihm vorgelebt. Seine verheiratete Konkubine Vannozza hatte ihm vier Kinder geboren. Was Borgia konnte, das konnte er auch. Waren seine Kinder erst einmal auf der Welt und hatte er somit das Überleben seiner Familie gesichert, dann machte er sich daran, die höchste Stufe der christlichen Herrschaftsleiter zu erklimmen.
Nun lächelte Silvia ihn liebevoll, aber mit schmerzlichem Ausdruck an. Er lächelte zurück. In ihren Augen standen keine Tränen mehr. Er würde es schaffen!
Als sie an der Kaimauer anlegten, kamen ihnen Diener entgegengelaufen und winkten aufgeregt mit den Armen. Sie sollten sofort hoch zu Madonna Caetani kommen. »Es ist etwas Schreckliches geschehen!«
»Meine Kinder?« rief Silvia entsetzt.
»Die Kinder sind wohlauf«, antwortete einer der Männer und wies auf die geschützte Uferstelle, an denen man sie, von Rosella beaufsichtigt, spielen sah.
Silvia eilte sofort zu ihnen, während Alessandro hoch zur Burg rannte.
Seine Mutter und Giulia kamen ihm auf der Brücke entgegen.
»Der Papst hat Sermonata erobert!« rief die Mutter. »Mein Bruder ist in der Engelsburg eingesperrt. Wegen Majestätsbeleidigung. Kannst du dir das vorstellen? Majestätsbeleidigung . Sind wir denn bei den Türken? Ein Caetani kann einen Borgia gar nicht beleidigen, dazu steht der Katalane viel zu sehr unter ihm. Aber der Papst hat eine richtige Armee aufgeboten. Meine Neffen mußten flüchten, die gesamten Besitzungen der Caetani sind eingezogen, damit sie die Papsttochter erwerben kann, wie man hört. Alles von langer Hand eingefädelt. Wie eine Krake frißt sich die vermaledeite Katalanenfamilie in unsere Heimat, will uns ersticken und aussaugen.« Alessandro versuchte, seine Mutter zu beruhigen, aber es gelang ihm nicht.
»Wie kannst du hier so ungerührt einem Unterrock nachstellen, wenn meine Familie, die Familie von Papst Bonifaz, ausgelöscht werden soll?« rief sie. »Auch du bist ein Caetani! Nun sag doch was!« Alessandro blieb kühl. »Du bist jetzt eine Farnese. Uns wird der Papst nichts tun.«
Die Mutter geriet außer sich vor Zorn und Empörung.
»Und wenn er morgen mit seinem Heer vor Capodimonte steht?« Theatralisch rang sie ihre Hände. »O Gott, warum hast du mir meinen Pierluigi genommen? Warum mußte mein Angelo fallen? Sie würden kämpfen.« Ein verächtlicher Blick streifte Alessandro, und als er nicht reagierte, schlug sie mit ihren kleinen Fäusten auf ihn ein. »Ich will dich hier nicht länger sehen, auch deine kleine Hure nicht. Glaubst du etwa, ich wüßte nicht, was vor sich geht?« »Mutter, nun beruhige dich doch!« Giulia versuchte, sie in die Burg zu ziehen, aber es gelang ihr nicht.
Die Mutter raste weiter. »Und dann die Hexe, die ihr angeschleppt habt. Ich kenne ihre Künste. Giftmischerei! Schwarze Magie! Der Gestank des Teufels!«
Kurz hielt sie inne und bekreuzigte sich.
Giulia gelang es nun, sie in die Burg zu führen. Alessandro schaute die Felsen hinab zu der Stelle, an denen die Kinder spielten. Die beiden Frauen saßen bei ihnen, Rosella hielt Silvia, die zu weinen schien. In ihrer Nähe saßen ein paar Fischer und flickten ihre Netze, Möwen hockten wie aufgereiht an der Ufermole und schauten ihnen zu. Er fühlte sich plötzlich taub und leer, die Gedanken in seinem Kopf gelähmt.
Langsam wandte er sich ab und folgte Giulia. Im Empfangssaal, unter den Porträts seines Vaters und Großvaters, erwartete ihn seine Mutter. Sie thronte auf dem Farnese-Sessel, hatte ihre Hände über die Löwenköpfe gelegt, in denen die Armlehnen endeten, und fragte mit strenger Stimme: »Was gedenkst du also zu tun, mein Sohn?«
Der Ton gefiel ihm nicht. Er ließ seinen Blick über sie und die Porträts wandern und stellte sich ans Fenster. In der Ferne verschwamm die Insel im milchigen Licht. Dort hatte sich, daran gab es keinen Zweifel, sein Schicksal entschieden. Aber wenn diese Entscheidung nun zu spät kam? Vielleicht hatten der Papst und sein Sohn Cesare längst beschlossen, die Familie der Farnese auszulöschen und sich ihre Burgen und Besitztümer einzuverleiben. Der Angriff auf die mächtigen Orsini war nur unvollkommen gelungen. Die Caetani und die Farnese waren zwar nicht so reich, aber dafür auch schwächere Gegner. Sie konnten kein Heer aufbieten.
Einen Augenblick fühlte Alessandro sich verzagen, aber dann kehrte der Wille wieder zurück, zu kämpfen und zu siegen.
Er hatte
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