Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes
Kinder in die Welt und mach dich schön für deinen Mann – das ist die beste Medizin gegen Einflüsterungen des Teufels.«
Clarissa, die nur unwillig zugehört hatte, seufzte tief auf und kicherte dann. Ihre Augen flackerten plötzlich hin und her und fixierten schließlich Giulias Haare. Während sie mit den Händen glättend über die eigenen fuhr, öffnete sie den Mund, als wolle sie etwas sagen, schwieg dann aber.
Es entstand eine Pause. Silvia, die während Clarissas Erzählung ihren Vater mit Rosella vor sich gesehen hatte und auch den kleinen Sandro, fragte verunsichert: »Woher weißt du das alles?«
Aber noch bevor Clarissa antworten konnte, rief Giulia mit empörter Stimme: »Abergläubisches Zeug!« Wieder suchte sie einen zustimmenden Blick, fuhr sich nervös über ihre Brust und bauschte dann die Ärmel ihres Kleides auf. »Es gibt sicher Hexen, aber die fliegen doch nicht durch die Luft – auch nicht zusammen mit dem Teufel.«
»Du mußt es ja wissen!« giftete Clarissa. »Sogar mein Vater hat mir von den Einflüsterungen des Satans erzählt, von seinen Kniffen und Verlockungen, und er war bei vielen Verhören von Hexen dabei, sie gestehen es ja alle.«
Silvia verstand nicht, warum sich Clarissa so erregte. Natürlich gab es Hexen und auch den Satan, der viele Gestalten annehmen konnte und der sich gern unschuldigen Mädchen näherte, indem er ihnen sündige Gedanken einflößte, aber … »Ich glaube auch nicht, daß Hexen auf Besenstielen fliegen«, wandte sie laut ein, »und daß Kinder in Mörsern zerstoßen werden – das geht doch gar nicht.«
»Ungeborene Kinder«, beharrte Clarissa, »sie werden den Müttern aus dem Leib geschnitten, ihr habt ja keine Ahnung!«
»Aber du hast Ahnung, liebe Clarissa.« Giulia hatte nun ein überlegen-spöttisches Gesicht aufgesetzt, in ihrer Stimme schwang Ironie.
»Heirate du nur deinen Einäugigen!« Clarissa lief rot an vor Wut, und während sie sprach, tropfte ein wenig Speichel aus ihren Mundwinkeln. »Und laß dich von ihm bespringen …«
»Aber Clarissa!« Silvia, entsetzt über die schmutzige Ausdrucksweise ihrer Freundin, schüttelte den Kopf. Doch Clarissa ließ sich nun nicht mehr bremsen. Sie verzog ihr Gesicht zu einer gehässigen Grimasse und rief: »Daran denkt sie doch nur, die Giulia. Schau dir nur ihre offenen Haare an, wie eine Kurtisane hat sie sich ihre Locken bis auf den Po fallen lassen, ja wie eine Kurtisane, und dir, Silvia, muß ich sagen, daß deine Rosella Roms berühmteste Hure ist. Kardinal Borgia, der Katalane, hat sie ganz besonders in sein Herz geschlossen, das hat mein Vater gesagt, sie ist eine Hexe, und der Bastard dieser Hexe lebt in eurem Haus …«
Silvia starrte Clarissa an und wußte nicht, wie sie auf diesen Angriff reagieren sollte. Clarissas Worte wiederholten sich in ihrem Kopf ein zweites Mal und schienen drohend zu hallen. Unwillkürlich hob sie die Arme, als müsse sie Sandro vor einem Angriff schützen, ließ sie aber sofort wieder fallen, als sie Clarissas Gesicht sah. Es war vor Wut und gleichzeitiger Angst verzerrt. Dann hörte sie sich sprechen: »Wenn du noch einmal etwas über meinen kleinen Sandro sagst, werfe ich dich aus dem Haus!« » Deinen Sandro!?«
»Nun streitet euch nicht!« versuchte Giulia zu schlichten.
Aber Clarissa war noch nicht am Ende. Sie wischte sich den Speichel vom Kinn, und plötzlich zuckten ihre Mundwinkel. Noch einmal fuhr sie mit dem Handrücken über Kinn und Mund und schrie mit gequetschter Stimme: »Rosella da Roma, so wird sie genannt, cortigiana honesta curiam sequens , diese Bezeichnung hat ihr der Borgia zugeschanzt, alle Spanier rennen in ihr Haus, die Franzosen und die Deutschen, sie lockt sie zu sich, um an ihnen ihre Hexenkünste anzuwenden. Ihre Brüder sind Mörder, einen hat der bargello schon hängen lassen, ein anderer lebt von Straßenhuren, ein Vetter macht mit seiner Bande die Gegend um Nepi unsicher – das ist deine Rosella, die Mutter eures Bastards …« »Schluß jetzt!« schrie Silvia in höchster Erregung. »Du fette Giftschlange, du bösartige Natter, du eifersüchtige Viper!« Ihr standen die Tränen in den Augen.
Plötzlich stand der Vater in der Tür. Die roten Haare leuchteten, seine Miene faltete sich sorgenvoll. Clarissa, die aufgesprungen und erstaunlich behende zur Tür gerannt war, prallte auf ihn. Einen Moment sah es so aus, als wolle er sie auffangen und in die Arme schließen, aber dann zuckte er doch zurück und schaute von
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