Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
Vom Netzwerk:
so fand sie, während der letzten Monate scharf geworden waren. Was sollte sie darauf sagen? Für sie war Sandro das einzige Licht in den dämmernden Räumen des Hauses. Sandro war jemand, der ihre Liebe annahm. Und nie mehr seit ihrer Krankheit hatten sich seine Züge verzerrt. Sie selbst hatte damals etwas in ihn hineingehext – aber jetzt war alles vergessen.
    »Ja«, sagte sie.
    Ihr Vater marschierte unruhig durch das Zimmer, blieb vor dem Fenster stehen, ohne wirklich hinauszuschauen. »Ich suche nach einer Lösung, mußt du wissen. Aber es ist nicht einfach.«
    Silvia antwortete nicht, fragte auch nicht nach, und eine Weile hörte man nur das fröhliche Gebrabbel des Kindes.
    »Natürlich habe ich gemerkt, daß Rosella bei dir war.« Der Vater unterbrach sich kurz, sprach dann weiter. »Sie ist sehr erfolgreich, aber sie wird mir immer ungeheurer. Jetzt treibt sie sogar Nekromantie. Es wird der Tag kommen, da wird ihr alle Hexerei nichts nützen.«
    »Aber du hockst doch auch täglich mit deinem Astrologen zusammen.« Silvia merkte selbst, wie patzig ihre Stimme klang, aber irgend etwas an ihrem Vater begann sie zu ärgern.
    »Nun gut«, begann der Vater wieder, »Rosellas Untergang braucht uns nicht zu kümmern.« Er kratzte sich am Kopf. »Hab ich dich endlich!« Er knackte einen Floh und ließ das Tier dann mit unverhohlener Genugtuung über der Kerze verkohlen. »Der hat mich schon die ganze Zeit gepiesackt.« Wieder eine kurze Pause. »Eine Lösung, sagte ich. Am einfachsten wäre es, ich heiratete wieder. Mit der Mitgift könnte ich unser Gut in Frascati auslösen, und außerdem müßte ich das Fortleben unserer Familien nicht den schwachen Schultern eines Mädchens überlassen und dem Bastard einer Magd, die zur Hure wurde.«
    Der Vater begann nun wieder im Zimmer auf und ab zu wandern, und er sprach wie zu sich selbst: »Mit dem Crispo verhandelte ich schon. Du und sein Sohn Giovanni …« – er warf einen kurzen Blick auf Silvia – »es müßte gehen. Natürlich spekuliert er darauf, daß er das ihm noch immer verpfändete Gut in Frascati behalten kann. Aber zur Zeit liegt alles auf Eis, weil sich der Herr Sohn nach Florenz verzogen hat, um seiner Liebe zur Kunst zu frönen.« Abrupt blieb der Vater vor Silvia stehen. »Ich kann noch nicht einmal deinen Eintritt in ein anständiges Kloster bezahlen!« Als sie erschrocken den Kopf hob, fuhr er schnell fort: »Nicht daß ich es erwäge – wenigstens zur Zeit nicht … Und die Erfahrungen mit Santa Cecilia sind ja nicht so, daß man dich so einfach … also, eine Lösung ist nicht in Sicht. Noch nicht einmal der Astrologe kann helfen!« rief er empört. »Er betont immer wieder: Die Venus stand im 12. Haus! Ja, das stimmt, sie stand bei deiner Geburt im 12. Haus, Aber dieses Wissen hilft mir nicht weiter. Um mir zu helfen, lasse ich ihn ja kommen.«
    Silvia nahm Sandro in den Arm und drückte ihn, um nicht in Tränen ausbrechen zu müssen.
    »Die Venus im 12. Haus«, murmelte der Vater. »Dies ist nahezu eine Paradoxie!«
20. K APITEL
    Alessandro fühlte sich sofort aufgenommen im Hause der Medici. Giovanni Crispo und den beiden Provençalen ging es nicht anders. Sogar Angelo lachte mehr, als Alessandro es von ihm gewohnt war. Verwirrend waren die vielen Menschen, die, von Lorenzo bewirtet oder unterhalten, im Palazzo oder in den angrenzenden Häusern wohnten und denen es fast ausschließlich um Kunst oder Philosophie ging. Die Accademia Platonica war keine Paukschule, bestand noch nicht einmal aus Lehrveranstaltungen, wie Alessandro sie von der Accademia Romana gewöhnt war, nein: Eine lose Gruppe von Humanisten traf sich, las insbesondere die platonischen Dialoge im Urtext, disputierte in sokratischer Manier um die entscheidenden philosophischen Fragen und genoß ansonsten das Leben. Natürlich, Marsilio Ficino übersetzte Platon, Angelo Poliziano erzog die Kinder von Lorenzo de’ Medici und dichtete nebenbei, Lorenzo selbst bestimmte die Politik der Stadt, kaufte alte Manuskripte und die Gemälde der besten Künstler und dichtete ebenfalls. Im Garten des Palazzos arbeitete der Bildhauer Bertoldo und bildete junge Menschen aus.
    Alessandro hatte schon am ersten Abend seinen Griechischlehrer gefunden, und während Giovanni Crispo von Marsilio Ficino umschwärmt wurde, einem Alten, der ununterbrochen von der Liebe sprach, die mehrere Stufen durchlaufen könne und schließlich in der Schönheit, insbesondere des menschlichen, des männlichen Körpers

Weitere Kostenlose Bücher