Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes
Arsch machen, verstehst du? Nein, nein, du sollst mir keinen Wein holen, sondern etwas Wichtigeres.« Wieder tippte er ihn an die Brust. »Du bist ein Farnese – und ein Caetani. Wer eine Mutter wie du hat, hat Feuer im Blut und will hoch hinaus.« Er ließ seinen Blick über ihn gleiten. »Und du willst hoch hinaus, das weiß ich. Wer sein Leben riskiert …
Solche Männer brauche ich.«
Alessandro lächelte.
Della Rovere kniff die Augen zusammen. »Du bist ein Fuchs.« Er machte eine abschließende Handbewegung. »Du gehst nach Florenz und vertiefst deine Studien. Anschließend bringe ich dich wieder im Vatikan unter und setze dich auf den Borgia an. Aber bedenke immer: Augen und Ohren auf, Mund zu! Kein Wort zu irgendeinem über unsere Abmachung. Es wäre doch gelacht, wenn ich den Katalanen nicht eines Tages zu Fall brächte. Und jetzt schlaf dich erst einmal aus!«
Der Kardinal befahl dem Diener, der ihm endlich eine Karaffe wein gebracht hatte, Alessandro in sein Zimmer zu geleiten.
Alessandro verbeugte sich und küßte ihm den Ring. Aber bevor er dem Diener folgte, mußte er noch seinen Wunsch äußern. Seitdem della Rovere davon gesprochen hatte, daß Silvia im Kloster eingesperrt war, ließ ihn dieser Wunsch nicht los.
»Eminenz …«
»Was ist?«
»Bevor ich nach Florenz gehe, würde ich gerne noch einmal Silvia Ruffini sehen. Glaubt Ihr, daß dies möglich ist?« Er senkte seinen Kopf und wagte nicht, dem Kardinal ins Gesicht zu schauen. »Gott, was ist an den Weibern nur dran?« brummte della Rovere leise, deutete dann aber ein Lächeln an. »Ich gebe dir einen Ratschlag auf den Weg, mein Sohn: Ein Mann darf sich nie von einer Frau beherr schen lassen!«
Alessandro verzog keine Miene. »Dies habe ich nicht vor. Aber …«
Mit einer heftigen Geste schnitt ihm della Rovere das Wort ab. »Sie ist in Santa Cecilia hinter Verschluß.« Er bewegte abwägend den Kopf. »Aber wie lange noch. Wenn Vater Ruffini erfährt, was sich im Kloster des Katalanen so alles abspielt, dann wird er seine Tochter schnell wieder herausholen. Vielleicht könnte man sogar ein wenig nachhelfen.« Ein höhnisches Lächeln umspielte seine schmalen Lippen. »Jetzt bleibe erst einmal einige Zeit im Haus, dann sehen wir weiter.«
Alessandro starrte an den Baldachin seines Bettes.
Die Worte des Kardinals klangen in ihm nach. Auch die unklaren Andeutungen über das Kloster, das dem Spanier unterstand. Seine Gedanken drehten sich um Silvia. Würde es Kardinal della Rovere einrichten können, daß er sie noch einmal sah, bevor er nach Florenz aufbrach? Durfte er ihm trauen?
Nachdem ihn seine eigene Mutter in den Kerker hatte werfen lassen, traute er niemandem mehr.
Auch nicht della Rovere, der sich um ihn kümmerte, weil er glaubte, ihn einmal einsetzen zu können wie einen Bauer in einem Schachspiel. Ja, darum ging es doch: Um ein Spiel, das die beiden mächtigsten Kardinäle von Rom um den Stuhl Petri führten. Dazu brauchten sie Hilfstruppen, Spione – Bauern, die man vorschob, um den Gegner aus der Defensive herauszulocken und ihn dann zu schlagen. Einen Bauern opferte man schnell, wenn man sich einen Vorteil davon versprach. Er, Alessandro Farnese, wollte jedoch kein Opfer sein, sondern ein Spieler. Er wollte selbst das Spiel seines Lebens bestimmen.
11. K APITEL
Die Mutter Oberin war verschwunden. Niemand wußte, wo sie sich aufhielt und ob sie überhaupt noch am Leben war. Alle behaupteten, sie hätten sie abends während des Completoriums gesehen und dann nicht mehr. Die nächtlichen Vorgänge, die Silvia beobachtet hatte, schienen nicht stattgefunden zu haben.
Und doch kehrte keine Ruhe ins Kloster ein. Während der Mahlzeiten wurde plötzlich geplaudert, und niemand unterband es mit einem freundlichen, aber bestimmten Blick. Die Worte der Vorleserin gingen im zunehmenden Lärm unter. Die Andachten wurden nur noch teilweise besucht. Manche konnte gar nicht mehr zu Ende geführt werden. Insbesondere die Frühmesse fand vor leeren Bänken statt.
Die Versuche der Beichtväter, ihre Schützlinge auszuhorchen, mißlangen. Ja, sie wurden sogar ausgelacht. Auch Silvia erzählte ihrem Beichtvater nicht die Wahrheit, sondern berichtete nur von wirren sündigen Träumen, und sichtbar unzufrieden verließ der hagere Mann das Kloster. Auch die Lehrer wußten nicht, was sie mit den Zöglingen und Novizinnen anfangen sollten – viel zu aufgeregt wurde geschnattert –, und verdonnerten sie zu Tagen mit Wasser und Brot. Aber
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