Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes
gegen all dies sinnlose Morden, gegen die Männer, die dafür bezahlt wurden, daß sie andere töteten. Gleichzeitig riß es ihn hinein. Es waren nicht nur die Angreifer, die ihn vorwärtsdrängten, nein, das Gebrüll riß ihn mit, er hörte sich plötzlich selbst brüllen, seine Arme zuckten, als er die Arme der anderen schlagen sah. Ein Rausch zwang ihn vorwärts, und wieder tauchte er in das Klirren der Waffen, den Aufschrei der Verwundeten, das Stöhnen der Sterbenden ein. Neben ihm war Cesare, der mit nicht nachlassender Berserkerwut um sich drosch.
Die Verteidiger wichen zurück. Ein spitzer Schrei. Caterina. Einer der Schweizer Söldner packte sie von hinten und hielt sie fest, ein zweiter schlug ihr das Schwert aus der Hand, ein dritter griff nach ihren strampelnden Beinen, ein vierter riß an ihren Haaren, und schließlich gingen sie alle zu Boden. Wie auf Befehl streckten Caterinas Verteidiger die Waffen. Verdutzt schauten die kämpfenden Angreifer sich um, weil sie keinen Widerstand mehr fanden, und stürzten sich dann auf die Sich-Ergebenden. Nach kurzer Zeit war keiner mehr am Leben. Das Blut floß in Bächen zwischen den Pflastersteinen, suchte sich seinen Weg, verteilte sich in Rinnsale, schlängelte sich davon. Noch immer stachen die Männer in tote Menschenleiber. Kein Kopf durfte auf dem Rumpf bleiben, kein Bein am Körper. Und schließlich prügelten sich die Söldner um die Beute. Fäuste flogen. Die Offiziere versuchten einzugreifen, aber vergeblich.
Einige der Soldaten wollten sich auf Caterina stürzen. Sie war inzwischen wieder aufgestanden, die Hände auf dem Rücken gefesselt, fluchend wie ein Pferdeknecht, das Gesicht und die Haare blutverschmiert. Baron Yves d’Alègre und der Bailli von Dijon, die französischen Heerführer, stellten sich vor sie, Cesare eilte hinzu, und als noch immer einer der Schweizer sie zur Seite reißen wollte, schlug ihn Cesare mit einem Wutschrei nieder. Mit verzerrter Miene richtete sich der Mann auf und wollte seine Pike Cesare in den Bauch rammen. Aber Cesare sprang blitzschnell zur Seite. Der Schweizer konnte den Schwung seines Laufs nicht abbremsen. Alessandro stand hinter Cesare, und plötzlich sah er die Spitze der Lanze direkt auf sich zurasen. Es war zu spät, ihr ausweichen zu wollen. Aber plötzlich verlor sie alle Kraft, stieß Alessandro nur leicht an und fiel auf den Boden. Mit ihr fielen zwei Hände. Cesare hatte sie dem Schweizer blitzschnell abgeschlagen. Als der Mann mit aufgerissenen Augen auf den Blutstrahl starrte, der aus seinen Armen schoß, hieb ihm Cesare mit einem Schlag auch noch den Kopf ab. Der Körper sackte zu Boden, und sein Blut ergoß sich in die Pfützen der anderen.
Dann brach die Metzelei zusammen. Die Söldner ließen keuchend ihre Waffen sinken, wischten sich Schweiß und Blut von der Stirn, suchten sich einen Platz zum Niedersitzen. Manche säuberten ihre Waffen. Andere betrachteten die Beute. Es war plötzlich fast gespenstisch still geworden, nur Caterinas Lachen schrillte über den Platz.
Alessandro starrte auf die Pike, die ihn berührt, aber nicht verletzt hatte. Cesare hatte sich schon wieder gefangen und legte ihm den Arm auf die Schulter. » Do ut des , sagten die alten Römer. Ich gebe, damit du gibst. Das war knapp.«
»Danke, Cesare«, flüsterte Alessandro fast ohne Atem, »du hast mir das Leben gerettet.«
Cesare machte eine generöse Geste und sprang dann auf Caterina Sforza zu, die von den Franzosen abgeführt werden sollte.
»Sie gehört mir!« rief er.
Die beiden französischen Hauptleute schauten sich an.
»Wohl kaum, Monsieur le Duc«, antwortete der Bailli von Dijon.
»Ihr habt vergessen, welches Heer Euch die Städte eroberte«, ergänzte Yves d’Alègre nicht ohne Herablassung.
»Mein Onkel, der König von Frankreich …«, versuchte Cesare aufzutrumpfen.
»… hat uns klare Anweisungen gegeben«, fuhr der Franzose fort. »Wir führen keinen Krieg gegen Frauen. Wir sind Ritter!«
Cesares Stirnadern schwollen an. Alessandro sah, wie seine Faust den Griff des Schwertes umklammerte. Aber dann lächelte er, winkte ab und deutete eine höhnische Verbeugung an. Er trat einen Schritt auf Caterina zu und hob mit verächtlicher Miene ihr Kinn. Sie spuckte ihm ins Gesicht. Seine Augen weiteten sich, aber gleichzeitig kniff er die Lippen zusammen.
»Das wirst du büßen, du schmutzige Schlampe!« zischte er.
Sie kreischte auf vor Lachen. »Du lächerlicher Bastard, du Sohn einer Hure, du
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