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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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del Fiore führte. Tscherkessinnen, Griechinnen und Mohrinnen standen zur Verfügung, aber zuerst wurde gesungen und geplaudert. Bald darauf begann man ein Pfänderspiel, das dahin führte, daß ein Teil der anwesenden Männer und Frauen in halbnacktem Zustande in die Zimmer des Hauses verschwand.
    Marsilio Ficino, der Platon-Übersetzer und der Älteste unter ihnen, gewann das Spiel und begann dann über das Prinzip der Liebe zu dozieren, das die Welt durchdringe und das zu erkennen sowie zu beschreiben ihm obliege. »Liebste Livia«, wandte er sich mit einem beziehungsreichen Blick an die Hausherrin, »Liebe ist, so schreibt Platon, Zeugung im Schönen – nicht wahr, mein lieber Farnese?« Alessandro, der gerade einem leichtbekleideten Berbermädchen in ihr Zimmer folgte, nickte, rief zwinkernd »Liebe ist in seinem Wesen Neugier, das sagt der Dichter« und schloß die Tür hinter sich. Als er mit dem Mädchen in den großen Saal zurückkehrte, sprach Ficino noch immer. Er erklärte gerade der Hausherrin, seine Schrift über Platons Gastmahl habe er einfach Über die Liebe genannt. »Wißt Ihr, schöne Livia, daß Eros es war, der mir eingab und mich antrieb, über ihn zu forschen. Beten wir darum die göttliche Liebe an, sie treibt unsere Seele zu einer Begeisterung, die alles Irdisch-Niedrige hinter sich läßt.«
    »Nun komm schon, Marsilio«, sagte die Hausherrin ungeduldig und nahm seine Hand. »Eros ist müde von all den Worten und möchte Taten sehen.«
    Alessandro trank einen Schluck Wein und beobachtete, das Berbermädchen auf dem Schoß, wie die Hausherrin den alten Philosophen in ihr Zimmer ziehen wollte. Aber Ficino sank plötzlich in sich zusammen. Er war im Sitzen eingeschlafen. Seufzend erhob sich die Hausherrin und warf einen Blick auf Alessandro, scheuchte das Berbermädchen mit einer Kopfbewegung von seinem Schoß. Bevor sie sich jedoch zu ihm setzen konnte, stürmte Pico, erst halb angezogen, in den Raum, ließ sich von ihr einige Bänder knoten und Knöpfe schließen und zog Alessandro ins Freie.
    »Kannst du Laute spielen?« fragte er, als sie auf der Straße standen, im Licht der Fackeln, die Livias Haus beleuchteten.
    Alessandro schüttelte den Kopf.
    »Macht nichts, dann werde ich ihr mein Ständchen eben alleine bringen.« Schon zog er ihn am Baptisterium vorbei in Richtung Santa Maria Novella.
    »Jetzt mitten in der Nacht?«
    »Für die Liebe ist es nie zu spät.«
    Tatsächlich waren sie beide nicht allein auf der Straße. Einige Männer und kleine Gruppen kamen ihnen entgegen, mit Fackeln oder Laternen in der Hand. Pico beugte seinen Kopf zu Alessandro und flüsterte ihm ins Ohr: »Sie wird demnächst heiraten. Einen Alten aus der Medici-Familie. Aber aus einer Neben-neben-Linie. Einen lächerlichen Krämer.«
    »Ja und?«
    »Ich werde sie entführen.«
    Alessandro blieb stehen und schaute Pico zweifelnd an.
    »Wenn du sie siehst«, fuhr dieser fort, »wirst du mich verstehen. Schön wie frischer Schnee und die reine Stirn der Engel, in ihrer Liebe heiß wie der Gluthauch der Hölle.«
    Pico wollte Alessandro weiterziehen, aber Alessandro schüttelte den Kopf. »Ich bin Gast im Hause der Medici, und ich möchte nichts tun, was Lorenzos Gastfreundschaft enttäuschen könnte.«
    »Lorenzo haßt den Krämer, die Verwandtschaft ist wirklich weitläufig, und meine Geliebte liebt mich, mich allein, verstehst du?« Pico sprang ungeduldig von einem Bein auf das andere.
    »Aber das ist Wahnsinn«, rief Alessandro.
    »Liebe ist Wahnsinn«, erwiderte Pico, »Eros ist ein grausamer Gott, er kennt keine Gnade, er geht über Leichen …«
    »Ja, aber …« Alessandro starrte auf Pico, der ihn jetzt wie ein Irrwisch umkreiste. Die Spitzen seiner langen blonden Haare flogen immer wieder in die Flammen der Fackel und wurden versengt.
    »Kein Aber , Eros haßt alle Aber , ich werde sie entführen, und du wirst mir dabei helfen!«
21. K APITEL
    Silvia erwachte schon vor Sonnenaufgang und begab sich auf die Dachterrasse, um im kühlenden Morgenwind den anbrechenden Tag zu beobachten. Sie fühlte sich wieder gesund. Aber was sie zunehmend verwirrte, waren die seltsamen Hitzeschübe, das Drängen im Bereich ihrer Lenden, die Sehnsüchte, die regelmäßig Alessandro herbeiphantasierten und die sich dann in gemeinsamen Fluchten auf einem weißen Einhorn, in Bildern von versteckten Lauben entluden. In zwei Jahren kam sie ins heiratsfähige Alter, und wen sie dann auch immer heiraten mußte oder durfte, sie

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