Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes
Trotz. Alessandro hat recht, wir wissen, wovon wir reden. Kommt, laßt uns Calcio spielen.«
Ficino wollte lieber Platon übersetzen, Lorenzo wies auf seine gichtigen Glieder hin, aber der Rest folgte Pico in den Garten, wo sich noch die Bildhauer zu ihnen gesellten. »Heute Kunst gegen Philosophie«, rief Pico und teilte die Gruppen ein.
»Und wo gehöre ich hin?« fragte Angelo, der übriggeblieben war. »Ich bin Soldat.«
Die alten Mitglieder der Accademia lachten. Alessandro verstand nicht, warum.
»Streben wir nicht seit Menschengedenken nach Frieden«, rief ein Mann, den Alessandro nicht kannte.
»Die Menschheit wird von den Philosophen lernen und auf den Krieg als ein barbarisches Mittel der Unvernunft verzichten«, dozierte sein Nebenmann. »Sogar die Türken werden irgendwann einmal ihre Krummsäbel beiseite legen und lieber Platons Staat lesen.« Sofort bildete sich eine Gruppe, die sich hitzig über Krieg und Frieden ausließ.
»Wir spielen jetzt!« befahl Pico, aber es dauerte eine Weile, bis er die Diskutanten auseinandergebracht und die beiden Mannschaften auf ihre Felder verteilt hatte. Angelo stand noch an der Seite. Alessandro winkte ihn herbei. »Nicht mehr als siebenundzwanzig Spieler pro Mannschaft«, rief Pico, »der Soldat kann den Schiedsrichter spielen.« Und schon stürmte er mit dem Ball in den gegnerischen Raum. Es dauerte nicht lange, bis er rüde zu Fall gebracht wurde.
Alessandro lernte schnell, wie er sich auf dem Feld zu bewegen hatte. Er erzielte den dritten Punkt für seine Mannschaft, weil er über einen jungen Bildhauer, der sich ihm in den Weg warf, mit einem großen Sprung hinwegsetzte. Pico jubelte. Kurz darauf versuchte Alessandro, dem Bildhauer den Ball zu entreißen, und tatsächlich gelang es ihm auch. Er warf den Ball zu Pico, der unbedingt durch ein Knäuel von Gegnern hindurchrennen wollte, aber aufschreiend zu Boden stürzte. Nach Luft ringend, war Alessandro stehengeblieben. Plötzlich spürte er einen Tritt in die Nieren und ging vor Schmerzen in die Knie. Neben ihm stand der junge Bildhauer, starrte ihn aus seinen tiefliegenden Augen an.
»Das ist gegen die Regel«, rief Alessandro empört.
»Erfolg kennt keine Regel«, antwortete der junge Mann kalt. Aber dann reichte er ihm die Hand und zog ihn hoch. »Michelangelo Buonarroti ist mein Name, der Tritt war eine kleine Rache, aber nicht bös gemeint.«
Schon stürmte eine Gruppe heran, in deren Mitte der Ball versteckt sein mußte. Pico zeigte auf Alessandro, der Ball kam plötzlich herangeflogen. Michelangelo wollte ihn abfangen, aber Alessandro war schneller. Er packte ihn, schlug mehrere Haken und rannte so schnell, daß ihm niemand folgen konnte. Die Abwehr des Gegners schien er unterlaufen zu wollen. Aber es war reine Taktik. Er warf sich zur Seite, machte eine Purzelbaum, stand schon wieder auf den Beinen und erreichte die gegnerische Linie. »Bravo, bravo!« rief Pico, klatschte und umarmte Alessandro. Mehrere Mitglieder ihrer Mannschaft sprangen an ihnen hoch und warfen sie um. »Der Römer ist ein echter Gewinn«, hörte Alessandro.
Als man sich wieder auf dem Feld verteilte, führte Alessandro seinen Handstand vor und bewegte sich einige Schritte auf den Händen vorwärts. Seine Mannschaft packte ihn plötzlich und warf ihn in die Höhe, fing ihn aber wieder auf und ließ ihn mehrfach fliegen.
»Wir beide werden Freunde sein«, sagte Pico atemlos, als das Spiel siegreich für ihre Gruppe beendet war. Er hatte seinen Arm auf Alessandros Schultern gelegt. »Heute abend kommst du mit mir. Ich will dir mein Geheimnis zeigen.«
»Aber ich muß meinen Bruder verabschieden, er reist morgen früh mit Accurse Maynier nach Venedig ab.« Alessandro wollte sich Picos Zugriff entziehen.
»Schönheit besiegt Bruderliebe«, rief Pico lachend und ließ ihn nicht los. »Du kannst dich von deinem Bruder morgen früh verabschieden. Schlaf nicht so lange. Das Leben ist kurz, man sollte es nicht vertun.«
Noch am selben Abend zog man los, um den Rest des Abends im Beisein des schönen Geschlechts zu verbringen. Die jungen Männer teilten sich in kleinere Gruppen, und Alessandro hatte selbstverständlich bei Pico zu bleiben. Er verlor zuerst die beiden Provençalen aus den Augen, dann Giovanni Crispo. Angelo, sein Bruder, hatte darauf verzichtet, sie zu begleiten, weil er sich ausgeschlafen auf die Reise machen wollte.
Getafelt wurde bei einer jungen Kurtisane, die ein vornehmes Haus in der Nähe von Santa Maria
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