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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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Jüngern, und sie wird auch mich frei machen, in Bälde vor Gottes Richterstuhl zu treten, um mein langes, wenig ehrenhaftes, von Liebe bestimmtes Leben zu verteidigen. Hat der oberste Richter sein Urteil gefällt, werde ich mit Alessandro vereint sein, wir werden endlich dazu kommen, über unser Leben zu sprechen, dem ein strenges, von Verzicht und Opfer bestimmtes Glück beschieden war.
    Kürzlich, im Jahr des Herrn 1560, hat mich mein letzter noch lebender Sohn, Kardinal Tiberio Crispo, zu sich in seinen Palast geholt, weil er befürchtete, ich könnte vielleicht doch noch vor das Heilige Offizium gezerrt werden wegen meiner Novellen, die auf dem index librorum prohibitorum stehen und die daher nur wenige Leser finden durften. O Herr, es waren doch nur kunterbunte, sinnenfrohe Seifenblasen, die, einst aus Sehnsucht geboren, im Sonnenlicht der Einbildungskraft wuchsen – um zu gaukeln und zu tändeln wie Taubenfedern im Wind.
    Heute rinnt mir die Zeit durch meine alten Finger, und da so viele Lügen im Umlauf sind über meinen Alessandro – selbst der jetzige Stellvertreter Christi verleumdet ihn –, muß ich mich der Wahrheit meines Lebens stellen, bevor mich die Wahrheit des Todes erlöst.
    Ich höre noch heute den Vogel, dessen Gesang den Tod meiner Mutter begleitete, und ich höre auch die Vögel, die mir während meiner schwersten Geburt Beistand leisteten – damals in Bolsena, im Stall, als ich meine Seele schon in Gottes Hände legen wollte, als aber das Wunder geschah, daß mein kleiner Pierluigi und ich selbst überlebten. Alessandro kniete vor uns, er weinte, wie ich ihn nie habe weinen sehen, er dankte dem Herrn und gelobte, ihm mit all seinen Kräften zu dienen. Und der Herr nahm sein Gelübde an.
    Ich gebar Alessandro später noch zwei weitere Jungen, von denen einer als Kind starb, der andere als sehr junger Condottiere fiel. Aber Costanza blieb uns lange erhalten und war die Freude unserer alten Tage, bis sie im Jahre 1545, vier Jahre vor Alessandro, verschied. Auch Pierluigi, das Schmerzenskind, das uns schließlich die Erfüllung unserer Wünsche brachte, wurde nicht älter. Man ermordete ihn als Herzog von Parma und Piacenza. Ja, nachdem Alessandro schließlich Papst geworden war, gelang es ihm, aus seinem ältesten Sohn einen Herzog zu machen, und damit stieg die Familie Farnese endlich zu einem der bedeutendsten und reichsten Geschlechter Italiens auf. Pierluigi heiratete früh eine Orsini, ganz in der Tradition der Farnese, und wurde Vater von fünf Kindern. Alessandro, sein Ältester, wurde von seinem Großvater, meinem Alessandro, schon als Vierzehnjähriger zum Kardinal ernannt, später auch Ranuccio, der Drittgeborene. Der Zweitgeborene, Ottavio, folgte seinem Vater, wurde Herzog von Parma und heiratete Margarete, die natürliche Tochter Kaiser Karls V. Orazio, dem Vierten wurde Diane, die natürliche Tochter Heinrich II. von Frankreich, zur Frau gegeben. Und die Jüngste, Vittoria, wurde schließlich Herzogin von Urbino. Insbesondere als Großmutter kann ich also zufrieden sein, zumal auch der Sohn unserer ältesten Tochter Costanza von Alessandro sehr früh zum Kardinal ernannt worden war.
    Alessandro hatte ein großes Herz. Nach Giovanni Crispos tragischem Tod nahm er meine ältesten Jungen wie seine eigenen an. Er hat sie immer geliebt, und sie liebten ihn. Insbesondere mein Tiberio war sein Liebling. Er wurde sein Geheimkämmerer, später Gobernator von Bolsena und schließlich Kardinal. Während Tiberio in Bolsena lebte, kaufte er das Grundstück mit dem Stall, in dem Pierluigi geboren wurde, und baute dort, direkt unter der Burg der Monaldeschi, einen kleinen Palazzo mit einer wunderbaren Loggia, in der wir viele gemeinsame Stunden verbrachten, singend, lesend, lachend. Er ließ mich malen und das Porträt in die Holztäfelung einfügen, damit er seine Mutter, wie er lächelnd betonte, immer vor Augen habe.
    Nach Pierluigis Geburt und Borgias Tod entwickelte sich für Alessandro alles zum Guten. Kardinal della Rovere wurde nach Piccolominis kurzem Pontifikat zum Papst gewählt. Er nannte sich – seinem geheimen Vorbild Julius Cäsar folgend – Julius II. Sein Neffe Nicola heiratete übrigens unsere liebe, leider immer traurige Laura, die Tochter meiner Freundin Giulia. Papst Julius liebte die Kunst – und den Krieg. Klug beraten von Alessandro, entmachtete er zu Beginn seines Pontifikats Cesare Borgia und schickte ihn als Gefangenen zurück nach Spanien, wo der Valentino bald

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