Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
Vom Netzwerk:
Portico weile.
    Obwohl Silvia schon die Füße schmerzten und sie in der nassen Vorfrühlingsluft fror, eilte sie zum Vatikan und ließ sich bei Giulia melden.
    Tatsächlich war Giulia im Haus. Sie sah müde, mitgenommen und traurig aus, als sie Silvia empfing, und zog sich mit ihr in eine kleine Dachmansarde zurück.
    »In diesem Haus gibt es hundert Ohren und kaum einen sicheren Platz«, erläuterte sie. »Du siehst nicht gut aus. Bist du krank?«
    Silvia wollte kein Gespräch über ihre Stimmung oder ihre körperliche Verfassung führen; sie interessierte auch nicht, ob Giulias Anwesenheit auf eine frisch aufgeflammte Liebe des Papstes hinwies, sie wollte nur Neuigkeiten über Alessandro hören.
    »Er ist in den Krieg gezogen«, sagte Giulia. »Er war verzweifelt.«
    »Ich bin auch verzweifelt, Giovanni ist ebenfalls verzweifelt. Wir sind alle verzweifelt.«
    Sie unterbrach sich, weil Giulia sie düster anblickte.
    »Ja und?« fuhr Silvia fort.
    Giulia zuckte mit den Achseln. »Ich weiß nur, daß Cesares Feldzug gegen Imola und Forlì erfolgreich war und er bald hier in Rom erwartet wird. Von Alessandro habe ich nichts gehört. Auch Cesares Botschaften an seinen Vater erwähnen ihn nicht.«
    Giulia wich ihrem Blick aus.
    »Warum sagst du nichts mehr?« In Silvias Stimme lag ein beschwörender Klang.
    »Ich muß immer wieder an unseren Bruder Angelo denken. Er war einer der wenigen, die in Fornovo fielen. Er war einer der besten Menschen – und wurde geliebt. Erinnerst du dich noch an Ippolita?«
    »Natürlich erinnere ich mich an sie. Aber was willst du damit sagen?«
    »Ach, Silvia, das weißt du genau.«
54. K APITEL
    Cesare Borgia hatte mit dem kampferprobten und furchteinflößenden französischen Heer Imola und Forlì ohne Schwertstreich besetzen können und schließlich auch die Feste von Forlì mitsamt der sich wütend verteidigenden Caterina Sforza erobert. Es war zum Schluß viel Blut geflossen. Als die Soldaten, durch den Verrat eines Handwerkers auf eine Schwachstelle der Befestigungsmauer hingewiesen, schließlich eine Bresche schießen konnten und unter Geschrei in die Zitadelle stürmten, fühlte Alessandro sich plötzlich an den Kampf in Arezzo erinnert. Als stünde er neben sich, sah er sich parieren und attackieren. Damals schien ihm alles so leicht zu gehen, so spielerisch. Aber nun rannten verdreckte Männer an ihm vorbei, mit gezückten Waffen, brüllten, die Augen wie Irre, trieben sich gegenseitig voran – und rissen auch ihn mit. Cesare Borgia in voller Rüstung unter den ersten. Die Gascogner mit angelegten Armbrüsten. Die Verteidiger der Zitadelle hoben die Arme, warfen die Waffen weg, aber es nützte ihnen nichts. Sie wurden sofort niedergestochen. Das Gebrüll verstärkte sich, wenn die Schwerter, die Piken und Hellebarden in die Leiber fuhren. Erst vor dem Turm baute sich Widerstand auf, und Alessandro sah sie inmitten ihrer Männer: La tigressa in einem Brustharnisch, mit dem Schwert in der Hand. Sie kämpfte selbst. Die Haare aufgelöst, sprang sie furchtlos auf den ersten Franzosen zu und hieb auf ihn ein, so daß er erschrocken zurückwich. Ein Pfeil fuhr ihm in den Hals, und aufschreiend stürzte er nieder. Sie feuerte ihre Männer an, und das Handgemenge wurde dichter und dichter.
    Alessandro war stehengeblieben. Hinter ihm stürzten sich die Söldner auf alle, die sie lebend erwischten. Sie hackten auf sie ein rissen ihnen die Kleider vom Leib, stritten sich um jeden Fetzen Beute stießen die Dolche in die nackten Körper und wühlten mit ihnen in den Eingeweiden, um nach Edelsteinen zu suchen. Alessandro mußte sich fast übergeben. In dem Durcheinander drohte sein Pferd zu scheuen und verletzt zu werden. Er stieg ab und band es an einem Ring fest. Immer mehr Söldner strömten an ihm vorbei, stießen ihn zur Seite oder nach vorne, und ehe er sich versah, befand er sich mitten im Fechtgetümmel. Nicht weit entfernt war Cesare Borgia, der mit seinem Brustkorb wie ein Stier und Armen wie Baumstämme regelrechte Schneisen durch die noch kämpfenden Verteidiger der Feste schlug. Er wollte sich immer wieder Caterina Sforza nähern, aber entweder wich sie aus oder wurde durch ihre Männer zu gut gedeckt, so daß er sie nicht erreichte.
    Alessandro parierte einige Angriffe und zog sich dann wieder so weit zurück, daß er verschnaufen konnte. Er war nicht mehr so in Übung wie damals in Arezzo; er spürte auch den Widerwillen gegen das spritzende Blut und das aufklaffende Fleisch,

Weitere Kostenlose Bücher