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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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ungläubigen Blick auf ihn und wandte sich mit betontem Interesse Silvia zu. Er schaute sie an, blickte auf ein weiteres Blatt mit Chiffren und Zahlen. »Der Löwe im Aszendenten«, murmelte er, »die Sonne regiert, also fünftes Haus, ich sehe künstlerische Tätigkeiten, Freiheitsdrang« – er warf einen prüfenden Blick auf Silvia, die ihm neugierig zuhörte – »und da: Kinder!« Wieder der prüfende Blick. Silvia fand, daß er genau das traf, was sie erhoffte. Konnte er tatsächlich mit Hilfe seiner Zahlen und Zeichen, seiner Häuser und Elemente in ihre Zukunft schauen?
    »Ich werde viele Kinder bekommen?« fragte sie nach.
    »Es sieht so aus.«
    Der Vater war inzwischen herangetreten und studierte mit gerunzelter Stirn die Karten. »Aber Ihr spracht doch von der Venus im 12. Haus.«
    »Messer Ruffini, auf die Aspekte kommt es an.« Er richtete sich auf, strich sich mit seinen Händen über den fettigen Mantel. »Seit Jahrzehnten erforsche ich die geheimnisvollen Konstellationen der Sterne, in denen der Allmächtige unser aller Schicksal vorherbestimmt – damit wir für alles, was wir tun, den richtigen Zeitpunkt wählen. So können wir Gottes Plan zu unseren Gunsten – sagen wir: ausnutzen. Dazu sind wir Astrologen da. Wollt Ihr, Messer Ruffini, dies anzweifeln?«
    Der Vater winkte entschuldigend ab. »Manchmal verstehe ich nur Eure Gedanken nicht, Meister«, sagte er, »obwohl wir häufig zusammensitzen.«
    Plötzlich fiel alles Verbindliche im Verhalten des Astrologen ab, er richtete sich auf, griff nach seinen Papieren und Büchern.
    »Wenn Ihr mein Wissen anzweifelt, dann geht zu den Zigeunerinnen!«
    Der Vater machte eine beschwichtigende Geste. »Meister …«
    »Wer rettete Euer Leben, indem er auf die Gefahren hinwies – Ihr wißt, wovon ich spreche?«
    Der Vater wirkte immer gequälter und knickte regelrecht ein.
    »Mars dominiert, sagte ich, aber Ihr wolltet nicht auf mich hören.« Der Astrologe stand nun vor dem Vater, als wolle er wie Mose die zwölf Gebote verkündigen. »Außerdem schuldet Ihr mir noch hundert Dukaten.«
    »Ihr kriegt Euer Geld, ich bin gerade dabei …«
    Silvia konnte das unterwürfige Stocken ihres Vaters nicht ertragen. »Muß nicht ein Astrologe wissen, ob er sein Geld erhält? Auch dies steht in den Sternen«, erklärte sie. Und als sie sah, wie der Astrologe erstaunt seine Augenbrauen hob, fuhr sie fort: »Überhaupt erklärt mir eins: Wenn der Allmächtige unser Schicksal in den Sternen festgelegt hat, was nützt uns das Studium der Himmelskörper. Wir können weder den Himmel verändern noch unser Schicksal. Oder glaubt Ihr etwa, der Mensch könne in Gottes Plan eingreifen?«
    Die Augen des Astrologen wurden für kurze Zeit schmal. Wortlos steckte er seine Papiere unter seinen Mantel und wandte sich zum Gehen. »Vergeßt nicht: hundert Dukaten«, warf er schnarrend dem Vater zu. In der Tür drehte er sich noch einmal um und schaute Silvia finster an: »Wüßtet Ihr, Signorina, was ich noch alles über Eure Zukunft weiß, würdet Ihr erbleichen. Gottes Plan ist offen für gut und böse. Der Mensch kann wählen. Erkennt er sein Schicksal, kann er sich für einen der Wege entscheiden, den der Allmächtige für ihn angelegt hat. Und wir Astrologen wollen ihm bei dieser Entscheidung helfen.« Mit schweren Schritten trampelte er die Treppe hinunter.
    »Und weiß der Allmächtige, wie der Mensch sich entscheiden wird? Er muß es wissen«, rief sie ihm nach.
    »Hochmut kommt vor dem Fall«, murmelte der Astrologe. Auf dem Treppenabsatz angekommen, drehte er sich noch einmal um. »Du Tochter Evas, der Herr des Himmels und der Erden hat dir viele Prüfungen auf den Weg gelegt!« rief er mit ausgestrecktem Finger und verschwand.
    Silvias Vater stand in sich versunken am Fenster und schaute auf die Gasse. Mit einer fahrigen Bewegung wandte er sich Silvia zu, blickte aber durch sie hindurch, als weile er an einem ganz anderen Ort.
    »Hundert Dukaten – noch mehr Schulden«, murmelte er.
    In der Nacht wachte Silvia auf. Sie hatte von dem Astrologen geträumt, von Löwen, Skorpionen und Krebsen, die langsam über eine schwarze Fläche krochen. Unruhig stand sie auf, trank einen Schluck Wasser und zog sich ein Schultertuch über. Mit einer Kerze in der Hand, schlich sie auf die Dachterrasse. Unter ihr schlief die Stadt.
    Sie löschte die Kerze. Um sie herum wurde es so finster, daß sie kaum die eigene Hand erkennen konnte. Am Himmel stand kein Mond. Über ihr wölbte sich der

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