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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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Er hatte zwar bemerkt, daß sich Ugo in seine Schwester verliebt hatte, aber immer geglaubt, dieses Gefühl sei längst wie ein Strohfeuer verglommen. Was wußte Ugo denn schon von seiner Schwester? Aber wußte er, ihr Bruder, viel mehr von ihr? Giulia schrieb ihm zwar jede Woche einen Brief, er las sie jedoch nur flüchtig, legte sie achtlos in seine Truhe. Tausend Nichtigkeiten berichtete sie, dennoch fand er ihr Wesen nicht hinter ihren Zeilen. Und wie erging es ihm bei Silvia? Sie schrieb ihm noch häufiger, er las ihre Briefe gründlich und beantwortete sie wortreich – zu wortreich vielleicht …
    »Liebst du sie nicht auch?« fragte Ugo.
    »Wen? Giulia, meine Schwester?«
    »Nein, Silvia.«
    »Ja, ich glaube – obwohl ich sie lange nicht gesehen habe, obwohl ich sie eigentlich gar nicht kenne.«
    »Ich kenne Giulia auch nicht. Und trotzdem liebe ich sie.«
    Offensichtlich wußte Ugo nichts von den Hochzeitsvorbereitungen seiner Schwester. Alessandro überlegte, ob er ihn davon in Kenntnis setzen sollte. Aber dies würde den armen Provençalen nur verletzen. Nein, er wollte schweigen, wenigstens jetzt.
    »Vielleicht bildest du dir die Liebe nur ein«, antwortete Alessandro.
    Er merkte, wie Ugo erstarrte. »Es tut mir leid, ich wollte dich nicht kränken«, fügte er schnell hinzu.
    Ugo schaute an ihm vorbei. Er stand schließlich auf, holte sein Pferd und machte sich bereit, in die Stadt zurückzureiten. »Ich werde demnächst nach Rom gehen und dort versuchen, eine Anstellung als Skriptor zu erhalten. Accurse Maynier kommt aus Venedig zurück, wir werden zusammen unser Glück in der Ewigen Stadt versuchen.« Seine Stimme sollte möglichst sachlich klingen. Er stieg in den Sattel. »Am liebsten würde ich in meine Heimat Provence zurückkehren, in einer kleinen Klause am Rande des Luberon philosophische Studien treiben und meinen Garten pflegen. Ich würde dort ein liebes, anspruchsloses Mädchen heiraten … Aber wovon soll ich leben? Und kennt mich überhaupt noch jemand in meiner Heimat?«
    Alessandro mußte an Capodimonte denken, an Rubino, den Gefährten seiner Kindheit, der jetzt tot war, auch an die gemeinsamen Ausritte mit seinem Vater, an die Tage auf der Isola Bisentina … Wie aus einem Traum wachte er auf und schaute zu Ugo hoch. »Warte, ich komme mit«, rief er und schwang sich auf sein Pferd.
    »Meinst du, ich kann auf dem Weg nach Rom in Capodimonte Station machen?« fragte Ugo.
    »Natürlich«, rief Alessandro und trabte los. »Ich werde dir einen Brief mitgeben.«
    Er ließ sein Pferd in einen derartig scharfen Galopp fallen, daß Ugo ihm kaum folgen konnte. Alessandro wollte ihm jetzt nicht ins Gesicht sehen. Was würde er sagen, wenn er in Capodimonte von Giulias bevorstehender Hochzeit erfuhr? Müßte er sich nicht betrogen vorkommen? Aber Ugo Berthone und eine Farnese – unmöglich!
    »Vielleicht komme ich sogar mit«, rief Alessandro gegen den Wind, der ihm ins Gesicht blies. »Ich will nicht länger meine Zeit vertun.«
25. K APITEL
    Noch vor Giulias Hochzeit gelang es Silvia, ihre beiden Freundinnen einzuladen. Kaum saßen die drei beisammen, stieß Giulia in übertriebener Empörung aus: »Ich höre nur noch Orso und Mitgift, Aussteuer, Brautkleid. Es ist furchtbar!«
    »Oh!« kreischte Clarissa auf, hielt dann ihre Hand vor den Mund und rief: »O Gott, du Arme! Ich bemitleide dich. Orso Orsini, ein beinahe Blinder. Was nützt da der Stammbaum der Familie. Ein Krüppel! Ach, Giulia, wie fühle ich mit dir!« Und mit all ihren Fettmassen stürzte sie sich auf Giulia und riß sie in ihre Arme.
    Silvia beobachtete die beiden. Giulia entzog sich vorsichtig Clarissas Umarmung und ließ sich in der Fensternische nieder, Clarissa nahm ihr gegenüber Platz. Silvia ließ ihre beiden Freundinnen Zitronenwasser bringen und setzte sich dann zu ihnen. Giulia fuhr durch ihre blondgefärbten Haare. Nach dem Abnehmen eines durchsichtigen Haarnetzes fielen sie in lockerer Fülle über den Rücken, und außerdem dufteten sie nach Kamille. Giulias Gesicht, fand Silvia, war seit der letzten Begegnung noch schöner geworden. Mit den großen Augen und den hochstehenden Wangenknochen wirkte es unangreifbar. Silvia suchte nach einer Unregelmäßigkeit, nach einer Unreinheit der Haut. Aber selbst das allgegenwärtige Ungeziefer schien Giulia zu verschmähen, oder sie verwendete ein so wirksames Mittel, daß die Flöhe einen weiten Bogen um sie sprangen.
    »Eigentlich ist Orso ein ansehnlicher junger Mann«,

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